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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Kupfer und herrliche Muschelanhänger, mit dem eingeritzten Bild eines wundersamen und Furcht erregenden Vogelmenschen, der die Flügel spreizte und sie mit Menschenaugen anstarrte, als wollte er ihre Seele zum Schmelzen bringen. Sie erinnerte sich, wie Wilder Fuchs, mit vor Staunen offenem Mund, einen besonders fein gearbeiteten Anhänger ehrfürchtig hin- und hergedreht hatte. »O heilige Götter, er fehlt mir so! Wenn ich nur …«
    Aus dem Augenwinkel nahm sie eine Bewegung wahr. Sie drehte sich schnell um und sah, wie sich aus dem Bauch eines Kanus eine schwarze Gestalt erhob. Sie schwankte und griff mit einer Hand unsicher nach dem Bootsrand.
    »Sonnenmuschel?«, rief eine bebende Stimme. »Bist du es?«
    Fassungslos stand sie da, einer hölzernen Statue gleich. Das konnte doch nicht sein … Sie trat einen Schritt näher, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. »Wilder Fuchs?«
    »Oh, Okeus sei Dank!« Die Gestalt kletterte aus dem Kanu und ging auf sie zu. »Sonnenmuschel, der dunkle Gott selbst muss dich geschickt haben. Seit dem Nachmittag verstecke ich mich hier und warte, dass die Nachtfrau die Lichter löscht. Ich wollte zu dir kommen. Du bist die Einzige, der ich vertrauen kann.«
    Wilder Fuchs schlang die Arme um Sonnenmuschel und drückte sie so fest an sich, dass sie kaum noch Luft holen konnte. Er hatte acht und zehn Blätterblüten gesehen und war zwei Kopf größer als sie. Ihr Gesicht lag auf seiner eingeölten Brust. Sie nahm den Geruch nach scharfem Schweiß wahr, der sich mit dem Gestank nach trockenem Blut mischte.
    Sie wich zurück, um ihn anzusehen. Sein vollkommenes, ovales Gesicht mit der spitzen Nase wies Schmutzstreifen auf. Verwirrt stammelte sie: »Was … was machst du hier? Ich dachte …«
    »Ich weiß, aber … ». Mit gepresster Stimme stieß er hervor: »Sie ist tot.«
    Sonnenmuschel starrte ihn mit offenem Munde an. »Wer? Wer ist tot?«
    Wilder Fuchs fiel auf die Knie, umfasste Sonnenmuschels Hüften und vergrub sein Gesicht in ihrem Federumhang. Die würgenden Geräusche, die er von sich gab, machten ihr Angst. »Heiliger Okeus«, stöhnte er. »Mein süßes Mädchen. Meine Rote Schlinge. Sie ist tot. Ermordet!«
    Eine ganze Weile war Sonnenmuschel unfähig, auch nur ein Wort zu sagen. Freudige Erregung vermischte sich mit großer Trauer. Sie war traurig, dass die junge, schöne Rote Schlinge getötet worden war, aber gleichzeitig klopfte ihr vor Freude darüber, dass Wilder Fuchs den Weg zu ihr gefunden hatte.
    Plötzlich schaute der Mann zu ihr auf, und sie sah Tränen auf seinen Wangen schimmern. Geschwind kniete sie nieder und sah ihm in die Augen. »Was ist geschehen?«
    »Es hat… es begann schon beim Tanz. Kupferdonner… er … er beobachtete Rote Schlinge wie ein Wolf seine Beute. Ich konnte es nicht ertragen, Sonnenmuschel. Ich wartete, bis ich Rote Schlinge allein für mich hatte, und dann …«Er schluchzte jetzt laut und klammerte sich an ihren Umhang, als wäre er ein Seil, das einem Ertrinkenden zugeworfen wird.
    »Ich bin hier bei dir, Wilder Fuchs«, sagte Sonnenmuschel beruhigend. »Ich bin hier. Jetzt erzähl mir alles. Was hast du getan?«
    »Ich habe sie überredet, mit mir davonzulaufen«, rief er mit tränenerstickter Stimme. Die Worte stürzten förmlich aus seinem Mund, schnell und abgehackt. »Und jemand hat uns belauscht. Wir … ich … ich weiß nicht, wer, ich habe niemanden gesehen, aber er hat wohl beschlossen, sie aufzuhalten, und er … o ihr Götter!« Wilder Fuchs lehnte seine Stirn an die ihre. »Es ist meine Schuld. Ich habe sie getötet, Sonnenmuschel. Ich war es!«
    Sonnenmuschel wurde bleich. Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen. »Du … du hast sie getötet? Du …«
    »Nein!« Er starrte sie an, und in seiner Stimme zitterte die Angst. »Beschuldige du mich nicht! Ich habe es nicht getan. Ich … ich sage dir, ich war es nicht. Sie war schon tot, als ich sie fand. Lag da, auf der Erde. Und Blut … überall war Blut.« Er blickte auf seine rechte Hand und schauderte.
    Seine Finger bohrten sich wie die Krallen eines Adlers in ihre Schultern, und Sonnenmuschel knirschte mit den Zähnen, um nicht laut aufzuschreien. Sie sagte: »Natürlich hast du sie nicht getötet.
    So etwas könntest du nie jemandem antun. Nicht jemandem, den du liebst, Wilder Fuchs, das weiß ich.
    Aber lass mich los, du tust mir weh.«
    Als würde er sich jetzt erst seiner Kraft bewusst, gab er sie frei und trat einen Schritt zurück, die dunklen Augen weit

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