Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze
erdrosseln, geliebte Schwester, aber ich habe leider keine dabei. Du suchst dir irgendwo anders einen Platz, du bist deinem Sohn nie eine Mutter gewesen.«
Mondschnecke zischte: »Aufhören! Schluss, ihr beiden!«
Teichläufer hob eine Hand vors Gesicht, um zu verbergen, dass er fast vor Lachen platzte. Rotalge beugte sich zu ihm und flüsterte: »Dank den Leuchtleuten, dass du bald deine eigene Hütte hast und alldem hier entgehst.«
»Glaubst du?«
»Aber sicher, du Narr. Wer würde es schon wagen, den Gatten von Muschelweiß zu schikanieren?«
Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. Der Menge zulächelnd, fragte er aus dem Mundwinkel: »Darf ich mich an dich lehnen, Rotalge? Ich glaube, ich falle sonst hin.«
»Ach, heilige Maus!« Sie stellte sich breitbeinig hin, zog seinen Arm über ihre Schulter und half ihm, sein Gewicht auf sie zu verlagern. »Du zitterst, Teichläufer. Du solltest auf deinem Lager liegen.«
»Großmutter hat versprochen, dass das noch kommt, wenn ich nur so lange stehen bleiben kann, bis ich verheiratet bin.«
»Na, also wenigstens ist sicher, dass du dich wieder hinlegen kannst.«
Teichläufer beugte sich seitlich zu ihr. »Ich hoffe es. Großmutter deutete an, das wäre möglicherweise auch nicht der Fall, und das hat mich die ganze Zeit beunruhigt.«
»Wie?«
Ein plötzlicher Windstoß peitschte den Saum seines blauen Gewandes hoch. Er packte Rotalges Schulter noch fester, um sich zu halten. »Schon gut«, sagte er. »Ich hab's auch nicht verstanden.«
»Du darfst dich vielleicht nicht mehr hinlegen?« Sie spielte im Geist die Möglichkeiten durch und errötete. »Ich bin froh, dass du derjenige bist, der heiratet, und nicht ich, Teichläufer. Ich würde in Ohnmacht fallen.«
Zum ersten Mal seit vielen Tagen lachte er. Ein herzliches Lachen, das aus dem Bauch kam. Es brachte auch Rotalge zum Lachen. Da standen sie vor der Menge, hielten sich gegenseitig und brachen in schallendes Gelächter aus; dabei hatten beide nicht mehr die geringste Ahnung, was so komisch war. Aber es war so gut, so lachen zu können. Erst als Mondschnecke die Brauen tadelnd hob, bezwangen sie ihre Heiterkeit, doch Teichläufer lachte in Abständen immer wieder von neuem auf, als hätte er sein Lachen zu lange unterdrückt.
Mondschnecke humpelte vor und sah ihm in die Augen. »Schluss damit, die Leute halten dich doch für einen Idioten.«
»Tut mir Leid, Großmutter«, sagte Teichläufer und bemühte sich um eine ernste Miene. »Ich hab gewusst, dass du das noch vor Schote merkst, denn der merkt es erst, wenn wir verwandt sind.«
Mondschnecke tat so, als ob sie Teichläufers Kapuze ordnete, und flüsterte wütend: »Also hör zu, Teichläufer, das ist ein sehr feierlicher Anlass, und man erwartet, dass du dich benimmst, wie es deiner Stellung und deinem Rang entspricht.«
Teichläufer blinzelte und nickte ernsthaft wie ein guter, gehorsamer Enkel, kniff dabei aber Rotalge in die Schulter, so dass sie fast erstickte, als sie ihr Kichern unterdrückte. Feierlich sagte Teichläufer:
»Ich verspreche dir, ich werde mich so benehmen, wie du es wünschst, Großmutter.«
»Gut«, flüsterte Mondschnecke. »Und nun steh gerade. Da kommt Muschelweiß.«
»Wo?« fragte Rotalge und reckte den Hals.
Teichläufer war in diesem Augenblick völlig ernüchtert.
Schote ging voran, er kam aus den Bäumen hinter dem Dorf, eine gefaltete Decke unterm Arm, das weiße Haupt hoch erhoben. Langsam schritt er vorwärts. Muschelweiß folgte. Sie trug eine beige Tunika mit unregelmäßig angeordneten gelben Flecken. Diese Musterung erforderte sorgfältiges Arbeiten; lebende Schlangensterne wurden so lange gegen den Stoff gepresst, bis sie eine helle bernsteinfarbene Tönung hinterließen. Für jeden gelben Fleck wurde ein Schlangenstern benötigt. Jemand mit viel Geduld hatte diese Tunika bearbeitet. Ein Band mit polierten Seeigelstacheln schmückte den Hals von Muschelweiß. Sie hatte ihr schwarzes, Silber meliertes Haar zu einem langen Zopf geflochten, der über ihre rechte Schulter hing. Als sie beim Näherkommen Teichläufers bewundernden Blick sah, waren viele Lachfältchen um ihre Augen zu sehen.
Schote nahm seinen Platz neben Mondschnecke ein, und sie drehten sich beide gleichzeitig zur Menge um. Beifall wurde laut, und zehn und zwei Krieger begannen einen Rundtanz und sangen dabei zu Ehren von Muschelweiß das Lied der Krieger:
Zorn hat es vollendet, Zorn hat es vollendet,
tot sind unsere Feinde,
liegen in
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