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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Kürbis von einem hohen Baum gefallen. Einen Moment lang begriff er gar nicht, was geschah. Er rollte auf den Bauch und bemühte sich, die Hände unter sich zu bringen, um sich hochzustützen. Vor seinen Augen verschwamm die Nacht in verwischten Farben. Er - Die Keule sauste noch einmal herab - und noch einmal und trieb sein Gesicht tief in den nach Kiefern duftenden Waldboden. Mit einer letzten verzweifelten Anstrengung zog er die Knie an und sprang nach den Beinen seines Angreifers …
    Der heisere Schrei weckte Tauchvogel aus tiefem Schlaf. Er riss die Augen auf, blieb aber reglos liegen und starrte lauschend zum Schilfdach hinauf.
    Im Dorf kam Stimmengewirr auf. Mehrere Kinder fingen gleichzeitig an zu schreien. Tauchvogel wandte den Kopf. Im Mondschein rannten Leute mit wehenden Decken um ihre Schultern herum. Eine brüllende Stimme schallte aus dem Wald. »Zurück in eure Hütten! Weg hier! Das geht euch nichts an!« schrie Brauterpel.
    »Aber was ist los?« wollte eine Frau wissen. »Wer hat geschrien?«
    »Verschwindet, bevor ich mit euch dasselbe mache. Los, weiter! Habt ihr nicht gehört?«
    Jetzt wachten noch mehr Menschen auf. Männer mit Waffen trotteten über die Plaza.
    Tauchvogel füllte seine Lungen mit der kühlen Nachtluft. Der Wind trug den Geruch von brennendem Kiefernholz heran. Tauchvogel bewegte seine gefesselten Hände und zuckte zusammen. Seine vom Seil wund gescheuerten Handgelenke brannten so schmerzhaft, als wäre jede Faser des Seils in den tödlichen Saft des giftigen Wolfsmilchgewächses getaucht worden. Ganz vorsichtig rollte er herum, das Gesicht zur Plaza.
    Das ganze Dorf schien in Aufruhr. Die drei Posten bei der Hütte von Tauchvogel drehten sich wie ein Mann in die Richtung von Brauterpel.
    Möwenflügel zischte: »Kleinhorn und Wolkenfisch, geht doch mal nachsehen, was da passiert ist. Ich bleibe hier.«
    »Ja, Möwenflügel.« Kleinhorn machte sich auf, und Wolkenfisch folgte ihm auf dem Fuße.
    Sie liefen über die Plaza, an einer Frau vorbei, die reglos verharrend auf die Stelle im Wald starrte, wo der Schrei hergekommen war; langes schwarzes Haar umwehte ihr schönes Gesicht.
    Kurz darauf drehte die Frau sich um und ging fort.
    Muschelweiß kniete am Rand der Feuerstelle und starrte auf die rote Glut, die bei jedem Windzug aufglimmte. Ihr war übel und kalt, trotz der warmen Böen, die durch die blühenden Ranken strichen.
    Kleine weiße Blüten blitzten im Mondlicht auf. Ihr süßer Duft parfümierte den Wind und vermischte sich mit dem scharfen Kieferngeruch.
    Sie erschauerte und schaute zu Teichläufer hinüber, um nachzusehen, ob er noch gut zugedeckt war.
    Er lag auf dem Rücken, die Decke unter dem Kinn; das weiße Haar lag in einem schimmernden Kreis um seinen Kopf herum.
    Sie rieb sich über den Nacken. Die ganze Nacht war sie in einem gespenstischen Dschungel von Erinnerungen herumgeirrt, unfähig zu schlafen, und das ärgerte sie. Seit langer Zeit wusste sie, dass auf einem Kriegszug der Schlaf noch wertvoller war als Essen oder Wasser. Ohne Schlaf war ein Krieger dem Tod geweiht. Und doch hatte sie die letzten drei Zeithände in wahnsinnigen Alpträumen zugebracht, war geschleuderten Speeren ausgewichen, unter Kriegskeulen weggerollt und war aus voller Kraft gerannt. Aber sie wusste weder, wovor sie wegrannte, noch wohin.
    Sie wusste nur, zu wem.
    Der Schlangensternanhänger bewegte sich zwischen ihren Brüsten. Sie zog ihn am Lederriemen heraus. Ihre Haut hatte ihn erwärmt. Als sie ihn neigte, um die blütenähnlichen Muster zu betrachten, fing die Oberfläche den karminroten Schein des allmählich verlöschenden Feuers auf. So ein gefährliches Ding. Die letzten dreißig Sommer hatten so viele Abschiede, so viel Tod und Leid gesehen - und dieser kleine Anhänger auch.
    »O Riedgras«, flüsterte sie.
    Einen Mond vor dem Tod ihres Sohnes hatte Muschelweiß am Strand gesessen und einen Korb geflochten, als sie ihr Kind kichern hörte. Sie hatte sich rechtzeitig umgedreht und sah den kleinen Jungen herantrotten, mit einem ganz gebliebenen Schlangenstern fest in seinen dicken Fäustchen. Er fiel auf die Knie, strahlte sie an und hob den Stern hoch.
    »Für dich, Mutter. Ich hab dich lieb.«
    Muschelweiß drückte den Anhänger an ihre Wange. Als Riedgras krank geworden war, hatte sie fast den Verstand verloren. Jeder Augenblick in diesem tragischen Mond der Fallenden Blätter, jeder huschende Sonnenstrahl, jeder Wutanfall von Kupferkopf und jede schmerzvolle

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