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Vyleta, Dan

Vyleta, Dan

Titel: Vyleta, Dan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pavel und Ich
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unklar, wie er in
Besitz all dieser Informationen gelangt war. Entweder hatte er einen Großteil
des Kriegs damit verbracht, sich ein Informationsnetz aufzubauen, oder er
hatte direkt nach dem Zusammenbruch die Büros einiger sehr hoher Beamter und
Militärs geplündert. Einige behaupteten, er sei in einem verlassenen Lagerhaus
auf ein ganzes Archiv mit SS-Dokumenten gestoßen, in versiegelten Kisten, die
darauf warteten, nach Argentinien verschifft zu werden. Noch ausgefallenere
Gerüchte versetzten ihn in den Führerbunker. In einem sowjetischen Bericht soll
von einem »menschlichen Zwerg« die Rede gewesen sein, der Hitlers Privaträume
durchwühlt und sich mit einem dreibändigen, in Kalbsleder gebundenen Tagebuch
davongemacht habe. Wenn das tatsächlich stimmt, wird dieses Tagebuch irgendwann
und irgendwo auftauchen. Wenn es so weit ist, wird es sicher einen guten Preis
erzielen.
    Einige
Zeit nachdem er seine quasi kolonialen Pflichten als Herr und Meister seines
eigenen Stücks deutschen Bodens angetreten hatte, bekam Colonel Fosko Wind von
Söldmanns Unternehmungen und entwickelte den Wunsch, mehr darüber zu erfahren,
wobei es sich als bemerkenswert schwierig erwies, die inneren Strukturen der
Organisation des Gangsterbosses aufzudecken und sein »Produkt« auszumachen.
Wenn Söldmann Briten und Amerikanern auch gelegentlich Informationen verkaufte
(hauptsächlich Einzelheiten über illegale sowjetische Aktivitäten außerhalb
ihres Sektors, über die er bemerkenswert gut Bescheid zu wissen schien), bot er
ihnen doch nie etwas von seinem deutschen Material an. Unverzagt schnüffelte
Fosko in Söldmanns Privatleben herum und fand heraus, dass er regelmäßig ein
spezielles Bordell im amerikanischen Sektor besuchte, das einem gewissen Boyd
White gehörte. Tatsächlich hatte Söldmann bereits daran gedacht, Boyds
bescheidenes, aber profitables Unternehmen mit einer geschickten Mischung aus
Geld und Einschüchterung zu übernehmen. Als sie sich dann aber von Angesicht
zu Angesicht gegenüberstanden, wurde schnell klar, dass die beiden nicht nur
den Geschmack, sondern auch das Temperament teilten, und statt ihm sein
Auskommen zu nehmen, wurde der Zwerg schnell zu Boyds bestem Kunden. Das gab
dem Colonel einen Ansatzpunkt. Wer könnte einen Mann besser ausspionieren als
die Frau, die mit ihm das Kopfkissen teilt?
    Wie es der
Zufall wollte, hatte Fosko gerade erst eine verzweifelte, hungrige junge
Deutsche kennen gelernt, die ihre Arbeitskraft für Essen verkaufte. Sein
Fahrer hatte sie angeheuert und in die Privatresidenz des Colonels geschickt,
die ihr Bedürfnis nach der ordnenden, säubernden Präsenz einer Frau zu zeigen
begann. Und so kam es, dass Fosko eines Nachmittags aus seinem Arbeitszimmer
trat und auf dem Weg zur Toilette, wie ich annehme, über eine Frau stolperte,
die seine Treppe putzte. Genauer gesagt, kniete die Frau auf den Stufen und
schrubbte das Holz mit einer Pferdehaarbürste, wobei sie ihren wohlgeformten
(wenn auch etwas unterernährten) Hintern in die Höhe und damit dem Colonel
entgegenstreckte. Sie wechselten einige Worte, und wie sich herausstellte, war
die junge Frau hübsch, sprach Englisch, spielte Klavier und war bereit, so gut
wie alles zu tun, um im Leben weiterzukommen. Fosko brachte sie in einer
geräumigen Wohnung im Herzen von Charlottenburg unter, die er zunächst einmal
säubern und mit ausgewählten Antiquitäten möblieren ließ, nachdem er eine
siebenköpfige Familie aus ihr vertrieben hatte. Der Flügel wurde am Tag ihres
Einzugs geliefert, und schon kam auch der Klavierstimmer, der an Kopfgrind
litt, aber gerne zu Diensten war. Die junge Frau heuchelte keine Liebe für den
Colonel, und das verlangte er auch nicht. Er hatte etwas Beherrschendes an
sich, das sie nervös machte, und seine Fettleibigkeit war ein Kreuz, das sie
während ihrer sexuellen Anstrengungen zu tragen hatte, aber alles in allem
wage ich zu sagen, dass sie davon überzeugt war, in diesem Land, in dem die
bedingungslose Kapitulation zur erwarteten Lebensweise geworden war, einen
famosen Handel gemacht zu haben.
    Nach zwei,
drei Monaten unterbreitete ihr Fosko einen Vorschlag. Er fragte sie, ob sie
den Auftrag übernehmen wolle, für ihn zu spionieren. Dazu sei es nötig, für
eine beschränkte Zeit als Prostituierte zu arbeiten. Er werde sie für ihre
Kooperation, sagte er, mit einem britischen Pass - oder einem amerikanischen,
wenn ihr das lieber sei - und einer erheblichen Geldsumme entlohnen.
    »Wie

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