Vyleta, Dan
fassen,
damit sie nicht hinfiel. So aus der Nähe roch er nach Talkumpuder. Lange
Minuten standen sie so da, während der Affe unter ihrem Rock spielte.
Als sie
ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte, half er ihr, die Koffer zu schließen,
und band ein Stück Schnur um den Hals des Tieres. Er packte sich die Koffer
unter den Arm und nahm die Leine des Affen. »Gehen wir nach Hause«, sagte er.
Er wartete nicht auf sie, als er die Wohnung verließ.
Sonja
folgte ihm zu seinem Wagen. Irgendwann hatte ihre Nase zu bluten begonnen, und
sie betupfte sie mit einem Tuch, bis das Blut gerann und trocknete.
Anders erwachte auf dem harten
Holzboden. Er mühte sich, die Augen zu öffnen. Das linke wollte ihm nicht
gehorchen. Irgendetwas drückte darauf, oben aus Richtung seiner Braue. Seine
Beine schmerzten, und das Atmen fiel ihm schwer. Als er versuchte, die Arme zu
bewegen, stellte er fest, dass sie gefesselt waren. Er hatte kein Gefühl in den
Händen.
»Er ist
wach«, verkündete eine Stimme. Das Blut hämmerte in Anders' Ohren, und es war
schwer auszumachen, wer da sprach. Sehen konnte er auch nicht viel. Anders lag
auf der Seite, das intakte Auge direkt auf den Dielen, ein abgebrochener Zahn
erhob sich zackig aus der Maserung. Er versuchte, den Kopf zu drehen, wurde
aber von einem stechenden Schmerz daran gehindert, der ihm vom Schritt her
durch den Leib fuhr. Er fragte sich, ob sie ihn niedergestochen hatten.
»Macht
schon«, krächzte er und hatte Mühe, die Worte aus dem geschwollenen Mund
hervorzubringen. »Schlagt mich nur. Ich sage nichts.«
»Es ist
vorbei, Anders. Wir haben die Telefonnummer gefunden. Jetzt liegt alles beim
Colonel.«
Anders
würgte. Etwas stimmte nicht mit seinem Magen. Er fühlte sich klumpig und
aufgebläht an, wie ein Sack schimmliger Kartoffeln.
»Ihr habt
sie Fosko gegeben?«
»Ja.«
»Warum?«
Er bekam
keine Antwort, spürte jedoch, wie sich jemand neben ihn hockte. Er fühlte eine
Hand in seinen Haaren. Anders konnte nicht sagen, ob ihn die Berührung
besänftigen sollte oder ob sie weitere Schläge ankündigte.
»Vergiss
es«, sagte eine Stimme, nicht unfreundlich. »Du kannst nichts mehr daran
ändern.« Der Junge dachte, dass es vielleicht Paulchen war.
»Ich muss
gehen und sie warnen. Wir werden Pavel befreien.«
Er
versuchte zu kriechen, seinen Körper mit der Kraft seiner Knie über den Boden
zu schieben. Die Hand in seinem Haar wurde zu einer Faust. Sie stieß ihn zurück
auf den Boden, genau auf den abgebrochenen Zahn.
»Du
bleibst hier.«
Eine Decke
wurde über ihn geworfen, und jemand, war das Gunnar?, schob ihm die Ecke eines
Kissens unter den Kopf. »Da ist Wasser, wenn du willst.«
»Drecksack«,
sagte Anders und suchte in seinem Vokabular nach Schimpfworten.
»Arschloch-Sackratte-Bastard-Sau. Ich hasse euch alle.«
Keiner von
ihnen machte sich die Mühe, auf sein Schimpfen zu antworten. Anders lag da und
hörte zu, wie sie herumfaulenzten, rauchten, tranken, Murmeln spielten und
darüber stritten, wer mit dem Kochen an der Reihe war. Es war so, als
belauschte Anders seine eigene Vergangenheit. Im Geiste ging er herum, steckte
jedem von ihnen ein Messer in die Brust und sah zu, wie sie verbluteten. Galle
stieg in ihm auf, und er würgte sie hustend wieder herunter.
Der Colonel fuhr einen Käfer. Zu
einer anderen Zeit hätte sie vielleicht darüber gelacht, so wie er dasaß, den
Bauch hinter das Steuer geklemmt, den Schaltknüppel gegen den Schenkel gedrückt.
Der Abend war klar, tintig, und der Mond hing so tief, dass der Himmel auf den
Baumwipfeln zu balancieren schien. Hinter ihnen leuchtete Berlin. Es war die
Art Abend, die Pavel bestimmt gefallen hätte. Sie verzog das Gesicht, öffnete
das Handschuhfach und suchte nach einer Zigarette. Hinter ihr brabbelte der
Affe, kletterte dem Colonel über die Schulter und ließ sich auf dessen
vorspringendem Bauch nieder. Er hatte seine Pfoten nicht von Fosko lassen
können, seit er in sein Leben zurückgekehrt war.
»Wonach
suchst du?«
»Nach
einer Zigarette.«
»Ich habe
welche in der Manteltasche. In dieser Sardinenbüchse komme ich aber nicht an
sie heran.«
Sie langte
zu ihm hinüber und fuhr mit der Hand durch den Nerz, bis sie die Tasche fand.
Sein Ellbogen rieb ihr über das Gesicht, als er schaltete.
»Entschuldige.«
Sie
richtete sich auf, öffnete das Päckchen und steckte sich eine Zigarette an. Der
Affe kräuselte angeekelt die Nase.
»Ich habe
mit deiner Frau gesprochen«, sagte sie
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