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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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»Du willst sie verfolgen?«
    »Ja. Fichtenzapfen sagte, wir könnten ihnen vielleicht den Weg abschneiden, wenn wir quer übers Land liefen, zum Südwestweg.« Er streckte seine eiskalten Hände zum Feuer aus und erschauerte leicht. Das Blut von Fichtenzapfen war auf den Handrücken und unter den Nägeln geronnen. »Ich muß es versuchen. Es - es ist mein Fehler. Hätte ich nicht auf Schlangenhaupt gehört und so viele Krieger abgezogen -«
    »Das ist nicht dein Fehler«, unterbrach ihn Kriecher schroff, so schroff, wie er den kleinen Mann noch nie gehört hatte. Kriecher kam näher und starrte ihn finster an. »Du hast den Befehlen deines Häuptlings gehorcht. Damit ist alles gesagt. Jetzt ist es deine Pflicht, die Sklaven, die Eichelhäher mitgenommen hat, zu befreien.« Er tätschelte Spannerraupes Arm und fuhr etwas milder fort: »Wir hoffen auf eine gute Heimkehr, Kriegshäuptling. Wir wünschen dir, daß du schnell dein Ziel erreichst.«
    Kriecher wandte sich ab, aber Spannerraupe packte ihn an der Schulter. »Wenn du heimkommst…«, flüsterte Spannerraupe und blickte verlegen in die Runde. Aller Augen ruhten auf ihm. »Ich habe Angst um Mutter. Wenn sie sie als Sklavin mitgenommen haben, wird sie nie heil im Land der Feuerhunde ankommen, wir beide wissen das. Sie ist zu gebrechlich. Aber andernfalls … Du weißt ja, wenn sie nicht mehr ganz bei sich ist, dann paßt sie nicht auf sich auf. Und Trauertaube ist vielleicht nicht da -«
    » Was ? Aber wo sollte sie …« Kriechers Stimme war schmerzerfüllt. Offenbar kam ihm erst jetzt der Gedanke, sie könnte beim Überfall befreit worden sein. Spannerraupe sah, wie sich Kriechers Gesicht bei dieser Erkenntnis veränderte. »Aber natürlich hast du recht. Ich habe einfach … einfach nicht daran gedacht… Sie ist immer so treu gewesen.«
    »Das war ihre Chance, endlich wieder frei zu sein. Kriecher. Wenn sie die genutzt hat, würde ich ihr das nicht zum Vorwurf machen.«
    Kriecher schaute auf den Sand. »Ich auch nicht.«
    Spannerraupe blickte auf die Ältesten, die neben dem Feuer stumm auf Schlangenhaupts Leiche sahen. Die Gesegnete Sonne lag auf dem Rücken, die Augen ungläubig weit aufgerissen. Das Blut aus seinem Mund und auf den Backen war geronnen und glänzte schwärzlich im windgepeitschten Feuerschein. Dachsbogen runzelte mißbilligend die Stirn, und Gelbmädchen schaute so finster in die Flammen, als könnte sie durch ihre Blicke das Feuer zum Erlöschen bringen.
    Was hast du uns angetan, Schlangenhaupt? Spannerraupe widerstand mit Mühe der Versuchung, die Leiche mit Tritten zu traktieren, mit Knüppeln und Steinen auf das tote Fleisch einzuschlagen. Seine anderen Krieger standen unbehaglich herum, Bogen in den Händen, Köcher auf den Schultern, als fürchteten sie, die Erdgeister könnten aufsteigen und sie ganz verschlucken.
    »Kriecher«, sagte Spannerraupe heiser. »Ich muß unbedingt ein paar Zeithände lang schlafen. Weck mich bitte um Mitternacht.«
    »Du kannst nicht um Mitternacht aufbrechen. Zu welchem Zweck? Schlaf dich erst mal aus und dann «
    Er schüttelte den Kopf. »Ich muß so schnell wie möglich aufbrechen. Wenn Fichtenzapfen die Wahrheit gesagt hat, dann hat Eichelhäher vermutlich heute schon früh angegriffen und hat jetzt einen guten Vorsprung. Also weck mich um Mitternacht.«
    Kriecher schaute zur Seite, nickte aber. »Ja, natürlich.«
    »Ich danke dir.« Spannerraupe legte Kriecher die Hand auf die Schulter und schlenderte dann zu den anderen Lagerfeuern. Während er im Geiste schon seine Männer einteilte, fragte er sich beiläufig, was Fichtenzapfen damit gemeint haben könnte, daß er die neue Gesegnete Sonne würde.

    Federstein saß mit geschlossenen Augen auf der Plaza, ihr ergrautes Haupt in Händen, und hörte, wie Kräuterblüte mit kratziger Stimme auf Mondglanz und den zappeligen Alten namens Singdrossel einsprach. Diese hochgeachteten Ältesten hatte sie nie getroffen. Sie kannte sie natürlich - alle Ersten Menschen kannten sich untereinander. Aber was wollten diese Ältesten von ihr? Sie hatten sie im Vorübergehen immer freundlich angesprochen, waren aber dann sofort davongeeilt, als fürchteten sie, Federsteins Seele könnte sie verlassen und sie müßten dann in ihre leeren Augen sehen oder gar ihren seelenlosen Körper berühren. Aber warum saßen sie heute hier, die faltigen Gesichter zweifelnd verzogen?
    »Da stimme ich nicht zu!« rief Singdrossel. »Was ist, wenn sie im entscheidenden Augenblick

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