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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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schwer gefallen, Freundschaften zu schließen. Die einzigen richtigen Freunde, die sie je gehabt hatte, waren tot: ihr kleiner Bruder Himmelsbogen und Gauner.
    Das runde, lächelnde Gesicht ihres Bruders zeichnete sich als Erinnerungsbild auf dem unsichtbaren Gewebe ihrer Seele ab. Zaunkönig wurde das Herz schwer wie Blei.
    Sie packte die beiden Holzstöcke, die neben den Herdsteinen lagen, angelte damit ein Stück rot glühende Kohle aus dem Feuer und ließ es in ihre Holzschale fallen. Dann zerstieß sie das Kohlestück mit dem Steinbeil und schwenkte anschließend die Schale, um die Glut darin zu verteilen. Als das Holz zu qualmen begann, schüttete sie die Glutstückchen zurück ins Feuer. Sie hatten das Holz recht gleichmäßig verkohlt. Jetzt nahm Zaunkönig den Schaber aus Obsidian zur Hand. Der Stein, oben angerundet und etwa so groß wie ihr Handteller, funkelte im letzten Licht des Tages. Der Griff, an dem der Schaber mit den Hirschsehnen befestigt war, war etwa so lang wie ihre Hand. Sie kippte die Schale, drückte die Seitenwand fest auf den Boden und begann das verkohlte Holz abzukratzen, bis darunter das helle Pappelholz zum Vorschein kam. Durch das Ausbrennen und anschließende Auskratzen entstand der Innenraum einer Schale. Die Hitze der Glut härtete gleichzeitig das Holz. Aber bei diesem Vorgang musste man peinlichst darauf achten, hatte ihnen Sumpfbohne eingeschärft, dass kein Wasser in das Holz gedrungen war. Denn falls sich in einem Spalt Feuchtigkeit angesammelt hatte, bildete sich beim Ausbrennen Wasserdampf, und der zersprengte die Schale. Zaunkönig hatte das schon einmal erlebt. Zuerst kam ein lauter Knall, dann flogen die einzelnen Holzteile den Leuten um die Ohren.
    Nach einer Weile sagte sie zu den beiden Mädchen: »Mir ist es gleichgültig, wen ihr mögt oder nicht. Meiner Meinung nach habt ihr beide soviel Hirn wie eine Raupe, wenn ihr das Falsch- gesicht-Kind verurteilt, ehe ihr alle Seiten gehört habt - nicht nur den Klatsch und Tratsch, der in euren Langhäusern erzählt wird. Wenn …«
    »Willst du etwa behaupten, Eistaucher, Moosschnabels Ehefrau, sei eine Klatschbase?«, schnappte Dunkler Wind. »Ihr Mann ist tot!«
    Zaunkönig kratzte mehr verkohltes Holz aus ihrer Schale und warf es ins Feuer. »Eistaucher ist verzweifelt vor Kummer. Ihre Worte kann man im Augenblick nicht ernst nehmen.« »Es ist nicht nur Eistaucher, die so denkt. Ich habe gehört, dass alle Bewohner von Maiskuchens Haus das gleiche Urteil abgeben werden - Tod.«
    Rebenstock grinste und entblößte dabei ihre langen Hasenzähne. »Das habe ich auch gehört.« »Haben wir nicht schon genug Tote zu beklagen?«, warf Zaunkönig wütend ein. »Das Mindeste, was wir Weißer Reiher, Moosschnabel und Schädelkappe schuldig sind, ist, sorgfältig abzuwägen, ehe wir ein weiteres Leben auslöschen.«
    »Wäge du nur ab.« Dunkler Wind benutzte jetzt die Holzstecken, um Glut aus der Feuergrube zu heben und in ihre schlampig geschnitzte Holzschale zu werfen. Sie hatte sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, die Wurmlöcher mit passenden Holzsplittern zu verschließen, wie Sumpfbohne es ihnen gezeigt hatte. »Ich weiß bereits, wofür ich stimme.«
    Zaunkönig wurde es eiskalt ums Herz. Anscheinend hatte sich jeder im Dorf bereits entschieden. Außer ihr. Ihre Hand stahl sich unter ihren Umhang, um den verknoteten Lederstreifen anzufassen, der an ihrem Gürtel hing. Ein kleiner Teil von Gauners Seele löste sich von dem Spielzeug und erwärmte ihr Herz wie eine einzelne Flamme in einer dunklen Winternacht.
    »Was machst du da?«, zischte Dunkler Wind, den Blick auf die Stelle geheftet, wo Zaunkönigs Hand unter dem Umhang das tröstende Erinnerungsstück umklammerte. »Streichelst wohl wieder diesen zerkauten Lederfetzen, wie? Also wirklich, Zaunkönig, du benimmst dich wie ein Kleinkind von fünf Wintern!«
    Zaunkönig zog ihre Hand heraus und ballte sie zur Faust. Dann stand sie auf, ging um die Feuergrube herum und hielt Dunkler Wind die Faust vor den offen stehenden Mund. »Und du benimmst dich, als seist du scharf auf eine gebrochene Nase.« »Das wagst du nicht…!« »Was ist denn da drüben los?«, rief Sumpfbohne und stapfte auf Zaunkönig zu. Das Gewicht ihres ausladenden Körpers ließ den Boden bei jedem ihrer Schritte erzittern. »Zaunkönig, prügelst du dich schon wieder?«
    »Noch nicht.«
    Blitzschnell überlegte Zaunkönig, ob sie es wohl schaffte, Dunkler Wind eine Ohrfeige zu geben und schnell

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