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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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verborgen halten. Das weißt du doch, nicht wahr?«
    Eisenholz ließ die Arme wieder sinken. »Die Zeit der Wache ist bald vorbei, mein Freund. Das verspreche ich dir.«
    Nordlicht seufzte, flüsterte »Ja« und ging an Eisenholz hinaus zum Hirschpfad, der nahe am Abhang vorbeiführte.
    Wo einst Salbei gewachsen war, umfing nun Unkraut ihre Beine und tastete nach ihren langen Hemden. Die Salbeibüsche waren schon längst ausgerissen worden, um die gierigen Feuerstellen in der Schlucht der Leute des Rechten Wegs zu füttern; sie mußten ja kochen und ihre Behausungen heizen.
    Sie wagten es nicht, über den Hauptweg zwischen Kessel- und Krallenstadt zu gehen. Jemand würde erwähnen, daß er den Kriegshäuptling und den Sonnenseher nach Dunkelheit allein zusammen gesehen hatte. Das könnte den Verdacht von Schlangenhaupt erwecken. Er würde sie fragen, was sie gemacht hätten, warum sie nicht in der Stadt miteinander sprechen konnten. Er würde Verrat argwöhnen.
    Und damit hätte er recht.
    »Nordlicht«, murmelte Eisenholz, »vergiß den Pfad. Wir gehen so nahe wie möglich am Fels vorbei. Unter dem Überhang wird uns bei der Dunkelheit niemand sehen.«
    Es wurde kälter, als sie an dem Sammelsurium einzelner rechteckiger Bauten im Hang vorbeikamen - schlampig verputzt, die Dachstangen nur roh behauen. Jetzt war alles dunkel, die Türen waren zugehängt, warteten auf die Besucher, die nur zu den Sonnenwend-Feiern in den Canyon kamen. Die Abendleute erwachten, um den Nachthimmel zu erhellen. Eisenholz' Atem bildete dunstige Wölkchen im schwachen Sternenlicht. Krallenstadt türmte sich vor ihnen auf, immer wieder riesengroß, auch wenn sie es schon so viele Sommer kannten. Die Rückwand war über hundertmal eine Handlänge hoch. Die Stützsäule, ein riesiger Sandsteinpfeiler, der aus dem Kliff herauskam, neigte sich drohend über die Stadt. Im fünften Stockwerk lag Krähenbart im Sterben wie eine uralte und bösartige Spinne. Webfäden, vor langer Zeit gesponnen, wirbelten aus der Vergangenheit und zogen sie alle in eine verborgene Falle. Auch in diesem Augenblick blickte Schlangenhaupt vielleicht aus seinem kleinen rechteckigen Fenster. Eisenholz schwankte; er erschauerte.
    Aber nicht nur vor Kälte.
    Die Morgenbrise, die Kreuzdorns Umhang hochwölbte, fuhr die Sandsteinklippen entlang und winselte durchs Dorf. Ein tiefblauer Schein schwoll im Osten an und ließ die Canyon-Wände im Schatten versinken. Nacheinander blinkten sich die Sterne aus, und die getünchten Mauern vom Anemonendorf färbten sich zartblau. Leiterenden ragten aus einigen Dächern, ebenso Kiefernpfosten in Reihe parallel zu den Decken, einige mit Pfefferschoten behangen, andere mit getrockneten Maisbündeln oder Yucca-Blättern. Die eckigen Schultern des Dorfs türmten sich über der Plaza aus festgetretener Erde, wo er als Junge gespielt hatte. Die heilige Kiva auf der Anhöhe westlich der Plaza war noch von Schatten umhüllt.
    Kreuzdorn blickte sehnsüchtig dort hinüber. Sein altes Leben, das Leben des Kindes, das er gewesen war, hatte sich dort in nichts aufgelöst. Anstelle dieses Kindes war ein neuer Mann geboren worden. Er kannte diesen Mann nicht - noch nicht. Aber ich sehne mich danach, ihn kennenzulernen, sehr sogar.
    Die Menschen wachten jetzt auf. Ein Baby schrie, und jemand versuchte es mit sanfter Stimme zu beruhigen. Da hustete einer. Er konnte Älteste hören, die mit erhobenen Händen den Tag singend begrüßten. Zarte Rauchwölkchen stiegen von den Morgenfeuern auf und durchzogen die Luft mit dem Geruch brennenden Wacholders.
    Kreuzdorn warf den Kopf zurück, hob seine Hakennase und atmete die kühle, nach Erde duftende Luft tief ein. Er hatte sein schwarzes Haar zu zwei Zöpfen geflochten, die seine Ohren bedeckten und sie vor der winterlichen Kälte schützten. Die Enden hingen über die Brust. Ein neues Paar Yucca-Sandalen schmückte seine Füße. Seine Mutter hatte sie ihm gemacht, und das Herz wurde ihm schwer, wenn er die feine Verarbeitung ansah. Das Gewebe über den Zehen paßte genau. Die Muschelglöckchen an den Enden der Schnürsenkel klickten lieblich bei jedem Schritt. Schneeberg duckte sich unter ihrem Türvorhang hervor und schritt in ihren großen Mokassins lautlos über die feste Erde der Plaza. Ihr mit Silberfäden durchzogenes Haar hing lose über die Schultern ihres Truthahnfeder-Umhangs.
    Sie kniete neben ihm nieder und packte frisch gemachten blauen Maiskuchen in sein oberstes Bündel. Im sanften Glanz der

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