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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Berührung waren in das Geflecht ihrer Seelen eingewebt worden.
    Seltsam, dass diese drei kurzen Sommer ihr wirklicher schienen als irgendetwas sonst in den vergangenen zweimal zehn und sechs Sommern. Nicht weil ihr diese drei Sommer lieber waren - was nicht der Fall war -, sondern weil die Person, die sie heute war und jemals werden würde, damals geprägt worden war, während der Zeit mit Kupferkopf.
    Sie schloss die Augen und versuchte, die Gedanken zu verbannen und sich nicht auszudenken, wie die Dinge sich entwickeln würden. Wenn alles gut ging, würde sie nur aus der Ferne einen Blick auf ihn erhaschen. Das könnte sie noch ertragen. Sie würden nicht miteinander sprechen. Sie würden sich nicht in die Augen sehen. Er würde niemals wissen, dass sie in seinem Dorf gestanden hatte - jedenfalls nicht, wenn sie keinen Fehler machte. Sie würde schnell hineingehen und schnell wieder verschwinden - in ihrer beider Interesse.
    Bewusst lenkte sie ihre Gedanken auf Tauchvogel, und eine fast unerträgliche Sehnsucht erfüllte ihr Herz.
    Tauchvogel, mein Tauchvogel…
    Ihre Gedanken glitten zurück, durch die langen Sommer, zu dem schwülen Tag, als sie ihren ersten Sohn geboren hatte. Tauchvogel hatte während der Wehen neben ihr gekniet und ihre Hand umklammert, um ihr von seiner Kraft abzugeben. Sie erinnerte sich, dass sie gedacht hatte: Sieh nur diese glühenden Augen, wie kraftvoll er ist, wie gefasst. Als ihrer beider Sohn endlich auf die weiche Decke geglitten war, hatte Tauchvogel ihre Hand losgelassen, war ein paar Schritte gegangen und dann in Tränen ausgebrochen.
    Ja, obwohl seine Seelen an jenem Tag zerrissen waren, hatte seine Liebe sie schützend umgeben wie eine Festung aus Stein. Immer war er da gewesen, hatte sie geliebt und mit leidenschaftlicher Treue beschützt, sich gegen Feinde gestellt, gegen seinen Clan und sogar gegen ihre eigenen Kinder - und jeder, der es wagte, sie zu kritisieren, hatte das Ausmaß seines Zorns kennen gelernt.
    Sie machte die Augen auf und sah blind auf das Flämmchen in dem spuckenden Feuerrest auf der anderen Seite der Feuerstelle.
    Tauchvogel ist der einzige Traum, den ich je hatte, der lebendig war und atmete und an meiner Seite ging.
    Sie hatte sich auf das Ergebnis ihrer Suche vorbereiten wollen. Zweifellos hatte Kupferkopf Tauchvogel gemartert. Wie schwer verletzt er wohl sein mochte? Ob er wohl gehen konnte? Würde sie ihn tragen müssen? Das würde sie notfalls tun. Notfalls würde sie sterben, damit er leben konnte - ohne nachzudenken, da sie wusste, wie sehr die Kinder ihn brauchten und liebten, und wie sehr sie selbst ihn liebte. Ihre Seelen führten ihr grausige Bilder vor Augen. Tauchvogel ohne Füße, ohne Hände. Tauchvogel geblendet.
    Unvorstellbar für sie war nur, dass er tot war.
    Teichläufers gequälte Stimme unterbrach ihre Gedanken.
    »Nein«, flüsterte er. »O nein, bitte, ich kann nicht…«
    Muschelweiß erhob sich und ließ sich neben ihm nieder. Seine Finger bohrten kraftlos im weichen Waldboden, als ob er vor etwas Furcht Erregendem fliehen wollte. Dicke Schweißtropfen standen auf seinen bleichen Wangen, die der Mond beschien.
    »Teichläufer«, flüsterte sie. »Alles ist gut.«
    Muschelweiß strich ihm das feuchte weiße Haar aus dem Gesicht. Was für ein wertvoller junger Mensch, und nun war es so gekommen, dass er ihr sehr viel bedeutete. Angesichts der Gefahren, die ihnen morgen Abend drohten, war es kein Wunder, dass ihn Alpträume peinigten. Er wusste ja nichts von Krieg. Er hatte sicher Todesangst.
    Muschelweiß küsste ihn liebevoll auf die Stirn. »Teichläufer«, sagte sie leise, »ich bin hier, du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin direkt neben dir.«
    Eine Träne quoll ihm aus dem linken Auge und rann ihm über die Schläfe. Mit schwacher Stimme sagte er: »Mein Weib -«
    »Ja. Alles in Ordnung?«
    Teichläufer richtete sich auf und blickte sie an. Seine großen rosafarbenen Augen schienen wie mit Silber überzogen.
    Nasses weißes Haar rahmte sein Gesicht ein und verlieh ihm ein geisterhaftes Aussehen.
    »O Muschelweiß«, sagte er. »Ich habe mit der Schildpattpuppe gesprochen. Hast du sie gesehen? Sie war gerade hier. Sie ist hergeflogen und hat sich mitten auf meine Brust gestellt.«
    »Nein, ich habe sie nicht gesehen.« Sie strich ihm über den Arm und versuchte, ihn zu beruhigen.
    Teichläufer atmete stockend aus. »Sie kam vom Dorf des Stehenden Horns hergeeilt. Ich habe sie noch nie in solch einer Panik erlebt. Sonst

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