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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Bemühen, lautlos zu sein, sein Zittern, die Ausdünstung seiner Angst und seines Bluts verrieten dem Alligator alles über die Beute. Das Wahnsinnsspiel, das Tauchvogel zwei Tage lang gespielt hatte, würde bald zu Ende sein. So oder so.
    Tauchvogels Gewand raschelte, als er die Pflanzen vor sich teilte, den langen Speer ablegte und verstohlen und mit einer Hand frisches, kühles Wasser schöpfte … und noch mal und noch mal, Wasser schlürfend, das ihm über Kinn und Kehle lief, bis ihm fast übel wurde. Dann ließ er sich ins Gras fallen und stützte das Kinn auf eine Faust. Eine seiner Seelen, Die-sich-im-Wasser-spiegelt, starrte ihn von der ruhigen Teichoberfläche aus an. Verfilztes schwarzes Haar umrahmte sein rundes Gesicht. Am Morgen hatte er sich mit Holzkohle aus einer alten Feuergrube das Gesicht schwarz angemalt, aber im Nebeldunst hatten sich die Muster zu einer grauen Schmiere aufgelöst, die seine braunen Augen umringte und zu den Mundwinkeln gelaufen war. Eine faustgroße Beule, mit geronnenem Blut überzogen, wölbte sich oberhalb seiner Schläfe hervor. Er starrte darauf, ohne sich an einen Schlag erinnern zu können.
    Heilige Geister - was war denn vor zwei Tagen geschehen?
    Er war mit einem Aufklärungstrupp von acht Mann aufgebrochen, um die Grenzen des Clan-Territoriums abzugehen. Reisende hatten hie und da verbreitet, dass Kupferkopf vorhatte, Windeck-Dorf abermals zu überfallen, um Nahrung und Frauen zu rauben und alles zu töten, was sich ihm in den Weg stellte. Am zweiten Tag war der Trupp von Tauchvogel unbesonnen in eine Abteilung von zweimal zehn Krieger Kupferkopfs hineingelaufen. Er erinnerte sich an den Angriff, an den Speer, der ihn getroffen hatte …
    Er schüttelte den Kopf. Und … was war da noch? Was war noch alles geschehen?
    Silbern blitzende Elritzen schössen durchs Wasser. Seit dem Kampf hatte er nur gegessen, was er im Gehen ergreifen konnte, ein paar Beeren, ein paar Nüsse. Hätte er Zeit gehabt, hätte er sich aus Palmwedelstreifen ein Netz machen können, um diese Fische zu fangen. Aber die langsamen Schnecken auf den toten Stämmen hatten genügen müssen. Er hatte einige mit der linken Hand abgepflückt, die Gehäuse mit der rechten zerbrochen, die Schnecken herausgezogen und sie roh verschlungen. Sein leerer Magen hatte sich verkrampft und geknurrt. Er hatte wenig geschlafen, sich nur kleine Pausen zum Dösen gegönnt, bevor er weitergerannt war, um nach Hause zu kommen.
    Dunkelheit hüllte den Wald ein, und der Alte Mann Nebel wurde dichter, aber Tauchvogel erhaschte noch einen Blick auf eine Art Beeren, fast unter Blättern versteckt. Palmbeeren. Er las sie auf und aß eine Hand voll davon. Sie waren klebrig und schmeckten süß. Heilige Geister, was hätte er für einen einzigen Bissen Palmbeerkuchen von Muschelweiß gegeben. Er hatte ihr unzählige Male bei der Zubereitung zugesehen, wie sie die Palmbeeren zerdrückte, die Samen herauslas und die klebrige Masse mit Piniennüssen und Kiefernsaft vermischte. Sie löffelte den Brei in große Muscheln und ließ ihn am Rand des Feuers langsam kochen, bis er Blasen warf und dampfte.
    Einen Augenblick lang gönnte er sich den Luxus, die Augen zu schließen. Das zarte ovale Gesicht von Muschelweiß stieg vor seinem inneren Auge auf. Er lächelte. Jetzt, da sie viermal zehn und zwei Sommer alt war, mischten sich schon Silbersträhnen in ihr langes schwarzes Haar, und Falten durchzogen ihre Stirn, aber von ihrer Schönheit hatte sie nichts verloren. Immer noch konnten ihre vollen Lippen in der ironischen Weise lächeln, die er so liebte, wobei ihre großen schwarzen Augen mutwillig funkelten - aber das bekamen nur wenige zu sehen. Für die meisten im Dorf blieb sie Muschelweiß, die Führerin mit den kalten Augen, die große Kriegerin vom Windeck-Clan, Heldin des Massakers der Pelikan-Insel. Eine Frau, die man verehrte und fürchtete.
    Mit zitternder Hand schob Tauchvogel die Kapuze zurück und fuhr sich mit der Hand durch das nasse Haar. Erschöpfung und Schmerz lasteten so schwer auf ihm, dass er kaum denken konnte, doch seine Empfindungen flogen auf und nieder wie spielende Falken.
    Seltsame, meist unzusammenhängende Erinnerungen schossen ihm durch den Kopf … Er mühte sich, sie einzufangen, um die Fetzen zusammenzufügen. In der Nacht vor dem Kampf hatte er eine heftige Auseinandersetzung mit seinem Sohn Blaues Echo gehabt. Oder war es unmittelbar davor gewesen?
    »Wir werden alle sterben! Hörst du mich,

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