Vyleta, Dan
die Einzelheiten
seiner gegenwärtigen Aktivitäten einzuweihen. So vertraute er ihr neben
anderen »Geheimnissen« auch die traurige Geschichte an, wie er zu Anfang von der
Partei zurückgewiesen worden war, dass sie ihm seinen Tanzschuppen geschlossen
hatten, weil er Jazzmusik gespielt hatte (etwas, das ihn offenbar immer noch
mächtig ärgerte), und wie listig er sich seine Entnazifizierungspapiere
erschlichen hatte. Erst nach und nach begann er auch Hinweise auf seine
gegenwärtigen Aktivitäten einfließen zu lassen, und es stellte sich heraus,
dass er dabei war, hochsensible Informationen in weiterem Sinne
technologischer Natur zusammenzustellen und auf den Markt zu bringen. Mit
finsteren Anspielungen deutete der Zwerg Sonja gegenüber an, dass es sich um
die Art Information handle, für die die Sowjets mit reichlich Gold zahlen oder,
alternativ, morden würden. Sonja gab diese Warnung an unseren gemeinsamen
Auftraggeber weiter.
»Was ist
es?«, kicherte Sonja, während sie an einem erlesenen Glas Chianti nippte, den
der Zwerg während des Kriegs gehortet hatte und nun kistenweise schluckte.
»Was für ein großes Geheimnis verkaufst du da? Komm schon, sag's mir!«
»Menschen«,
verriet er ihr eines Nachts ernst. »Ich verkaufe Deutsche. Die einzigen
Deutschen, die noch etwas wert sind.«
Als Fosko
Sonjas Bericht lauschte, stahl sich ein Lächeln auf seine riesenhaften Lippen.
»Bleib an
ihm dran, mein Täubchen«, schnurrte er in den Telefonhörer. »Du leistest gute
Arbeit.«
Manchmal
fragte ich mich, ob es ihr etwas ausmachte, mit einem Zwerg für Geld zu vögeln.
Das Ziel
des Colonels war sehr einfach: die Informationen in seine Hände zu bekommen,
ohne dass jemand von seiner Verstrickung erfuhr, weder die Gangsterbrut noch
die Russen. Ein Plan nahm Form an, in dem Sonja als eine Art Doppelköder
fungierte und Boyd als sein Sündenbock. Es war nicht ganz klar, worin Foskos
Interesse an Söldmanns »Ware« im Einzelnen bestand. Vermutlich wollte er sie
selbst verkaufen, über Mittelsmänner, und dabei reich werden. Es ist aber auch
nicht ausgeschlossen, dass er sich tatsächlich um die nationale Sicherheit
sorgte. Er und ich, wir redeten nie über Fragen des Prinzips. Ich war von ihm
inoffiziell und ohne den Segen der Armee engagiert worden, um mich um die
praktischen Aspekte seiner verschiedenen Operationen zu kümmern, von denen die
meisten wirtschaftlichen Interessen zu folgen schienen. Ich trug keine Uniform
und stand auch auf keiner Gehaltsliste. Foskos Vertraute im regulären
Armeedienst behandelten mich mit unterschwelligem Argwohn.
In der
dritten Woche ihres Auftrags bekam Sonja heraus, worauf alle gewartet hatten:
das Datum, an dem die Transaktion stattfinden sollte. Der Dezember war halb ins
Land gegangen, und während die Stadt draußen kältegelähmt zitterte, drängte
sich Söldmann, kuschelwarm unter zwei Daunenplumeaus, an Sonjas wieder besser
genährten Hintern und vertraute ihr die Einzelheiten seines Plans an. Sie hatte
Schwierigkeiten, alles zu verstehen, weil er in die Tiefen ihres Rückens sprach
und seine Stimme kaum durch die verschiedenen Schichten Bettzeug drang.
»Morgen um
Mitternacht«, sagte er, »werde ich reich sein. Dann setze ich mich zur Ruhe.
Dann können wir hier weg. Ich denke an Südamerika, oder vielleicht Ägypten.«
Sie
stellte ihm ein paar vorsichtige Fragen und erfuhr, dass er seinen sowjetischen
Kontaktmann ganz in der Nähe, im amerikanischen Sektor, treffen werde. Er
sagte, er sei nicht so dumm, in den Osten zu fahren, wo jeden Tag Deutsche
verschwänden.
»Werde ich
dich sehen?«, fragte sie. »Ich meine, vorher. Ich möchte dir Glück wünschen.«
Er
kicherte, schlug ihr auf den Hintern und versprach, so gegen zehn zu ihr zu
kommen. Um sich die Wartezeit zu verkürzen.
»Das«,
sagte sie, »wäre prima.«
Sie würde
sehr bald schon wieder an ihrem Flügel sitzen.
Als er
gegangen war, rief sie den Colonel an, der ihr sagte, sie solle hinaus in seine
Villa kommen und dort die Nacht verbringen.
»Aber was
wird mit Söldmann?«, fragte sie.
»Söldmann
ist nicht länger deine Sorge.«
»Gut«,
sagte sie. »Ich will ihn nie wiedersehen.«
Ich frage
mich, ob sie es wirklich so meinte. Es ist Teil der menschlichen Natur, die zu
mögen, die uns zärtlich behandeln, aus welchem Grund auch immer.
Am
nächsten Abend stand Söldmann um zehn Uhr vor Sonjas Wohnung, das Haar mit
französischer Pomade zurückgekämmt und einen Strauß Tulpen im Arm, der
Weitere Kostenlose Bücher