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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Jedes vernünftige Mitglied der herrschenden Schicht -«
    »Ich habe alles versucht, Eichelhäher«, entgegnete sie ruhig. »Beifußblätter, die Beeren von schwarzem Nachtschatten, Kapokwurzelrinde, ein Gebräu aus Wacholdernadeln und -beeren. Ich bin eine Heilerin. Ich weiß genau, was man für eine Abtreibung braucht. Aber…« Sie seufzte und lächelte traurig auf Maisfaser hinab. »Meine Tochter wollte unbedingt geboren werden. Ich empfing Maisfaser, als mein Mann, Krähenbart, auf einer Handelsreise zu den Hohokam unterwegs war. Ich hatte eine Todesangst, denn ich wußte, er würde sie umbringen, wenn er heimkam. Und« - sie blickte liebevoll auf Eisenholz - »ich wußte auch, Krähenbart würde den einzigen Mann, den ich je liebte, töten lassen.«
    Eichelhäher schaute in die Runde und suchte die Wahrheit in den Augen der Anwesenden. Einen nach dem anderen sah er sie an. Nein, hier gab es keine Täuschung. Der Blick von Trauertaube schien auszudrücken: »Ich hab's dir ja gesagt.«
    Enttäuscht starrte er Distel an. »Diese Leute sagen, sie ist nicht meine Enkeltochter. Hast du mich vorsätzlich getäuscht? Damit ich Krallenstadt überfalle und das Unrecht räche, das man dir und deinem Clan angetan hat?« Distel schüttelte den Kopf. Diese beunruhigende Neuigkeit hatte sie fassungslos gemacht. »Ich habe wahrhaftig geglaubt, daß Maisfaser deine Enkeltochter ist, Eichelhäher. Aber ich kann nicht leugnen, daß ich die Toten meiner Familie gerächt sehen wollte. Dieser Überfall hat mich glücklich gemacht.« Eichelhäher hatte dieses Glück auch empfunden. Dank Distel hatte er einen der größten Raubzüge in der Geschichte der Mogollon unternehmen können. Sein Name würde in Legenden weiterleben. Selbst wenn Maisfaser nicht seine Enkelin wäre, schuldete er Distel viel. Und ihr herausfordernder Gesichtsausdruck, die zusammengekniffenen Augen, als sie sprach - nein, sie hatte ihn sicher nicht absichtlich getäuscht.
    Er blickte auf Maisfaser, die friedlich in Distels Schoß ruhte. Nicht meine Enkeltochter. Er empfand den Schmerz darüber wie einen Stich, der seine Seele verwundete. Bei allen Geistern, er hatte gebetet, es möge wahr sein. Aber die Enttäuschung war vielleicht einfach der Preis für den Sieg. Die Götter gaben dem Menschen nie alles, was er wollte. Das wußte er besser als die meisten. Außerdem … Wenn Maisfaser wirklich die Tochter von Nachtsonne war, dann hatte Eichelhäher wahrhaftig Rache genommen für die Entführung von Rehkitz. Tochter um Tochter.
    Distel blieb reglos sitzen und blickte finster auf Nordlicht, als wollte sie seine Worte noch einmal abwägen.
    »Also dann«, sagte Eichelhäher und lächelte Eisenholz grimmig an. Der Mann wußte, was auf ihn zukam, das sah ihm Eichelhäher an. »Mir bleibt jetzt nur noch zu entscheiden, was ich mit jedem einzelnen von euch tun werde. Ich -«
    »Ich glaube«, sagte Düne und legte seinen alten Kopf schräg, »daß es noch mehr gibt, was du hören solltest, Eichelhäher.«
    Dieser überhebliche Ton! »Was ist das, alter Mann?«
    Düne lächelte, und der Feuerschein flackerte über seinen zahnlosen Mund. »Die Geschichte deines Enkelsohnes.«
    Eichelhäher starrte ihn an. Aus dem Augenwinkel sah er Trauertaube nicken, und er erinnerte sich an Distels Geschichte, daß Rehkitz aufgeschlitzt worden war, um das Kind herauszunehmen. »Ist das die andere Wahrheit, die du erwähnt hast.«
    »So ist es.«
    Nordlicht fing an zu zittern. Er beugte den Kopf hinab, und das nasse Haar hing ihm unordentlich um das Gesicht wie glänzende schwarze Schlangen. Er hielt die Augen fest geschlossen.
    Eichelhäher sagte: »Nun rede schon.«
    Düne sah ihn unverwandt an. »Rehkitz hat sich mit Krähenbart gepaart. Krähenbart liebte sie besinnungslos. Er war, könnte man sagen, von ihr besessen.«
    Nachtsonne hob plötzlich den Kopf und starrte Düne auf eine Weise an, die Eichelhäher vermuten ließ, daß die Nachricht sie völlig überraschte. Und es ließ ihn auch vermuten, daß es vielleicht die Wahrheit wäre. Er warf einen Blick auf Distel und sah, wie ihr Gesicht erschlaffte, als ob sie etwas begriff.
    Aha, jetzt kommt es heraus…
    »Deswegen also konnte Rehkitz wegen dieser Paarung Nachtsonne nicht um Erlaubnis bitten«, sagte Distel. »Deswegen konnte sie keinem Menschen von ihrem Liebhaber erzählen. Heilige Geister natürlich!«
    Ruhig fragte Nachtsonne: »Er liebte sie, Düne? Bist du da sicher?«
    »Mit seinem ganzen Herzen, jedenfalls mit soviel

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