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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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er durch das steifgefrorene Gras stapfte, auf den Pfad zu, der ihn zurück ins Erdendonner-Dorf brachte. Währenddessen stützte Sperling die zitternden Arme auf die Knie. Die letzten drei Tage hatten ihn mehr Kraft gekostet, als er erwartet hatte. Er atmete ein paar Mal tief ein und ließ langsam die Luft entweichen, während sein Blick durch den Wald schweifte. Der Stand der Sonne hatte sich verändert. Glitzernden Vorhängen aus fein gesponnenem Flachs gleich fiel das Licht jetzt durch die Bäume, und wo es auf den Waldboden traf, dampfte die Erde.
    Tannen und Fichten säumten den Pfad und verströmten ihren harzigen Duft. Der Pfad wand sich um einen Erdhügel, schlängelte sich durch flaches Gestrüpp auf eine flache Felsbank zu. Sperling schaffte es bis zu der steinernen Ebene und blieb dann stehen, um zu verschnaufen. Er sog tief die Luft in die Lungen und hörte dabei kaum, dass Windmutters Stimme sich verändert hatte. Das leise Wispern war zu einem tiefen, dumpfen Grollen angeschwollen. Als er das Heulen eines Wolfs in der Ferne hörte, fuhr Sperling herum. Sein langes weißes Haar wehte ihm ins Gesicht. Das schrille, klagende Heulen ging ihm durch und durch. Hinter ihm knackten Äste.
    Sperling blickte über die Schulter und erwartete, Großer Blauer zu sehen, doch da waren nur abgebrochene Äste. Der Kragen seines Mantels flatterte im eisigen Wind.
    Er hörte das Geräusch wieder, zu seiner Linken diesmal, wie Äste, die unter schweren Schritten zerbrachen. Ganz in seiner Nähe.
    Ehrwürdige Geister, ich habe doch hoffentlich keinen Puma aufgestöbert! Oder einen missgelaunten Elch? Ganz langsam drehte er sich um. Die trockenen braunen Blätter, die noch an manchen Zweigen hingen, flatterten raschelnd im Wind und verursachten ein wundersames Wechselspiel zwischen Licht und Schatten. Vielleicht war es nur ein Reh oder ein…
    Jetzt drang ein anderer Laut an sein Ohr, leise, rhythmisch, wie der Atem eines Tieres, das auf ihn zukam.
    Sperling sträubten sich die Haare im Nacken. Unwillkürlich wich er einen Schritt zurück. Das Atmen schien jetzt von überall her gleichzeitig zu kommen, als lebte es in Windmutters Herz. Sein Blick huschte von einem Schatten zum nächsten. »Da ist überhaupt nichts!«, sagte er laut zu sich selbst. »Nichts. Schau dich doch um! Du bist nur …«
    Plötzlich zerbarsten Äste über seinem Kopf. Sperling ließ sich bäuchlings auf den Boden fallen und suchte kriechend Deckung. Erst als er es hinter einen Haufen abgebrochener Äste geschafft hatte, wagte er es, aufzusehen.
    Im Gipfel der Fichte hockte ein Eichhörnchen und kaute wie besessen mit vollen Backen. Irgendwelche kleinen Brocken segelten zu Boden. Sperling spähte hinauf, um zu sehen, woran das kleine Tier nagte. Es ließ einen Fichtenzapfen fallen, der mit sirrendem Geräusch nach unten taumelte und dabei krachend gegen die unteren Äste schlug.
    Dann wurde es wieder still im Wald, das Sonnenlicht fiel beinahe unerträglich glitzernd durch die Bäume. Sperling war nach Lachen zumute. Er rollte sich auf den Rücken und gönnte seinen ausgepumpten Lungen ein paar Augenblicke lang Ruhe. »Ehrwürdige Geister«, rief er aus, »was bin ich doch für ein ausgemachter Narr!«
    Irgendwo in seiner Nähe wisperte eine schaurig kindliche Stimme: »Ja, das bist du.« In Sperlings Adern gefror das Blut.

2. Kapitel
    Lahmer Hirsch fiel das von silbernen Strähnen durchzogene pechschwarze Haar in das kantige Gesicht, als er sich vorbeugte, um sich die Hände am Feuer zu wärmen. Ihm gegenüber auf einem Holzklotz saß der Häuptling des Buntfelsendorfs, das runzelige Gesicht zu einer mürrischen Miene verzogen. Der alte Mann hatte seit geraumer Zeit kein Wort gesprochen. Lahmer Hirsch wurde immer unruhiger. Er wollte aufstehen und seinen Pflichten als Kriegsführer nachgehen, aber der Klan-Älteste hatte ihn zu sich gerufen und so musste er bleiben, bis er entlassen wurde. Das ausgemergelte Gesicht von Rote Pfeife erinnerte an eine Dörrpflaume. Die wenigen grauen Haare auf seinem fleckigen Schädel bauschten sich um seine Ohren. Er trug einen sorgfältig gegerbten Umhang aus feinstem Büffelleder; das mit den Haaren nach innen verarbeitete Fell schmiegte sich angenehm warm an seine Haut. Um den Kragen rankte sich ein sternförmiges Muster aus blauen und gelben Stachelschweinborsten. »Also«, murmelte Rote Pfeife schließlich, »was sollen wir tun? Abwarten? Oder unser Schwesterdorf mit der Bitte um Unterstützung

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