Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze
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»Mein Volk braucht keine Archäologie«, sagte Johnny. »Unsere Ältesten erzählen uns schon, was vor Tausenden von Jahren passiert ist.«
Alle wandten sich nach Charlie um.
Er starrte weiter mit gerunzelter Stirn auf die alte Feuergrube. Er dachte an seinen Großvater, der ein großer Apachenhäuptling gewesen war, einer der wenigen, die bis zum bitteren Ende an der Seite von Geronimo gekämpft hatten, bis die US-Army sie zur Strecke gebracht, in Ketten gelegt und nach Florida befördert hatte. Fünfhundert Apachen hatte man im winzigen Fort Marian bei St. Augustine eingesperrt. Aber schon nach wenigen Monaten waren sie zu einer derartigen Touristen-Attraktion geworden, dass die Lobby von Pensacola so lange bohrte, bis sie die bemalten Teufel‹ endlich in ihren Mauern hatte.
Charlies Vater war in Fort Pickens auf Santa Rosa in der Bucht von Pensacola geboren worden.
Während Malaria und Tuberkulose die Apachen dezimierten, verkauften die Leute von Pensacola Eintrittskarten. Die Weißen kamen zu Hunderten, Tag für Tag, um die Apachen lächelnd sterben zu sehen. Sie wurden bald darauf, 1894, nach Mt. Vernon in Alabama verfrachtet, aber da waren nur noch dreihundert von ihnen übrig, meist Kinder, die in der Gefangenschaft zur Welt gekommen waren. Im selben Jahr ließ sie die Bundesregierung ein letztes Mal umziehen, nach Fort Sill in Oklahoma. Da waren die meisten der älteren schon tot, und nur wenige der jüngeren hatten sich je die Zeit genommen, ihren Geschichten zuzuhören. Sie waren Krieger gewesen und hatten um ihr Leben gekämpft, was brauchte man da noch Geschichten?
Charlie stieß mit seinem Stock nach einem Kiefernzapfen. Er erinnerte sich, wie sein Großvater eines Tages - das musste um die Jahrhundertwende gewesen sein - weinend den Kopf in die Hände gelegt hatte, weil ihm von einer Geschichte, die ihm seine Mutter erzählt hatte, ein Teil nicht mehr erinnerlich war. Damals war Charlie drei oder vier Jahre alt gewesen, und der Anblick hatte ihm fast das Herz gebrochen.
»Ist es nicht so, Großvater?« fragte Johnny. »Unser Volk braucht keine Archäologie.«
Der Junge klang wie ein weißer Mann - arrogant, dumm und nur daran interessiert zu zeigen, was er in seiner neuen Position alles machen konnte. Oh, die Macht…
Charlie neigte das Kinn. Die Macht lebte und weste überall um ihn herum - aber das war eine ganz andere als die, von der sein Enkel träumte. Wenn Charlie sich anstrengte, konnte er die Kiefern untereinander wispern hören, Schwester Meer reden hören, wie sie mit Mutter Erde sprach, wenn sie sanft rauschend ihr Antlitz wusch. Solange Johnny nach der Macht des weißen Mannes strebte, würde er nie etwas von der wirklichen Macht verstehen - und niemals in der Lage sein, seinem Volk zu helfen. Dabei hätte es Hilfe dringend nötig gehabt. Da gab es die Fernseh-Porträts von reichen Indianern, die Millionen durch die Casinos verdienten, aber die Wirklichkeit sah ganz anders aus. Die meisten Reservate besaßen keine Casinos. Und dort, wo es Casinos gab, da wurden nur wenige reich. Im vergangenen Jahr hatte Charlie seine Schwester in Oklahoma besucht und unterwegs in Reservaten Halt gemacht. Während sich die meisten Weißen Gedanken über die Anschaffung eines Zweitwagens machten, sorgten sich die meisten Indianer darum, wie sie zu einem zweiten Laib Brot kommen konnten. Jeden Tag gingen Indianerkinder in Amerika hungrig zu Bett, und jede Nacht lag irgendwo jemand wach und zermarterte sich das Gehirn, wie er die Stromrechnung bezahlen sollte.
»Sehen Sie«, sagte Pete Samson zu Dr. Mabry-Catton und riss Charlie aus seinen Gedanken, »wir wollen nur unser Erbe zurück. Weiter nichts. Sie sind Archäologin, nicht wahr? Wie viele archäologische Berichte haben Sie wohl geschrieben?«
Sie winkte ungeduldig ab. »Hunderte wahrscheinlich. Warum?«
Sein Gesichtsausdruck verhärtete sich. »Haben Sie auch nur einen davon an Indianerstämme geschickt, die vielleicht daran interessiert gewesen wären, auch etwas zu erfahren?«
Sie blinzelte. Ihr Schweigen war Antwort genug.
Samson sagte selbstgefällig: »Ich möchte wetten, dass Sie Ihre Erkenntnisse in einer geschwollenen Fachsprache abgefasst und sie stattdessen an irgendwelche Fachzeitschriften geschickt haben.
Gelehrsamkeit für Gelehrte. Seit der Ankunft der Europäer ist die Forschung über Indianer im Wesentlichen eine Domäne der Weißen. Ich weiß noch genau, wie die Anthropologen jeden Sommer in die Reservation gekommen
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