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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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nicht so lange, da kann sie nicht -«
    »Seh!« zischte Kräuterblüte. »Hast du kein Herz?« Sie wandte sich wieder an Federstein. »Möchtest du die Herrschaft übernehmen, Federstein?«
    Plötzlich, als erwachte sie aus tiefstem Schlaf, verstand Federstein, was man ihr sagen wollte. Sie richtete sich auf, schaute Kräuterblüte in die Augen und sagte: »Ich habe die Pflicht zu dienen, Kräuterblüte. Meine eigenen Wünsche sind ohne Belang. Außerdem habe ich meinen Sohn, der mir helfen wird. Ich - ich bete.« Den ganzen Morgen über hatte sie immer wieder geweint und um Spannerraupe und Kriecher gebangt. »Mein Sohn ist alles, was ich benötige, um gut zu herrschen.« Kräuterblüte blickte auf Mondglanz und Singdrossel. »Wer von euch wagt es, einer Frau vom Goldaugen-Clan das Recht abzusprechen, ihr Volk zu regieren?« »Ich nicht«, sagte Mondglanz.
    Singdrossel warf die Arme hoch. »Gut, gut. Gegen euch drei kann ich nichts ausrichten!«

46. K APITEL
    Durch Wolkenfetzen sank der Abend herab und durchschoß den Himmel mit mattlavendelblauen Streifen. Lange Schatten krochen über die wellige Savanne. Draußen im Dickicht bellte ein Fuchs. Eisenholz saß mit schmerzenden Muskeln neben Maisfaser auf dem Boden und lauschte. Die Feuerhunde hatten lachend und redend das Lager aufgeschlagen, Feuer gemacht und ihr Bettzeug ausgerollt. Er wußte, wie ihnen zumute war, sie waren wie berauscht von ihrem Triumph. Der Geruch gebratenen Kaninchenfleischs würzte die Luft, und sein Magen knurrte. Ob Eichelhäher seinen Gefangenen heute abend etwas zu essen gab? Sie hatten immer ein Frühstück bekommen, damit sie genügend Kraft hatten, den ganzen Tag zu laufen, doch hatte Eichelhäher bisher nicht geruht, ihnen ein Abendessen anzubieten.
    Am Rande des Lagers sah er Rotfunke liegen, an einen Pfahl festgebunden wie ein toter Hirsch. Die junge Frau hatte sich losgerissen und war, in einem vergeblichen Versuch zu fliehen, weggerannt. Einer der Feuerhunde hatte einen Pfeil eingelegt und sie lässig abgeschossen. Eisenholz sah noch die gekrümmte Bahn des tödlichen Pfeils, und wie seine tückische Spitze sie im Rücken traf.
    Aber warum hatte sie Eichelhäher nicht einfach liegenlassen, anstatt eine wertlose Leiche den ganzen Tag mitzuschleppen?
    In seiner Brust wechselten sich Wut und das Gefühl der Erniedrigung ab. Er haßte sich, daß er das hatte geschehen lassen. Wie konnte er, der große Krieger, der legendäre Kriegshäuptling, einfach in die Arme seiner Feinde hineinlaufen? Er hätte die Gefahr wittern und den Wachen auf den Wällen eine Warnung zubrüllen müssen. Statt dessen, von eigenen Schuldgefühlen und Gewissensbissen bedrängt, hatte er das Kratzen der vorsichtig aufgesetzten Sandalen einfach überhört, den schwachen Geruch von Angstschweiß im Nachtwind nicht wahrgenommen… bis es zu spät war. Du Dummkopf! So viele Fehler…
    Er schaute in die Runde, auf die sechs Männer mit eingelegten Pfeilen, die sie umringten. Ihn eingeschlossen, waren sie fünfzehn Gefangene, wenn man die unglückliche Rotfunke mitzählte. Sie lagen in verschiedenen Stellungen am Boden, die meisten schon eingeschlafen nach dem grausamen Lauf. Nur er und Nordlicht waren noch wach. Nordlicht saß mit untergeschlagenen Beinen zu Sängerlings Füßen und beobachtete das Lager. Sängerling lag zusammengerollt auf der Seite neben Maisfaser. Bevor er einschlief, hatte er noch eine Hand zärtlich auf eine ihrer Locken gelegt. Nachtsonne, ihr schönes Gesicht eingesunken, lag links von Eisenholz, tief ein- und ausatmend. Düne schlief zehn Schritt weiter flach auf dem Rücken, auf überdeckter Tragbahre. Der Marsch hatte ihn so durchgerüttelt, daß er zu erschöpft war, um sich noch zu rühren. Eisenholz' Blick glitt über die Gefangenen, und er nannte insgeheim jeden beim Namen: Vierfinger, Pappelknabe, Schößlingsfrau… Dann erfaßte sein Blick Distel, die frei im Lager herumlief. Und warum auch nicht? Ihr Verrat hatte die Katastrophe ermöglicht. Für Eichelhäher .und sein Volk war sie eine Heldin.
    Eisenholz schaute auf Maisfaser hinab. Was immer auch Distel getan hatte, er brachte es nicht über sich, sie zu hassen. Sie hatte seine Tochter aufgezogen, als wäre es ihre eigene. Auf Eisenholz' Bitte hin hatte sie dafür gesorgt, daß Maisfasers Bahre allnächtlich für kurze Zeit neben ihm abgestellt wurde, damit er sie ansehen und sich vergewissern konnte, daß sie noch atmete.
    Er streichelte Maisfasers schlaffe Hand.
    Zu seiner

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