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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Sängerling.«
    Sängerling hob eine Schulter. »Nicht traurig. Nur irgendwie leer. Die Leute, die ich am meisten geliebt habe, die haben mich belogen. Mein Leben lang habe ich geglaubt, meine Mutter sei Schneeberg. Der Mann, den ich am meisten von allen geachtet habe, nämlich Schwarzer Tafelberg, hat mir Geschichten über meinen toten Vater erzählt und behauptet, er sei ein Händler gewesen.« Er nippte an seinem Tee. »Ich weiß, sie haben geglaubt, das Richtige zu tun, Eichelhäher, aber das war es eben nicht. Ich verstehe einfach nicht, wieso sie mich so lange getäuscht haben.«
    Flaumfeder legte liebevoll eine Hand auf seine Schulter. »Wir nicht lügen, Sängerling. Ich verspreche.«
    Sängerling lächelte schwach. »Du bist sehr freundlich gewesen, Flaumfeder, aber ich komme mir hier vor wie ein Außenseiter.«
    »Nicht lange. Wir senden Nachricht an die Dörfer, daß der Enkel heimgekommen. Dann, wenn Sommer-Sonnenwende, wir machen dich offiziell zum Mitglied vom Clan. Du bist überrascht, wie viele Vettern du hast. Jeder will mit dir sprechen, heißt dich im Herzen willkommen.« Ein Gefühl der Bedrücktheit, vermischt mit Angst, erfüllte ihn. »Ich spreche ihre Sprache nicht, Flaumfeder. Sie werden über mich tuscheln, und ich werde kein Wort davon verstehen.« »Du lernst.« Sie tätschelte seinen Arm. »Sechs Monde, vielleicht mehr, und du sprichst gut genug. Du wirst sehen.«
    Sängerling neigte den Kopf, sein schwarzes Haar fiel ihm über die Schultern. Er spielte mit seiner Tasse. »Es tut mir leid, aber ich weiß nicht, ob ich hierbleiben kann. Nicht wenn… Die Gefangenen da draußen sind meine Freunde. Manche liebe ich. Wenn ihnen etwas geschähe …«
    Eichelhähers Gesicht wurde schlaff. Sängerling sah es aus dem Augenwinkel. Eichelhäher hatte seinen Triumph genossen und war stolz auf den reibungslosen Überfall und die Gefangennahme der prominentesten Bürger von Krallenstadt. Aber Sängerling mußte versuchen, seine Freunde zu retten. Eichelhäher sagte knapp: »Das sind jetzt Sklaven, Sängerling, Siegesbeute. Das verstehst du?« Sängerling trank seine Tasse aus und setzte sie auf den Boden vor sich ab. »Ja, aber was wird mit ihnen geschehen? Hast du schon entschieden?«
    Eichelhäher zog seine Brauen zusammen, als er den Schmerz in Sängerlings Stimme heraushörte. »Noch nicht. Ich werde je nach Verdienst mit ihnen verfahren. Aber ich kann dir versichern, keiner wird ein angenehmes Schicksal haben.«
    Sängerling nickte ruckhaft. Flaumfeder berührte ihn am Arm. »Vielleicht kann man etwas machen für einige von ihnen.« Sie blinzelte. »Diese alte Frau, deine Großmutter, sie ziemlich wichtig hier.« Eichelhäher sah sie ärgerlich an. »Wen meinst du mit einige?«
    In der Mogollon-Gesellschaft galten zwar andere Regeln als in der des Rechten Wegs, aber über das Geschick der Gefangenen entschied hier wie dort letzten Endes die Ehrwürdige Mutter. Mit Unbehagen bemerkte Eichelhäher, wie gerührt Flaumfeder auf Sängerling blickte.
    Sie hob die grauen Augenbrauen. »Ich glaube, dieser neue Enkel, er kann dir helfen, Entscheidung machen. Wir sprechen später, Eichelhäher.«
    »Gut, gut.« Eichelhäher zog ein Scheit aus dem Holzhaufen und schürte heftig das Feuer. Funken stoben empor, und eine Rauchwolke stieg zum rußbedeckten Dach auf.
    Sängerling schob seine leere Tasse mit dem Zeigefinger herum. Eichelhäher hatte sich wahrscheinlich schon gefreut, sie alle eines langsamen Todes sterben zu sehen, als Vergeltung für die vielen Angehörigen seines eigenen Volks, die durch die Hand von Kriegern des Rechten Wegs hatten sterben müssen.
    Eichelhäher musterte ihn von der Seite. »Was denkst du gerade, Sängerling?«
    Sängerling schaute auf. »Was wird mit Maisfaser geschehen? Und mit Distel?«
    Er hatte vor einer halben Zeithand Maisfaser aufgesucht und sie zusammengekuschelt schlafend in rotblauen Decken vorgefunden, das schwarze Haar um sie herum ausgebreitet. Der Marsch hatte Maisfaser sehr mitgenommen; bei dem dauernden Auf und Ab war sie kaum zur Ruhe gekommen, und jetzt brauchte sie soviel Schlaf, wie sie nur bekommen konnte. Aber Sängerling sehnte sich verzweifelt danach, mit ihr zu sprechen.
    »Flaumfeder und ich habe das heute morgen besprochen, als du beim Baden warst. Sie sind frei zu gehen, wenn sie wollen«, antwortete Eichelhäher. »Obwohl ich bezweifle, daß sie wollen.« Sängerling blinzelte verwirrt. »Warum?«
    Eichelhäher machte eine wegwerfende Bewegung mit

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