VT02 - Der gierige Schlund
gestürztgeschmissen, bevor ich mich um euch kümmerte. Haben auch Iinz gestört, haben hier nichts zu suchen.«
»Du hast Gruh gefangen? War eine Menschenfrau bei ihnen? Etwas kräftiger gebaut, aber hübsch und adrett.«
»Frau war dabei, ja. War aber nicht hübschnett. Fett und plump, wie ein Kriechkäfer, den man auf den Rücken legt. Schimpft und tränt und plappert, ganzeganze Zeit. Bäh!« Aksama spuckte angewidert aus.
Tatsächlich! Die Prinzessin lebte noch! Kingas Herz tat einen Sprung. Der Verrückte sah Lourdes anders als er, so wie auch die Kilmalier. Sie erkannten nicht die Anmut und den besonderen Charme Lourdes. Dieses Privileg blieb alleine ihm vorbehalten.
Nun galt es, vorsichtig zu sein. Er musste einen Zugang zu seinem Gegenüber finden. Ihm schmeicheln, seine Pläne in Erfahrung bringen und im geeigneten Moment eine Chance nutzen, um diesem Wesen zu entkommen.
»Warum hast du mich gerettet?«, stellte Kinga jene Frage, die ihm schon lange auf der Zunge lag. »Was unterscheidet mich von meinen Kameraden, die du so schändlich getötet hast?« Bevor er an Flucht denken konnte, musste er seine wild durcheinander schwirrenden Gedanken sammeln.
»Deine Kette«, antwortete Aksama, plötzlich wieder mit klarer Stimme. »Ich habe sie Zhulu geschenkt, als er die Ausbildung zum Woormreiter begann. Als ich dich in der Höhle des Wütenden Herrn sah, wie du an mir vorbei triebst, mit den glitzeglänzenden Steinen, hab ich mich erinnert.« Er kicherte. »Hab mein eigenes Leben riskiert, um dich rauszufischen. War schwer, war anstrengend, war knapp. Aber ich kann gutbesser schwimmen und wusste, wo der Ausgang aus meiner eigenen Falle war.« Er klopfte sich mit der Faust auf die Brust und lachte neuerlich. »Bin schlau, mache gute Pläne. Habe das ganze Labyrinth so hergerichtet, dass mir niemand entkommen kann. Und niemand Iinz schaden kann.«
Das Amulett also. Es hatte ihm das Leben gerettet.
Neuerlich verfluchte Kinga Zhulu wegen dessen Geheimniskrämerei. Der Quarting hatte sich geschämt oder nicht getraut, mehr als auch nur unbedingt notwendig über seinen Bruder zu erzählen.
»Und meine Kameraden?«, fuhr Kinga so ruhig wie möglich fort. »Du hast sie getötet, einen nach dem anderen.«
»Bist du dumm?«, schrillte Aksama. »Hörst du nicht zu? Ihr hattet hier nichts zu suchen. Iinz leidet, wenn’s zu laut ist. Hat dann Bauchschmerzen.« Er deutete anklagend mit einer Hand auf ihn. »Deine Freunde haben den Tod verdient. Und du auch! Bist nur geschützt durchs Amulett. Weil ich irgendwann mal ein Mensch der Oberfläche war und einen Bruder hatte.«
Aksama stank erbärmlich. In seinen Haarzotten tummelte sich Ungeziefer. Flöhe sprangen fröhlich umher, Motten und kleine Fleggen umflatterten ihn.
»Wer ist Iinz?«, hakte Kinga nach, während er sich allmählich hoch stützte. Er hielt sich an der schmierigen Spitze eines meterhohen Stalagmiten fest und versuchte durch langsame Bewegungen und regelmäßige Atmung seinen Kreislauf allmählich wieder in Schwung zu bringen.
»Iinz ist alles«, schwärmte Aksama. »Iinz ist der gute Geist der Höhlen, ist die Mutter allen Seins, ist mehr als wir alle zusammen.« Der Wahnsinnige stampfte mit einem Fuß heftig auf. »Ohne Iinz gibt’s kein Leben, keine Hoffnung.«
»Und du bist ein… Diener von Iinz?«
»Genau!« Aksama strahlte. »Bist doch nicht so blöd, wie ich dachte.«
Sein Gegenüber betete also einen Götzen oder eine Gottheit an. Der ehemalige Woormreiter hatte sich vor Jahrzehnten aus irgendeinem Grund hierher zurückgezogen. War in der ewigen Nacht und der Einsamkeit verrückt geworden und frönte seitdem kultischen, sinnentleerten Handlungen.
»Wir wollten Iinz niemals etwas antun«, sagte Kinga bedächtig. »Meine Kameraden und ich waren auf der Suche nach den Gruh und der entführten Frau.«
»Schweig!«, schrie ihn Aksama an. Er wich zurück, griff in einen Kothaufen und schleuderte die trockene Masse in seine ungefähre Richtung. »Menschen dürfen nicht hier sein! Nur ich! Nur der Hüter! Ich allein sorge für Iinz. Ihr wisstahnt nicht, was es bedeutet, Iinz zu schaden…« Aksama beugte sich vor, als habe er Magenschmerzen. Sein Gebrabbel wurde immer leiser, wurde zu einem sinnentleerten Singsang.
Kinga ging langsam auf ihn zu. Alle seine Muskeln schmerzten, und jeder Schritt wurde zur Überwindung.
»Verzeih mir«, sagte er leise. »Es tut mir Leid. Ich hatte keine Ahnung…«
Er war ganz nahe an Aksama heran. Er roch
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