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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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beschäftigten sich damit, farbigen Sand für heilige Gemälde zu sammeln. Die Hunde lagen ausgestreckt in der Sonne und schliefen. Ein paar verwegene Fliegen summten um sie herum, landeten gelegentlich und stachen zu. Dann fuhr ein Hund kläffend auf und schnappte wie wild um sich, bevor er wieder zusammensackte und erneut in Schlaf sank.
    Truthühner stolzierten über die Plaza, die braun-weißen Federn im Sonnenlicht schimmernd, und senkten die Köpfe tief, um jede menschliche Tätigkeit genau zu betrachten.
    Vorher hatten sie schon Maisfaser belästigt, aber nun plagten sie die sieben alten Frauen an der Westseite der Plaza. In ihrem Dorf gab es selten Fleisch, außer zu besonderen Gelegenheiten, also waren Truthühner besonders geschätzt. Die Küken pickten unablässig nach den grünen Yucca-Streifen, die schon zum Korbflechten ausgelegt waren. Drohend geschwenkte Arme und böse Wörter unterbrachen den Morgenfrieden. Die alte Mutter Kleeblatt, die Älteste von Lanzenblattdorf, griff gerade nach einem Streifen, um ihn in ihren Siebkorb einzuflechten, aber da hüpfte ein Küken vor, pickte den Streifen auf und zog daran.
    »Hör auf!« brüllte Kleeblatt, ihr altes Gesicht kreuz und quer von Runzeln durchfurcht. Sie zog dagegen. »Laß los!«
    Mit einem Ruck riß sie den nassen Yucca-Streifen los und bedachte das Putenküken mit mißgünstigen Blicken. »Verschwinde! Geh und ärgere eine andere!« Mit dem Yucca schlug sie dem Küken über den Rücken, und das hüpfte mit schrillen Piepsen weg. Kleeblatt murmelte noch etwas, was Maisfaser nicht verstand, aber die anderen Frauen lachten.
    Auf der anderen Seite der Plaza duckten sich fünf Truthennen vor den Steinsplittern der acht alten Männer, die Werkzeuge anfertigten. Jedesmal, wenn eine Geweihzacke einen Span von einem Feuersteinkern abgeschlagen hatte, stürzten sich die Hennen darauf, zankten sich darum und rissen sich Federn aus, bis eine sich den Span schnappte, ihn nachdenklich kostete und dann wieder ausspie. Die fetten Puter hatten sich am Südwall hingelegt, wo eine Reihe von Wiegenbrettern im Schatten lehnten. Säuglinge, in helle Decken gewickelt, gurgelten, kreischten und schüttelten winzige Fäustchen gegen Unsichtbares. Baumwollbänder über ihren Stirnen banden sie ans Wiegenbrett und formten ihre Schädel. Die Abflachung des Hinterkopfs verbreiterte die Wangenknochen und gab ihren Gesichtern die erwünschte dreieckige Form.
    Maisfasers Mutter hatte das nicht sehr gut gemacht - der Kopf ihrer Tochter war oval geblieben. Junge Männer behaupteten zwar, sie sei immer noch hübsch, jedenfalls, nachdem sie ihnen gedroht hatte. Maisfaser grinste vor sich hin. Die jungen Krieger mochten sie nicht sehr, aber das beruhte auf Gegenseitigkeit. Sie hatte ein spitz zulaufendes Kinn, volle Lippen und große dunkle Augen. Wenn sie ihr dichtes schwarzes Haar lose hängen ließ, ging es ihr bis zu den Hüften. Ihre Mutter verlangte allerdings, sie solle ihr Haar aufgerollt über den Ohren tragen, was an Schmetterlingsflügel gemahnte - um all den jungen Männern kundzutun, sie sei nun in heiratsfähigem Alter. Und so trug sie es auch … in Sichtweite des Dorfs.
    Sie wischte sich mit mehliger Hand über die schweißnasse Stirn und kippte ihren Topf, um nachzusehen; er war noch ganz voll. Ach, was würde sie darum geben, wenn sie jetzt mit Zikade draußen wäre.
    Hinter dem Dorf spielten die kleinen Kinder unter der Aufsicht von Zikade, Maisfasers bester Freundin. Sie schlenderte gemächlich umher, während die Kinder Nachlaufen spielten, Stöcke für ihre Hunde warfen und fröhlich lachten.
    Maisfaser seufzte; sie griff in den Topf, um sich wieder eine Handvoll roten Mais zu nehmen … Ein heftiger Flügelschlag ließ sie aufschauen. Ein großer Rabe flatterte zu Boden, zehn Hände entfernt. Im Licht der schrägstehenden Sonne glänzten seine schwarzen Federn wie ein blaues Feuer. Maisfaser schaute umher. Bis jetzt hatte ihn niemand gesehen. Sie schaute ihn mißbilligend an. »Ich wette, Bruder, du kannst den süßen Duft von gemahlenem Korn noch eine halbe Tagesreise entfernt riechen.«
    Die Rabenwelt war die erste der Himmelswelten.
    »Verschwinde dorthin, wo du hingehörst«, zischte sie und deutete zum Himmel. Sie legte eine Handvoll Mais auf den Mahlstein, setzte sich auf die Fersen und streckte ihre schmerzenden Rückenmuskeln. Ihr braunes Kleid war um ihre Knie gebreitet. In der warmen Sonne fing ihr Gesicht an zu schwitzen, und die Schmetterlingslocken

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