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VT04 - Zwischen Leben und Sterben

VT04 - Zwischen Leben und Sterben

Titel: VT04 - Zwischen Leben und Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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ungünstige Zeichen und dergleichen.
    »Hey, Sie!«, rief eine Männerstimme hinter ihm. Er drehte sich um. Ein großer massiger Bursche mit einer verfilzten Rastamähne quälte sich aus seinem kleinen schwarzen Fiat. »Warten Sie mal!« Der Mann winkte. Vielleicht war er vierzig, vielleicht dreißig; jedenfalls war auch er zu alt für so ein Konzert. Oder hatte er, van der Groot, einen Trend seiner eigenen Generation verpasst?
    Der Mann schaukelte ihm entgegen.
    Sein rechtes Auge war geschwollen, seine aufgeplatzte Oberlippe blutete. »Sie müssen Doktor Unsterblich sein!« Er grinste und reichte ihm die Pranke. »Ich bin Ingo Vranitzki, meine Freunde nennen mich Knox.«
    ***
    Moshi, Tansania, Weihnachten 2009
    Die elektrischen Kerzen eines sieben Meter hohen Weihnachtsbaums brannten. An den Bunkerwänden hingen Girlanden aus leuchtenden Plastiksternen und Tannenzweigen aus grünem Kunststoff. Weißhäutige blonde Frauen mit blauen Lidern und dunkelrot geschminkten Lippen sangen: »O du Fröhliche!«
    Bodo legte den Arm um den Chauffeur Willi Keller. Beide hatten Tränen in den Augen. Charles Poronyoma machte ein zufriedenes Gesicht. Leise sang er die Melodie des Weihnachtsliedes mit. Es machte ihn wehmütig, wie so vieles aus Deutschland. Das Lied rief die Erinnerungen an die schönen Jahre seiner späten Kindheit wach, als sich die deutschen Missionare in der Missionsschule um seine Erziehung bemüht hatten. Jedes Wort des Liedes konnte er auswendig.
    Nach dem festlichen Ständchen bekamen alle ein stattliches, in glänzendes Geschenkpapier gehülltes Päckchen. Die Mädchen, Fred, Bodo, die Techniker, Willi, die Sicherheitsleute, Nyanga, die drei schwarzen Jungfrauen, die sie mitgebracht hatte, alle.
    Charles Poronyoma sah mit glänzenden Augen zu, wie sie ihre Geschenke öffneten. Sie packten Blumenvasen, iPods, Geschirr, Elektroartikel und Ähnliches aus. Poronyoma hatte das Zeug über ein deutsches Versandhaus kommen lassen.
    Sein Weihnachtsgeschenk waren die drei Jungfrauen. Nyanga, die Voodoopriesterin, hatte sie aus ihren Dörfern losgeeist. Der Außenminister hatte ihr viel Geld dafür gezahlt. Aber das war er sich schuldig; und Nyanga sowieso. Er spielte mit dem Gedanken, sie zu seiner persönlichen Beraterin zu machen.
    Nach der Bescherung wurde das Festmahl aufgetragen. Es gab Flugente mit Rotkraut und Leberknödeln. Dazu bayrisches Weißbier und württembergischen Rotwein. Charles Poronyoma hatte einen bayrischen Koch einfliegen lassen, um das Festmahl zu bereiten. Der Koch hieß Edmund. Bodo, Willi und Fred nannten ihn Eddie.
    Während der ganzen Feier trug Poronyoma einen hinten silbergrauen und vorn schiefergrauen Pelzmantel. Er hatte ihn aus dem Fell des Silberrückens anfertigen lassen, der seinen Vorgänger im Amt des Außenministers getötet hatte.
    Als Vorspeise aß er die Hoden des Gorillas. Anfang Oktober, gleich nach dem bedauerlichen Zwischenfall im Grenzgebiet zu Ruanda und Burundi, hatte er sie einfrieren lassen.
    Die Einweihung seines privaten Atombunkers schien ihm ein geeigneter Anlass, die Kostbarkeiten zu verspeisen. Zumal er seine Geschenke noch nicht ausgepackt hatte. Schon zur Vorspeise trank der Außenminister reichlich Weißbier.
    »Sie haben einen wunderbaren Atombunker hier, Eure Excellenz«, sagte Eddie, als er sich nach dem Dessert mit seinem Weißbier neben den Außenminister setzte. »Eine wirklich schöne Immobilie, und dazu so praktisch. Allerdings – die Aussicht auf den Kilimandscharo ist nicht so prickelnd, nicht wahr?« Er lachte tief und freundlich, man konnte ihm einfach nicht böse sein. »Sagen Sie, Eure Excellenz – braucht man das in dieser Gegend? Einen Atombunker meine ich.«
    Charles Poronyoma war nicht mehr ganz nüchtern. Und so nahm er dem Deutschen seine reichlich naive Frage auch nicht weiter übel. »Hör zu, Eddie«, erklärte er. »Ich bin Außenminister eines der wichtigsten afrikanischen Staaten. Was glaubst du denn, wie viele Tyrannen der nichtdemokratischen Nachbarländer mir nach dem Leben trachten?«
    »Ach was!«, entfuhr es dem erstaunten Koch. Das gute Deutsch des Außenministers fiel ihm gar nicht auf. Das allerdings verstimmte Poronyoma nun doch ein wenig.
    »Dazu kommt der Nachtragendste aller gegnerischen Politiker.« Poronyoma senkte die Stimme. »Gott. Glaubst du etwa, ein Politiker wie ich kann sich immer im Rahmen der zehn Gebote bewegen? Nein, kann er nicht. Und irgendwann wird Gott ihn dafür bestrafen, verstehst du das,

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