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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Himmels.
    Als Nachtfrau die Welt in ihren Armen wiegte, wurde es kälter. Sonnenmuschel erschauerte. Der Holzstoß befand sich rechts von ihr, nördlich vom Feuer, und dahinter war die Tür zum Haus ihrer Mutter. Sie griff nach dem Holz, und dabei streifte ihr Blick den Einlass. Das grasgedeckte Langhaus flackerte orangefarben im tanzenden Licht der Flammen. Leise Stimmen drangen durch den Vorhang, die ihrer Mutter klang unglücklich, die ihrer Tante zornig.
    »Jaguar soll sie holen!«, zischte Tante Faserblatt gerade. »Sie hat uns entehrt und verdient eine harte Strafe.«
    Sonnenmuschel legte einen Zweig auf das Feuer und sah den Funken zu, die tanzend in den Abendhimmel stiegen. Jaguar, ein mächtiger Zauberer, lebte allein auf einer Insel in der Bucht. In seinem Namen ausgestoßene Flüche, so sagte man, kämen ihm pfeilschnell zu Ohren. Er bannte den verfluchten Menschen daraufhin mit einem Zauber. Nur in größter Not wurden deshalb solche Flüche ausgestoßen.
    Sonnenmuschel starrte abwesend in die Flammen und dachte darüber nach, was sie tun sollte. Wilder Fuchs hatte versprochen, mit Rote Schlinge fortzulaufen. Was spielte es jetzt noch für eine Rolle, dass Sonnenmuschel sich ihm an den Hals geworfen hatte, dass sie ihn angefleht hatte, sie zu heiraten?
    »Wir sollten sie eine Zeit lang verbannen. Sie muss darüber nachdenken, dass …«
    »Nein, nein«, widersprach ihre Mutter, »wir wollen nicht so streng sein.«
    »Dann ist eine Tracht Prügel angebracht. So kann es jedenfalls nicht weitergehen. Ich werde die Missachtung des Clans, der Familie und der Tradition nicht länger dulden.«
    Sonnenmuschel verspürte einen schmerzhaften, kalten Stich, als hätte ein Eiszapfen ihr Herz durchbohrt. Sie blickte über den Platz. Die ärmlichen Häuser von Drei Myrten standen schweigend da, blaue Rauchwolken stiegen aus den Abzugslöchern in den Dächern empor. Ein ovaler Wall von zweimal mannshohen Pfählen umgab das Dorf. Nichts bewegte sich. Kein Laut war zu hören. Selbst die Adler hatten den Nachthimmel verlassen, sodass sie sich einsamer fühlte, als sie es in den vier und zehn Blätterblüten ihres Lebens je gewesen war.
    Fast alle Dorfbewohner waren zu den Weihefestlichkeiten für Neue Frau nach Flache Perle gegangen, aber Sonnenmuschel und ihrer Familie war befohlen worden, im Dorf zu bleiben. Schwarzer Dorn hatte sich über Sonnenmuschels Benehmen empört und vor den versammelten Dorfbewohnern verkündet, dass sein Sohn Wilder Fuchs nichts getan habe, um für einen solch »peinlichen Zwischenfall« verantwortlich gemacht zu werden. Derweil hatte Wilder Fuchs mit gesenktem Kopf neben seinem Vater gestanden, und die Qual, die sein Herz litt, stand in den dunklen Augen geschrieben. Sie hatte mit ihm gelitten. Wie hatte sie nur so etwas tun können? Mitten auf dem überfüllten Platz laut ihre Gefühle preisgeben!
    »Du weißt, warum«. Ihre Lippen formten die Worte, sodass niemand sie hörte.
    In der Nacht zuvor hatte er ihr anvertraut, er lasse nicht zu, dass seine teure Rote Schlinge den alten Mann heirate, dem sie vom Grünstein-Clan versprochen war. Er hatte gesagt, er werde mit ihr fortlaufen, wenn es sein musste bis zu Vater Wasser, und nie mehr zurückkehren.
    Verzweiflung hatte sie überrollt - sie hatte es ihm sagen müssen und nicht an die Folgen gedacht.
    Das heisere Flüstern ihrer Tante wurde drängender, und Tränen stiegen in Sonnenmuschels Augen. Sie zog einen Stecken aus dem Holzstoß und schürte das Feuer. Blaue Flammen zuckten durch das orangefarbene Lodern wie die flatternden Flügel einer Amsel. Tapfer schluckte sie die Tränen hinunter. Sie wollte nicht weinen. Nie mehr! Tränen waren nur dann gut, wenn jemand in der Nähe war, der einen trösten konnte.
    »Hast du davon gewusst?«, fragte Faserblatt. »Dass sie sich in den Sohn des Weroanzi verliebt hat?
    Welch ein Größenwahn! Wie kann sie nur glauben, dass sie, die unansehnliche Tochter eines Töpfers, in eine solche Familie einheiraten kann?«
    Sonnenmuschel schob den Stecken ins Feuer und sah zu, wie er verbrannte. Ihre Gefühle für Wilder Fuchs hatten sich zwei Blätterblüten zuvor verändert. Es war nach der Zeremonie zu seiner Weihe gewesen. Wilder Fuchs war als Mann wieder geboren worden, sein Gang war leichtfüßiger, sein Lächeln noch anziehender geworden. Er hatte Sonnenmuschel seltsam angeschaut, mit einem plötzlichen Leuchten in den Augen, und sie hatte seine unausgesprochenen Worte so deutlich gehört, als hätte er

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