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Vyleta, Dan

Vyleta, Dan

Titel: Vyleta, Dan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pavel und Ich
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Kämpfenden,
zuckten zusammen, wann immer der Ältere den Jüngeren traf. Erst hatte es wie
ein gewöhnlicher Nachmittagskampf ausgesehen, gut, vielleicht war die Paarung
nicht ganz fair, aber wer behauptete schon, dass das Leben fair war? Als Anders
das dritte Mal zu Boden ging, fingen sie an, sich unwohl zu fühlen und sahen zu
ihrem Anführer hinüber, eine unausgesprochene Frage auf den Lippen. Paulchen übersah
ihre Blicke. Sie waren nichts als Kinder. Sie kapierten nicht wirklich, was
hier auf dem Spiel stand.
    Anders
ging zum vierten Mal zu Boden. Er schlug mit dem Gesicht zuerst auf, seine Arme
hatten nicht mehr die Kraft, sein Gewicht abzufangen. Einer seiner Zähne brach.
Man konnte ihn knacken hören. Mit angezogener Hüfte lag der Junge da, zerdrückt
wie ein halb leeres Päckchen Zigaretten. »Das reicht.«
    Georg
hielt mitten im Tritt inne, kam aus dem Gleichgewicht, stolperte und trat
Anders auf die Hand. Hinterließ einen schmutzigen Abdruck auf ihr. Paulchen
hockte sich neben seinen Freund und flüsterte ihm ins Ohr.
    »Wo ist
Sonja? Sag es mir, oder der Colonel massakriert uns alle.«
    »Verpiss
dich«, sagte der Junge, und Blut strömte ihm über das Kinn.
    »Wie du
willst.«
    Diesmal
ging Anders schon beim ersten Schlag zu Boden. Bewusstlos lag er da und
verdrehte die Augen, bis man nur noch das Weiße sah. Einer der Jungen
versuchte, ihn mit Wasser wieder zu sich zu bringen, durchnässte ihm aber nur
Haar und Kleider. Seine Haut war heiß und klamm. Sie konnten nichts tun als
warten. Paulchen hatte nicht damit gerechnet, dass der Junge das Bewusstsein
verlieren würde. »Scheiße«, sagte er und steckte sich eine Zigarette an.
    »Willst
du, dass ich seine Taschen durchsuche?«, fragte Georg. Er kühlte sich die
Fingerknöchel mit Schnee, den er von den Fensterbänken kratzte. »Vielleicht hat
er Geld bei sich oder so was.«
    »Klar«,
sagte Paulchen. »Durchsuch seine Taschen. Alles, was du findest, legst du auf
den Tisch. Vielleicht kriegen wir so raus, wo die verdammte Frau ist.«
     
    Ich war wieder beim Colonel, als der Anruf kam, in seinem
Arbeitszimmer, wo er in Unterhose und Unterhemd stand und sein Hemd bügelte.
Ich hatte natürlich angeboten, es für ihn zu tun, aber der Colonel war eigen,
was seine Wäsche betraf. »Ich habe Ihre Hemden gesehen«, murmelte er bissig und
forderte mich auf, mich an den Rauchtisch zu setzen. »Sehen Sie zu und lernen
Sie was«, sagte er. Bis jetzt hatte er bereits fünf Minuten auf den linken
Ärmel verwandt.
    Das
Telefon klingelte. Er ließ es dreimal klingeln, sagte: »Na, na!«, und ging ohne
große Eile an den Schreibtisch.
    »Ja? ...
Ah, unser Freund Paulchen. Warte, ich gebe dir meinen Krautspeak-Experten.«
    Er winkte
mich heran und spazierte zurück zum Bügelbrett.
    »Er sagt,
die Frau haben sie noch nicht, aber ihre Telefonnummer.«
    »Ihre
Nummer?«
    »Ja.«
    »Hier in
Berlin?«
    »Ja, Sir,
es ist eine Berliner Nummer.«
    »Ausgezeichnet.
Schreiben Sie die Nummer auf, Peterson. Sonst noch etwas?«
    Ich
zögerte. Es hätte einfach sein sollen zu lügen.
    »Spucken
Sie's schon aus, Peterson.«
    »Er sagt,
er hat den Jungen.«
    »Welchen
Jungen?«
    »Pavel
Richters Jungen.«
    »Oh, ich
dachte, den hätten wir getötet.«
    Ich stand
verlegen da.
    »Vielleicht,
Sir«, sagte ich, »ist uns da ein Fehler unterlaufen. Er fragt, was sie mit ihm
machen sollen.«
    »Ihn
festhalten natürlich. Ich komme und hole ihn, wenn ich die Zeit dazu habe.
Sagen Sie ihm, sie sollen ihn mit ihrem Leben bewachen. Jungs mögen es
dramatisch, wissen Sie.«
    Ich
übersetzte Foskos Nachricht und lauschte Paulchens missgelaunter Zustimmung.
Die Verbindung erstarb.
    »Soll ich
Sonjas Nummer wählen?«
    »Um
Himmels willen, nein. Rufen Sie die Polizei an. Die Wache am Tiergarten.
Fragen Sie nach Wachtmeister Studer, und sagen Sie ihm, ich brauche die
Adresse zu der Nummer, und zwar schnell.«
    Er
lächelte selbstzufrieden und wandte seine Aufmerksamkeit dem rechten Ärmel zu.
    »Hoffen
wir, dass Studer nicht die Russen informiert. Den Letzten, den ich jetzt noch
am Hals haben will, ist dieser russische General. Wie heißt er doch noch?«
    »Karpow.«
    »Carp-off, ja. Ein lästiger Bursche, wenn er für einen Bolschewiken
auch hervorragend Englisch spricht.«
     
    Ich verabschiedete ihn. Er bügelte sein Hemd fertig,
kleidete sich mit ausgesuchter Sorgfalt an und griff nach Mantel und
Autoschlüssel.
    »Was ist
mein Befehl?«, murmelte ich, als er sich in den Volkswagen

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