Vox
Geschirrspüler ja noch nie gewesen. Er quetschte die letzte Gabel hinein, doch in seiner Ungeduld, die Spülerklappe zuzumachen und ins Bett zu gehen, achtete er nicht darauf, ob die Gabel auch ganz im Korb steckte, jedenfalls war sie nicht ganz drin, weil die Gabeln so dicht gedrängt waren, daß er sie richtiggehend hätte runterdrücken müssen, damit sie drinblieb. Es war so ein älteres Gerät, und als die Gabel von der ersten kräftigen Wasserdusche aus der Düse unten nach oben gestoßen wurde, fiel sie heraus, und zwar zufällig so, daß sie sich, Zinken nach oben, irgendwie zwischen einem Teller und der kleinen Schlaufe am Handgriff eines Topfes verhakte, und der Griff baumelte so weit nach unten, daß der untere Sprüharm volle Elle dagegenschwang und eine Scharte hineinschlug, wodurch sie wieder nach oben schwang, aber nicht ganz aus dem Weg, und so schwang sie immer wieder in die Bahn des Sprühdings runter und wurde ziemlich ramponiert, und bis der Typ dann wieder in die Küche kam und den Geschirrspüler abschalten konnte, der gräßlich klang, war die Gabel übel zugerichtet. Er trocknete sie mit einem Papiertuch ab, und die schartigen Stellen zerrissen das Papier, und das war zuviel für ihn, fast hätte er die Gabel weggeschmissen, und er ging sehr niedergeschlagen ins Bett und fragte sich, was das alles überhaupt sollte. Okay? Und nun befand sich in dieser Stadt ein Juweliergeschäft, das man vielleicht ein wenig zu trendy nennen könnte, aber es war trotzdem ganz schön, es gab da keine Diamanten oder Smaragde oder dergleichen konventionelle Superpretiosen, es hieß ja auch ‹Harveys Halbedel›, nach Harvey, dem Besitzer – und vor allem gab es da Kunsthandwerkskram und Sammlerstücke zu kaufen. Und du hast da gearbeitet.»
«Ich?» sagte sie.
«Folgendes war nämlich geschehen, du hattest an der Uni studiert, und du hattest einen Abschluß als Silberschmied, dazu ein paar Graduiertenkurse in Anhängereinfassen und Perlenbohren, und du fandest, du hättest ein ausgezeichnetes Auge, und wirklich, du konntest Armbänder, Ohrringe und besonders Halsbänder machen, die den Leuten auch standen und nicht nur im Schaukasten gut aussahen; manche Arbeiten von dir sahen im Schaukasten sogar ein bißchen kurios, ein bißchenknubbelig und unsicher aus, aber dann am Körper – göttlich. Du machst also deinen Abschluß, und es wird Zeit, daß du dir deinen Lebensunterhalt verdienst, und du machst mit deinen besten Arbeiten die Runde durch die verschiedenen Schmuckgeschäfte, und die Reaktionen sind durchwachsen, ehrlich gesagt, die Welt ist noch nicht ganz bereit für dich, und schließlich gehst du damit zu Harveys Halbedel, das du bisher gemieden hast, weil es ein bißchen für die breite Masse ist – tatsächlich hat es einst als Headshop angefangen, und Harvey ist ein reichlich alter Knabe mit einer großen Sammlung ausgefallener Zigarettenetuis aus den zwanziger Jahren, was dich, wie du merkst, traurig macht, und er hat so einen, wie du findest, altertümlichen Geruch, aber du stellst ihm deine Sachen vor, und er scheint nett zu sein, und er macht dir Mut bei deiner Arbeit, und du beschließt, sei’s drum. Die einzige Bedingung ist nur, wenn du für Harvey arbeitest, dann mußt du im Laden arbeiten, in einem kleinen Glaskabäuschen, das irgendwie so von einem der Schaufenster hereinragt, daß die Passanten auf der Straße dir bei der Arbeit zuschauen können. Das läßt dich etwas zögern, doch er zieht den Vorhang zu, bittet dich, Platz zu nehmen, und der Raum ist so schön, zu beiden Seiten viele viele kleine praktische Holzschubladen, und ein ganzer Satz Silberschmiedewerkzeuge, die an kleinen Federclips stecken, und eine schöne Flamme, ja, eine schöne blaue Flamme mit gelber Spitze, und es wirkt wirklich ganz gemütlich und ist trotzdem natürlich von der Straße einzusehen, und so fängst du dann mit der Arbeit an. Und Harvey könnte nicht netter sein – er behandelt dich mit freundlicher Ironie, und wenn du ein Stück machst, das ihm besonders gefällt, dann sagt er das auch deutlich. Er richtet im Laden einen Schaukasten ein, der nur für deine Arbeiten ist, und es stört ihn nicht, wenn du mal ein bißchen zu spät kommst. Und während der ersten paar Monate fängst du mit einer Serie Armreife, einfacher eleganter Silberarmreife an, die Harvey in den Kasten legt. Natürlich sind viele Kunden, die in den Laden geschlendert kommen, junge Männer, die Schmuck für die Dame ihres Herzens
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