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VT06 - Erstarrte Zeit

VT06 - Erstarrte Zeit

Titel: VT06 - Erstarrte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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einer seiner offiziellen Gattinnen. Das Mädchen rauschte davon und verschwand in der Küche.
    »Sie wissen, dass ich hart arbeite, mein Kaiser.« Van der Groot setzte sich. »In den nächsten zwei Monaten will ich die Arbeiten an dem Tiefschlafmittel abschließen.«
    »Davon gehe ich aber auch aus, Professor!« Mit einem Glas Weißbier kam die junge Massai aus der Küche zurück und stellte es vor van der Groot auf die Tafel. Der Kaiser nahm sein Glas, und sie stießen an. »Wir werden schlafen und dennoch wach sein! Wir werden wach sein und dennoch nicht altern!«
    »Kaum altern«, korrigierte van der Groot halbherzig. Sie tranken. »Ich benötige noch drei Testreihen.« Van der Groot wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab und stellte sein Glas ab. »Dafür aber reichen mir die Testpersonen nicht. Ich möchte Sie daher bitten, mir die Gefangenen zu Testzwecken zu überlassen, mein Kaiser. Es wäre doch schade, sie einfach so in Salzsäure aufzulösen, wo sie doch der Sache unseres Heiligen Bunkerreiches in viel wirkungsvollerer Weise dienen könnten.«
    Kaiser Karl der Große zog die Brauen zusammen und sah hinüber zu seinen Sicherheitschefs Bodo und Fred. Die Deutschen zuckten nur mit den Schultern. Der Kaiser äugte zur Voodoopriesterin. Doch Nyanga rauchte und saugte ungerührt an ihrer Pfeife; vermutlich verstand sie nicht einmal, worum es ging.
    »Einer muss zur Abschreckung öffentlich hingerichtet werden!«, entschied der Kaiser. »Einer muss vor aller Augen in Salzsäure verdampfen, damit der Virus des Banditentums ein für alle Mal aus meinem Bunkervolk getilgt wird! Suchen Sie fünf für Ihre Testreihen aus, Professor. Aber nur fünf! Der sechste muss übermorgen sterben!«
    Van der Groot bedankte sich höflich, trank sein Bier und aß anschließend Bratwurst mit Sauerkraut und Kartoffelpüree. Höflich lobte er das Essen und versuchte sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen. Das Essen schmeckte abscheulich. Van der Groot hasste deutsche Küche aus tiefstem Herzen; und nicht nur deutsche Küche.
    Als er eine Stunde später die Gemeinschaftshalle durchquerte, stand Eddie aus Rosenheim auf dem Podest, begutachtete das Hinrichtungsarrangement aus Wanne, Kleidertruhe, Hydraulikkran und HCL-Kanistern. Mit dem kleinen Personenkran sollten die nackten und gefesselten Gefangenen im Säurebad versenkt werden. Eddie rieb sich die Hände. »Des gibt fei a Gaudi, wos, Professor?«
    Van der Groot antwortete nicht. Er ging zum Lift, fuhr wieder auf die mittlere Ebene hinunter und betrat den Zellentrakt. Die beiden Wächter nahmen Haltung an. Der Professor galt als unumstrittene Nummer Zwei des Bunkers.
    Eusebia sprang von ihrer Pritsche auf und stürzte an die Gittertür. In ihren weit aufgerissenen Augen stand das pure Entsetzen. »Holen Sie mich hier raus, Doc! Ich flehe Sie an, helfen Sie mir!«
    »Bleiben Sie ruhig!«, zischte van der Groot auf Niederländisch, denn das verstanden die beiden tansanischen Wächter nicht. »Wir arbeiten bereits an einer Lösung.«
    Er ging zur nächsten Zelle. In ihr hockte der schwarze Junge mit dem biblischen Namen vor seiner Pritsche; Joshua. Er hatte die Ellenbogen auf die Knie und seinen schmalen Schädel in die Fäuste gestützt und stierte van der Groot an. Der blanke Hass nistete in seinen Zügen. Möglicherweise war er der unberechenbarste von allen sechs.
    In der dritten Zelle hockte das niederländische Paar eng aneinander gekauert auf seiner Pritsche. Sie beachteten den Professor gar nicht; jedenfalls taten sie so. Die Frau hatte er noch nie gesehen, den Mann dagegen kannte er gut, wie gesagt. Schließlich hatte er ein paar Monate lang eine Zelle in Daressalam mit ihm geteilt. Van Dam war Fotograf.
    »Wie geht’s, Peter?«, fragte van der Groot in seiner Muttersprache. Keine Antwort. »Ich hol euch hier raus.« Weder Vera noch Peter van Dam reagierten. »Wie kommen Sie hierher, Vera?«, fragte van der Groot. Keine Antwort. »Was haben Sie mit diesen Engländern zu tun, mit dem Journalisten und mit dem Musiker? Sie haben doch irgendwas mit Percival zu tun, oder, Vera?«
    Weder Vera noch Peter van Dam antworteten auch nur ein Wort. Vera van Dam hob lediglich den Kopf und blickte van der Groot feindselig an.
    Sie wusste, dass der Mann vor ihrer Zelle für den Amoklauf eines tot Geglaubten in der Amsterdamer Uni-Klinik verantwortlich war. Van der Groot seinerseits aber wusste nicht, dass er die Krankenschwester vor sich hatte, die seine erste Versuchsperson

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