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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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würde für das Aufziehen eines Sklavenkindes bezahlen - es sei denn, er hätte die Sklavin geliebt und fühlte eine Verantwortung für das kleine Kind. Und das«, flüsterte er, »sagt viel über diesen Mann aus.«
    »Wenn du Maisfaser siehst, Großer Häuptling, dann wirst du die Wahrheit meiner Worte erkennen. Sie hat die schönen Augen von Rehkitz und Eisenholz' goldene Haut und schrägstehende Augenbrauen.«
    Eisenholz! Warum gerade er, von allen Männern auf der Welt?
    Dieser Mann hatte eine unheimliches, fast übernatürliches Talent, wenn es um Kriegführung ging. Jahrelang hatte Eichelhäher seine Mogollon von Überfall zu Überfall geführt, zuerst mit dem Ziel, seine Tochter zu befreien, und später dann aus dem nie endenden Verlangen nach Rache. Aber wenn er auch in den umliegenden Dörfern einfallen und ihnen Schaden zufügen konnte - seine Versuche, die reichen Städte der Ersten Menschen im Canyon des Rechten Wegs zu brandschatzen, wurden alle dank Eisenholz' Genie erfolgreich abgewehrt.
    Er preßte seine Hände fest zusammen und versteckte sie unter seinem Umhang, damit sie nicht sehen konnte, wie sehr er ihr zu glauben wünschte. Nach dem Tod seiner Frau hatte ihn die Zwillingsschwester von Mondtanz dankenswerterweise zum Gemahl genommen. Es war ihr Recht als die nächste Ehrwürdige Mutter des Clans gewesen, aber nicht ihre Pflicht. Flaumfeder hätte jeden Mann haben können, den sie an ihrer Seite gewünscht hätte. Indem sie Eichelhäher zu ihrem Mann machte, hatte Flaumfeder das Wohl ihres Volkes über ihr eigenes gestellt. Sie hatte ihn vor dem Wahnsinn bewahrt und ihm ein Ziel gegeben. Eichelhäher hatte sich sehr bemüht, Flaumfeder zu lieben, aber ihr Zusammensein hatte nur Söhne hervorgebracht. Ohne eine Tochter oder eine Enkeltochter, die später als Ehrwürdige Mutter den Clan geführt hätte, würde die Nichte von Mondtanz, Kiefernnadel, die Nachfolge antreten. Sie war eine leichtfertige, selbstsüchtige Frau. Eichelhäher und Flaumfeder fürchteten, sie könnte die Mogollon ins Verderben führen.
    »Würde es sich nicht lohnen, Großer Häuptling«, sagte Distel und unterbrach seinen Gedankengang, »trotz aller Gefahren Maisfaser mit eigenen Augen zu sehen?«
    Eichelhäher wandte sich ab und betrachtete die Schatten über den Hügeln. Geister drangen in verborgene Nischen seiner Seele ein. Mondtanz flüsterte: »Um unser beider willen, geliebter Mann, mußt du sie dir ansehen. Wenn sie nicht unseres Blutes ist, dann eben nicht. Aber wenn sie es ist …« Das Lachen von Rehkitz als Baby ertönte. Sie schaute mit funkelnden Augen zu ihm auf, und da wußte Eichelhäher, daß er nicht zulassen durfte, daß seine Enkeltochter möglicherweise so litt wie seine Tochter. Wenn Maisfaser wirklich die Tochter von Rehkitz war und jetzt vom Feind gefangengehalten wurde, dann mußte er sie befreien, was immer ihn das kosten würde. Die Rettung seiner Enkelin wäre vielleicht auch in gewisser Weise eine Wiedergutmachung für sein Versagen, Rehkitz zu befreien.
    Er drehte sich wieder um und bemerkte, daß Fichtenzapfen sich durch die Krieger geschlichen hatte und jetzt bei dem jungen Mädchen vom Volk des Rechten Wegs saß. Sie sprachen leise miteinander, Fichtenzapfen mit zusammengezogenen Augenbrauen und das Mädchen sehr verängstigt. »Sag's mir noch mal, Weib. Warum tust du das?« Er betrachtete Distel mit der Wachsamkeit eines Adlers.
    »Schlangenhaupt hat entdeckt, was ich dir gerade erzählt habe. Er hat Spannerraupe, seinen neuen Befehlshaber, in mein Dorf geschickt. Sie haben meinen Mann und meinen Sohn ermordet und verstümmelt. Dann töteten sie alle andern, ließen keine Zeugen am Leben. Sie nahmen mir Maisfaser fort. Schlangenhaupt hat alles zerstört, was ich geliebt habe, wofür ich gelebt habe. Das einzige, was mir noch geblieben ist, das ist meine Tochter - und die ist in seinen schmutzigen Händen. Lieber würde ich sie im Kampf um ihr Leben sterben sehen denn als Sklavin von Schlangenhaupt.« »Du haßt also deine eigene Gesegnete Sonne so sehr?«
    Er sah, wie es in ihrem Gesicht arbeitete; ihre funkelnden Augen wurden kalt. »Er ist nicht meine Gesegnete Sonne! Er hat mich und meine Familie betrogen. Er hat mein ganzes Dorf umgebracht! Auch alle Alten, auch die kleinen Kinder! Schlangenhaupt hat jeden verdorben, und alles, was er je angefaßt hat. Nur sein Tod wird meine Wunden heilen.« Ihre Stimme war voller Ekel und Abscheu. »O ja, Großer Häuptling, ich hasse ihn.«
    Ja…

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