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VT08 - Anti-Serum

VT08 - Anti-Serum

Titel: VT08 - Anti-Serum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Vandis
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»Der Wunsch des Kanzlers ist mir Befehl«, rief er spöttisch und verließ den Saal.
    ***
    Das Schwindelgefühl wurde immer schlimmer.
    Die Wände der Hütte, das ängstliche Gesicht Ne’nes – alles drehte sich vor Maries Augen und zog eine in unterschiedlichen Rottönen gefärbte Schattenspur hinter sich her, deren Elemente ineinander übergingen und sich zu neuen Farbtupfern vor einem tief schwarzen Universum vermählten.
    Marie stieß Ne’ne zurück – und übergab sich. Gallbitterer Geschmack kroch über ihre Zunge. Eine Hand fasste sie an der Schulter.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Mala.
    Marie keuchte. Alles in Ordnung? Nichts war in Ordnung.
    Sie hatte das Gefühl, ein unbeschreiblicher Druck würde ihre Eingeweide zerreißen. Diese Kopfschmerzen… und der Kratzer an ihrer Achsel schien regelrecht zu glühen…
    Es ist nur ein Kratzer.
    Sie spürte kaum, wie sie zu Boden stürzte. Irgendjemand stieß einen Schrei aus. Mala. Sie war vor ihr zurückgewichen und versuchte nun, Ne’ne aus ihrer Nähe zu bringen. Ne’ne schrie und weinte. Marie sah eine blutige Strieme auf dem Gesicht des Kindes.
    Himmel, war ich das?
    »Zurück! Raus aus der Hütte!«, schrie Mala mit überschnappender Stimme. »Marie ist ein Gruh!«
    Ein Gruh?, dachte Marie verständnislos.
    Sie versuchte zu verstehen, was Mala damit meinte, aber sie konnte keinen klaren Gedanken fassen angesichts des Hungers, der auf einmal in ihr wühlte. Sie brauchte Nahrung, etwas zu essen…
    Sie hörte, wie eine Tür knallte, dann waren Mala und… das Mädchen verschwunden. Maries unsteter Blick schweifte in der Hütte umher. Zwischen die rötlichen Schatten mengten sich die Bilder von Strohlagern, einem Tisch, einem Wasserkessel…
    Nein, das war nichts, was ihren Hunger stillen würde.
    Nahrung.
    Sie brauchte Nahrung!
    Aber diese Nahrung – die einzige Nahrung, die ihr helfen würde, ihren Hunger zu stillen, hatte gerade die Hütte verlassen.
    Gleichzeitig wurde der Schwindel immer schlimmer. Maries Kopf explodierte regelrecht in Schmerzen. Sie versuchte sich auf die Beine zu stemmen, taumelte und fiel wieder zurück.
    Nahrung…
    Irgendwo wurde eine Tür auf gestoßen. Licht fiel in die Hütte.
    Nahrung!
    Eine Gestalt tauchte auf, groß und breitschultrig. Marie kannte das Gesicht. Sie überlegte, wem es gehörte… N…
    Ng… Ein kurzer Name, aber es war, als hätte jemand ihr Gedächtnis ausgelöscht.
    Wo war sie?
    Wer war sie?
    Egal. Nahrung.
    Sie unternahm einen erneuten Versuch, auf die Beine zu kommen. Die Nahrung vor ihr machte einen Schritt zurück.
    Nein, nicht weggehen. Muss… fressen.
    Marie streckte die Hände aus…
    … und verlor das Gleichgewicht.
    Dann waren auf einmal die Schmerzen weg, erstickt in einem Wolltuch aus undurchdringlicher Schwärze.
    Sie spürte nicht einmal mehr, wie sie auf dem Boden aufschlug.
    ***
    Goodefroot war gerade auf dem Weg zu Prinzessin Antoinettes Unterkunft, als ihn der Bote erreichte. Es handelte sich um einen der Gardisten, die den Witveer-Landeplatz hinter dem Palast bewachten und nicht direkt de Fouchés Befehl unterstanden.
    Ein Wink des Schicksals, dachte Goodefroot erleichtert und gebot dem Mann zu reden.
    »Es gibt Nachricht aus Wimereux-à-l’Hauteur, verehrter Kanzler!«, rief der Mann aufgeregt.
    »Spreche er!«
    »Eine Roziere mit einer gewissen Doktor Aksela ist soeben eingetroffen. Sie sagt, es gebe Neuigkeiten über die Gruhseuche.«
    Sollte es den Ärzten in Wimereux tatsächlich gelungen sein, das tödliche Geheimnis der Gruh zu entschlüsseln? Der Gedanke war kühn und ließ Goodefroot vor Erregung zittern.
    Er dachte an Prinzessin Marie, die sich womöglich in der Hand der Gruh… Nein, er musste an das Hier und Jetzt, an das Notwendige denken!
    »Bringe er diese Doktor Aksela in den Beratungssaal«, befahl er dem Gardisten, der auf dem Absatz kehrtmachte.
    Goodefroot sah ihm nach und fragte sich, ob er die wenigen Minuten, die ihm verblieben, nutzen sollte, um de Fouché über das Eintreffen der Ärztin zu unterrichten. Aber de Fouché war nur der Sonderbeauftragte für Militärisches. Das Gesundheitswesen ging ihn nichts an.
    Und Prinzessin Antoinette?
    Tatsächlich waren die Verhältnisse keineswegs so eindeutig, wie er es de Fouché gegenüber dargestellt hatte. Antoinette war zwar ebenfalls von kaiserlichem Geblüt, aber das bedeutete nicht automatisch, dass sie Goodefroot gegenüber weisungsbefugt war. Das war nur der Kaiser selbst, der sich allerdings in diesem

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