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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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sich behalten. So, wie sie seinen Fragen auswich, merkte er, daß sie ein dunkles, mächtiges Geheimnis zurückhielt. Um es vielleicht später auszunutzen, wenn es nötig war? Aber sie hatte ihm auch freimütig erklärt, daß sie nicht im Dorf der Gila-Monster-Klippen bleiben würde. Ihre Mutter war zwar eine Mogollon gewesen, aber sie betrachtete die Turmbauer als ihr Volk. Das kam ihm sonderbar vor, immerhin hatte sie vor dem Mahl seine Gebete geteilt und sich vor seinen Hausgöttern ehrfürchtig verneigt. Anscheinend lebte sie in beiden Welten. Bestimmte Traditionen, die sie ansprachen, hatte sie sowohl von den Mogollon wie von den Turmbauern übernommen, und beide zu einem Ganzen zusammengefügt, das ihre Seele befriedigte. Vielleicht hatte sie so ihre Kindheit überstanden; ihre Mutter hatte ihr sicher etwas gesagt und ihr Vater etwas ganz anderes. Kinder haben die seltsame Gabe, verschiedene Gedanken miteinander zu verknüpfen, selbst wenn sie Erwachsenen widersprüchlich scheinen. Er ließ seinen Blick wandern. Distel sah besorgt aus; nervös strich sie über Maisfasers Haar. Seine Sklaven könnten ihr ein Bad machen, hatte er ihr angeboten, und ihr ein sauberes Gewand bringen, aber sie hatte lieber warten wollen, bis Maisfaser erwachte, um gemeinsam mit ihr einen solchen Luxus zu genießen. Distel liebte Maisfaser sehr. Daran zweifelte Eichelhäher nicht. Was hingegen alles andere betraf…
    »Also fangen wir an«, sagte Eichelhäher und stellte sich breitbeinig mit auf dem Rücken verschränkten Händen hin. »Ich will die Wahrheit wissen. Wer von euch fängt an?« Die Gefangenen sahen sich unbehaglich an. Dann warf Düne Eichelhäher einen fragenden Blick zu. »Welche Wahrheit?«
    »Spiel keine Spiele mit mir, heiliger Heimatloser! Ich lasse dir bei lebendigem Leibe die Haut abziehen und dich verbrennen.«
    »Keine Spiele, Eichelhäher. Mit meiner Frage wollte ich nur wissen, welche Wahrheit du hören willst. Die über Maisfaser… oder über -«
    »Natürlich über Maisfaser. Warum glaubst du, habe ich sie aus Krallenstadt gerettet und den ganzen Weg hertragen lassen?« Seine Wut verflog, als er wieder auf Maisfaser hinabschaute. »Ist sie meine Enkeltochter? Das will ich wissen. In ihrem Gesicht kann ich das nicht erkennen. Distel hat mir gesagt, sie glaubt, daß Maisfaser meine Enkelin ist; Trauertaube hat mir gesagt, sie ist davon überzeugt, daß es sich bei Maisfaser nicht um meine Enkelin handelt.« Eichelhäher blickte zwischen Trauertaube und Eisenholz hin und her. »Was sagst du dazu, Kriegshäuptling? Bist du der Vater dieses Kindes?«
    Eisenholz atmete tief ein, nickte und sagte: »Das bin ich.«
    Eichelhäher schaute mit gerunzelter Stirn auf Maisfaser. »Ich sehe dich in ihr. Die Stirn, die Gesichtsform, die Haut. Aber Rehkitz kann ich nicht in ihr sehen.«
    Nordlicht stützte seine gefesselten Hände auf seine angezogenen Knie und beugte sich vor. Nasse Strähnen seines schwarzen Haars fielen ihm locker über sein verschmutztes Priesterhemd. »Ich war bei Maisfasers Geburt dabei, Großer Häuptling. Ich habe sie mit eigenen Händen in diese Welt gebracht und sie in derselben Nacht bei Palmlilie abgeliefert, dem Ehemann von Distel. Eisenholz ist ihr Vater. Ich weiß, daß das die Wahrheit ist.« Eichelhäher rieb sich das Kinn und bedachte alle Folgerungen. »Und ihre Mutter?« Sein hämmerndes Herz war voller Hoffnung. »War meine Tochter Rehkitz die Mutter?«
    Nordlicht warf einen Blick auf Eisenholz, Nachtsonne und Düne, bevor er den Kopf schüttelte. »Nein, Großer Häuptling, Rehkitz war nicht Maisfasers Mutter.«
    Distel zog den Atem ungläubig ein. »Du lügst!« Sie hätte es am liebsten herausgeschrien, aber sie wollte offensichtlich ihre Tochter nicht aufwecken. Die Beschuldigung wurde heiser flüsternd vorgebracht. »Gleich nachdem du sie uns gegeben hattest, wurde die verstümmelte Leiche von Rehkitz auf einer Müllhalde gefunden. Wer sonst hätte ihre Mutter sein können?«
    Nachtsonne holte tief Luft. Schmutz und Schweiß zogen sich in Streifen über ihr blaues Kleid. Ihr ergrauendes schwarzes Haar hatte sich aus dem Zopf gelöst und hing ihr nun unordentlich um das dreieckige Gesicht. Die auf dem Kinn eintätowierten vier schwarzen Spiralen glänzten im Feuerschein. »Ich.«
    »Du?« fragte Eichelhäher scharf. »Du hast dich mit dem Kriegshäuptling gepaart, der tief unter dir steht, und keine Abtreibung eingeleitet, als dir klar war, daß du schwanger bist? Lächerlich!

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