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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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in diese Augen sehen, obwohl er sich in Dutzenden von Kämpfen nur nach diesem Anblick gesehnt hatte.
    Liebevoll breitete er die Haare über ihr Gesicht, hob sie dann auf und trug sie den Pfad hinunter. Am Teich ließ er sie ins Gras gleiten und legte sie dorthin, wo ihre Mutter vor zweimal zehn und sechs Sommern gelegen hatte. Muschelweiß hatte immer gelacht, wenn sie sich geliebt hatten.
    Seit damals hatte sich die Welt verändert. Der Wald war um ihre geheimen Plätze herum gewachsen.
    Windbruch hatte sich angesammelt und die Lücken zwischen den Bäumen ausgefüllt.
    Hier kamen keine Liebenden mehr her.
    Traurigkeit umfing Kupferkopf; er erinnerte sich deutlich an sonnige Tage, als er und Muschelweiß hier umhergewandelt waren und das Alter von Bruder Erde wie einen warmen Umhang um ihre Schultern gefühlt hatten. Die Stille im Wald war damals so tief gewesen, dass sie die Flügelschläge der Geistervögel um sich herum spüren konnten. Sie hatten Tage damit zugebracht, dem Gesang der Bäume zu lauschen. Jeder Einzelne hatte seine eigene Stimme, und wenn sie zusammen sangen, war die Welt von einer Harmonie großer Erhabenheit erfüllt.
    Kupferkopfs Sandalen sanken tief in die weiche Erde ein, als er nach Stecken suchte, um Purpurwindes Leib unten festzuhalten. Wäre sie ein Mitglied seines Clans gewesen, hätte er sie in feinste Decken gewickelt, sie im Übermaß mit seltenen Muscheln und prächtigen Steinwerkzeugen geschmückt - aber sie war es eben nicht, und außerdem hatte er nicht viel Zeit. Jetzt würden seine Krieger schon unruhig werden und sich über sein seltsames Benehmen Gedanken machen, bereit, heimzukehren zu ihren Frauen.
    Kupferkopf durchsuchte einen Stapel Windbruch, bis er neun Stecken mit scharfen Spitzen gefunden hatte. Er schob sie sich unter den Gürtel und ging zu Purpurwinde zurück.
    »Ich werde dich ins Jenseits singen«, murmelte er und begann das Totenlied mit leiser Stimme, nur so laut, dass die drei Stränge ihrer bezopften Seele es hören konnten.
    Ich bin mit den lebendigen Wassern gekommen,
    um die heilende Kraft der Wölfe zu bringen,
    die heilende Kraft der Wölfe des lebendigen Wassers.
    Schau jetzt nach Norden,
    auf den Weg, den die lebendigen Wasser nehmen
    zu den Wölfen im Dorf der Verwundeten Seelen.
    Hörst du sie rufen?
    Sie rufen nach dir,
    rufen nach dir … rufen nach dir …
    rufen nach dir.
    Er packte sie an den Fußgelenken und ging in den Teich. Kaltes Wasser wirbelte um seine Knie. Ihr Gesicht sank unter die dunkle Oberfläche, doch ihre schlaffen Arme schwammen in einer Fülle von gewelltem schwarzem Haar. Durch das halb offene Auge beobachtete sie ihn.
    Er wälzte Purpurwinde auf die linke Seite, so dass ihr Gesicht nach Norden gerichtet war. »Sieh nach Norden! Siehst du den Tunnel, der zum Dorf der Verwundeten Seelen führt? Alle Teiche, weißt du, sind Einlasse in dieses ferne Jenseits. Du musst eine große Strecke durchschwimmen, aber Schutzgeister werden dir helfen. Warte auf den Alligator, er wird dir den Weg zeigen.«
    Sehr vorsichtig bog er ihr die Knie zur Brust und trieb einen Stecken durch die Sandalensenkel, um ihre Füße festzuhalten. Die anderen Stecken stieß er durch den blutigen Stoff ihres Gewandes und machte sie so am Boden des Teichs fest, damit sie nicht Fortgleiten und den Tunnel aus den Augen verlieren würde.
    Schwarzes Haar ringelte sich, langsam schwebend, über ihr Gesicht und bedeckte das offene Auge, aber ihr vollkommener Körper lag völlig still unter dem schimmernden Schleier des mondbeschienenen Wassers.
    So ruhig lag sie wie eine Frau, die schon zehn mal zehn Sommer tot war und nicht nur seit einer einzigen Zeithand.
    Kupferkopf watete aus dem Teich und häufte Klötze und Äste um die Ecken des Grasabschnitts, um die Lücken im Windbruch auszufüllen; kein Tier sollte näher kommen und sie aus ihrem Grab zerren.
    Das Lichterfüllte Gesicht von Schwester Mond hing hoch über ihm; die Leuchtleute hatten sich an den äußersten Rand ihres Scheins zurückgezogen und warteten geduldig darauf, dass sie sich ins Dorf der Verwundeten Seelen hinabsenken würde, damit sie wieder ihren eigenen Glanz entfalten konnten.
    Am nächsten Tag würde Kupferkopf einige Krieger zum Kampfplatz zurückkehren lassen, damit sie die Feinde, die entkommen waren, verfolgten und gefangen nahmen.
    In zwei oder drei Tagen, von heute an gerechnet, würde Muschelweiß anfangen sich aufzuregen bei dem Gedanken, was ihrem Ehemann und den Kindern zugestoßen

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