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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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sich in sein Gesicht, um die Geheimnisse seiner Seele zu ergründen.
    Suchte sie etwa nach Zeichen der Schwäche? »Nein, Weroansqua, ich bin der Häuptling von Flache Perle. Ein Mann hat seine Pflicht zu tun und gut zu tun, auch wenn sie ihm nicht gefällt. Wenn dieses Unternehmen überhaupt vollbracht werden kann, dann ist dazu niemand geeigneter als ich. Und wenn es so beschlossen wird, dann muss es so schnell und so gut und so sauber wie möglich erledigt werden. Wir können uns keine Fehler leisten, die eine schlechte Situation in eine Katastrophe verwandeln würden. Wir können bestenfalls hoffen, dass es uns gelingt, blitzartig zuzuschlagen, den Jungen zu erwischen und sofort zu verschwinden und das Ausmaß des Schadens für Drei Myrten und seine Verteidiger so gering wie möglich zu halten.«
    »Um die Wut und den Hass auf ein Minimum zu begrenzen?« Die fragend hochgezogene Braue von Jagender Falke veränderte das Muster der Falten auf ihrem Gesicht. »Das, Häuptling, könnte unsere einzige Hoffnung sein. Wenn du leicht hineinkommst, Wilder Fuchs packen und fliehen könntest, ohne allzu viele Menschen zu töten, könnten wir anschließend einen Kompromiss aushandeln. Wir dürfen sie nicht so sehr demütigen, dass eine Wiedergutmachung ausgeschlossen ist.«
    »Damit uns dies gelingt, muss ein Wunder geschehen. Beten wir, dass Okeus an jenem Tag lange schläft.«
    »Du würdest beinahe alles tun, um es zu verhindern, nicht wahr?«
    »Und? Würdest du es nicht ebenso tun? Du kennst doch die Folgen.«
    »Ehrlich, Häuptling, wenn du mir einen sauberen Ausweg zeigst, dann nehme ich ihn. Das schwöre ich bei Okeus.« Sie trank ihren Tee aus und winkte ab, als er ihr aufhelfen wollte. Sie verzog das Gesicht, als sie sich aufrichtete und sagte: »Schlaf gut, Häuptling. Träum von einer Taktik, die diesen Überfall gelingen lässt. Ich will den Jungen, und ich will kein Blutvergießen.«
    Sie nickte ihm kurz zu und humpelte zur Tür, und ihr Sassafrasstock klickte auf dem festen Erdboden.
    Neuntöter starrte ihr nach, eine tiefe Falte auf der Stirn. Er stellte sich vor, wie sie durch die neblige Nacht hinkte, gebückt und mit zusammengezogenen Schultern das Dorf durchquerte wie eine Spinne, die über ihr tödliches Netz klettert.
    Kurz darauf spähte Rosenknospe durch die Tür.
    »Alles in Ordnung?«
    »Nein, Schwester. Nichts ist in Ordnung. Ich fürchte, Okeus lacht in dieser Nacht über uns.«

Zehn
    Der kalte Wind aus Nordwesten schickte weißbemützte Wellen in die kleinen Buchten der Flussarme vor Drei Myrten. Das Wasser hatte eine mattgrüne Farbe angenommen und schien alles Warme und Lebendige zu scheuen. Tief hängende graue Wolken türmten sich im Südosten und ließen die kahlen Äste der Bäume noch trostloser erscheinen. Nebelfetzen wehten über die Palisaden, die Drei Myrten umgaben, und befeuchteten die Wettergeprüften Pfosten, sodass sie glänzten. Die mit Schilf gedeckten Langhäuser waren ebenfalls in Nebel eingehüllt und wirkten düster. Blaue Rauchwölkchen glitten über die Runddächer, bevor der Wind sie zerteilte.
    Es war kein Tag zum Reisen. Ein einsames Kanu hob und senkte sich auf den hohen Wellen und näherte sich dem Steg des Dorfes. Der Paddler darin hatte sich eine Stoffdecke über den Federumhang gelegt, und auf dem Kopf trug er eine Kappe aus Biberfell. Von Zeit zu Zeit legte er das Paddel auf den Dollbord und schöpfte mit einem Schalenbecher Wasser aus dem Boot. Dann nahm er den Kampf wieder auf und steuerte das Boot zu der Reihe der an Land gezogenen Kanus.
    Als der Bug des Einbaums über den Sand glitt, war ein Schrei aus dem Dorf zu hören. Der Fremde stapfte an Land und zog das Kanu auf den Strand, und schon erschienen die Krieger des Dorfes mit schussbereiten Bogen.
    Der Fremde hob die Hände und rief: »Ich komme mit einer wichtigen Nachricht für Schwarzer Dorn.«
    Schwarzer Dorn trat aus dem Einlass in den Palisaden; er trug eine Decke um die Schultern. »Ich bin Schwarzer Dorn, Weroanzi von Drei Myrten. Wer … Steinknolle, bist du das?«
    »Ich bin es, Weroanzi. Ich bringe eine Nachricht.«
    Schwarzer Dorn blieb unvermittelt stehen und legte den Kopf auf die Seite. »Welche Nachricht könnte mir der Unterhäuptling von Neuntöter bringen?«
    Steinknolle hob seine leeren Hände. »Neuntöters Unterhäuptling bringt dir nichts; aber Steinknolle, Sohn von Blauer Fisch vom Tellmuschel-Clan ist gekommen, um dich zu warnen: Neuntöter sammelt in diesem Augenblick Krieger, um

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