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VT08 - Anti-Serum

VT08 - Anti-Serum

Titel: VT08 - Anti-Serum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Vandis
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auf.
    Automatisch erwartete sie, dass die Schmerzen von neuem hinter ihrer Stirn explodierten, aber zu ihrer Überraschung blieb alles stumm.
    Von draußen drangen Rufe zu ihr herein.
    Von draußen?
    Sie befand sich immer noch in der Hütte. Sie lag auf einer der Strohmatten, die den Kindern gehörten. Marie versuchte sich umzusehen, aber sie hatte das Gefühl, als wären ihre Nackenmuskeln zu Eis gefroren. Die Kinder waren fort. Mala war fort. Außer ihr selbst war die Hütte leer.
    Nein, halt. Jemand saß neben ihr.
    »Marie?«, flüsterte Nooga.
    Sie starrte ihn an. »W…?«
    … wo bin ich?
    Ihr Versuch zu sprechen endete in einem kläglichen Krächzen. Die Zunge war trocken wie Staub und hing als lebloses Fleischknäuel in ihrem Mund.
    »Wasser…«
    Sie begriff erst, dass sie ihren Gedanken laut ausgesprochen hatte, als Nooga ihr einen Tonbecher reichte. Sie richtete sich auf. Das Wasser war kühl, und kühl war gut.
    »Ich kann sprechen«, presste sie halb sarkastisch, halb überrascht hervor.
    Ich kann sprechen. Ich bin kein Gruh.
    »Du bist mir eine Erklärung schuldig«, sagte Nooga.
    »Weil ich noch lebe?«
    »Über den Kratzer.«
    Sie schob den Aufschlag ihres Oberhemdes zur Seite. Der Kratzer war noch da. Unter der Blutkruste schimmerte bereits rosa die neu gebildete Haut hervor. Sie bewegte den Arm. Die Wunde tat immer noch weh, aber sie hatte sich so daran gewöhnt, dass sie das Ziehen kaum noch wahrnahm.
    »Wie lange war ich bewusstlos?«
    »Ein paar Minuten vielleicht.«
    »Ich kann mich an nichts erinnern.«
    »Du hattest Hunger.«
    »Was?«
    »Ich habe es in deinen Augen gesehen«, sagte er langsam.
    »Du hattest Hunger. Auf mich. Erzähl mir mehr über den Kratzer.«
    Sie versuchte sich zu erinnern, wie die Verletzung entstanden war. Vermutlich beim Kampf mit dem zum Gruh mutierten Kinga, der nachts im Dorf aufgetaucht war.
    Vielleicht auch schon vorher, bei der Auseinandersetzung auf der Andockstation. In jedem Fall waren die Gruh verantwortlich, dass sie…
    Halt. Wenn ich ein Gruh wäre, könnte ich nicht darüber nachdenken, ob ich ein Gruh wäre.
    Die Logik war so bestechend, dass sie sich fast damit zufrieden gegeben hätte. Ein Teil von ihr wollte sich damit zufrieden geben, wollte nicht nachfragen, was der seltsame Schwächeanfall zu bedeuten hatte. Wie schnell wurde die Krankheit spürbar? Wie lange dauerte es, bis die Veränderung abgeschlossen war?
    Nooga blickte sie nachdenklich an. »Ich habe bereits einige Menschen gesehen, die sich in Gruh verwandelt haben. Bei dir ist es anders.«
    »Ich… bin kein Gruh. Den Kratzer muss ich mir anders zugezogen haben.« Sie wollte sich vollends aufrichten, aber Nooga hielt sie zurück.
    »Nein. Ich werde dich erst wieder unter Menschen lassen, wenn ich Gewissheit habe. Wir müssen abwarten.«
    »Aber die Zeit haben wir nicht. Du hast selbst gesagt, dass wir von hier fort müssen. Bevor die Gruh dieses Dorf überschwemmen.«
    Er legte den Kopf schräg. »Du bist eine seltsame Frau. Deine helle Haut, deine Sprache, deine Gedanken… Wenn ich dich nicht kämpfen gesehen hätte, würde ich sagen, du kommst aus den Wolken. Aus einer der Städte, die am Himmel schweben. Aber die Menschen dort würden niemals hierher kommen. Nicht jetzt, wo die Gruh die Gegend unsicher machen.«
    »Woher weißt du das?«, erwiderte sie heftig. »Vielleicht suchen sie längst nach einem Mittel, um euch zu helfen.«
    Nooga lachte kurz und humorlos. »Die Wolkenstädter werden erst wiederkommen und neue Steuerabgaben fordern, wenn die Gruh ausgerottet oder weiter gezogen sind.«
    Marie gab es auf, ihn vom Gegenteil überzeugen zu wollen.
    »Wie auch immer, ihr müsst weg von hier! Bring Mala und die Kinder in Sicherheit, solange es noch geht!«
    »Und was ist mit dir?«
    Sie schlug die Augen nieder. »Ich bleibe hier. Du hast Recht, ich wäre eine zu große Gefahr für euch.«
    »Dann werden die Gruh dich töten.«
    »Ich bin doch sowieso schon tot in deinen Augen.«
    »Sag das nicht. Wäre ich sonst bei dir?« Er schaute sie an, und sie bildete sich ein, in seinen Augen so etwas wie Zärtlichkeit und Sorge zu erblicken. Langsam erhob er sich.
    »Warte hier, Marie. Ich bin gleich zurück.«
    Sie sah ihm nach, wie er die Hütte verließ.
    Irgendwo draußen vernahm sie das Schreien der Kinder. Der Vormittag war angebrochen. Die Sonne kletterte dem Zenit entgegen, und selbst im Innern der Hütte war zu spüren, wie sich die Luft langsam erwärmte.
    Marie machte sich nichts

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