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Vyleta, Dan

Vyleta, Dan

Titel: Vyleta, Dan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pavel und Ich
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viel?«,
fragte sie.
    »So viel,
dass du eine ganze Weile nicht wirst arbeiten müssen.«
    Sie
einigten sich auf einen Betrag, der meiner Schätzung nach bei mehr als
eintausend Pfund lag. Es wäre falsch, Sonja für billig zu halten.
    Noch am
selben Tag ging sie zu Boyd und fragte nach einer Position in seinem
Etablissement. Er verliebte sich gleich in sie. Es hatte mit ihrem Akzent zu
tun und der Art, wie sie ihr Kinn hielt. Er mietete ihr ein hübsches kleines
Boudoir in der Nähe des Potsdamer Platzes und kaufte ihr eine Schublade voller
seidener Höschen. Das alles hielt ihn allerdings nicht davon ab, ihr Fleisch
an jeden zu verkaufen, der sich ihre Reize leisten konnte. Er stufte sie in die
oberste Kategorie ein.
    In der
ersten Woche zeigte Söldmann noch kein größeres Interesse an ihr. Er hatte
eine Beziehung zu einer wohl ausgestatteten Blondine aufgebaut, die, wie er
schwor, mit ihrem Mund Dinge zu vollbringen vermöge, wie er es sich nie habe
träumen lassen. Sonja unterrichtete Fosko, und ein paar Tage später kam die
Blondine nicht mehr zur Arbeit. Tatsächlich war sie, sehr zu Boyds Ärger,
nirgends in Berlin mehr auffindbar. Wie ich aus guter Quelle weiß, wurde sie
ein paar Tage nach ihrem Verschwinden mit gebrochener Nase, zwei blauen Augen
und dem Arm in einer Schlinge in Hamburg gesehen. Zweifellos war sie einen
Monat später wieder im Gewerbe.
    Sonja
machte sich derweil an Söldmann heran. Es dauerte nicht lange, und der kleine
Mann war verrückt nach ihr und verbot jedwede Nutzung seiner neuen Liebsten
außer durch ihn selbst. Tief in seinem Herzen wird er gewusst haben, dass er
Sonja mit Boyd teilte, was die Freundschaft der beiden einer gewissen Belastung
aussetzte. Beide überschütteten Sonja mit Geschenken und schworen heilige Eide,
sie bald schon aus dem Hurengeschäft zu erlösen.
    Es war
eine schwierige Zeit für Sonja. Die Morgenstunden verbrachte sie eingesperrt in
der Wohnung, die Boyd ihr eingerichtet hatte, kümmerte sich um seine
Bedürfnisse und lauschte seinen Kriegsgeschichten. Nach dem Mittagessen ging
sie ins Bordell. Sie verstand sich gut mit einigen der Mädchen, sie erzählten
sich von ihren Freiern, teilten das Badewasser, saßen herum und nippten an
Champagnergläsern. An den Wochenenden erschien abends zur Essenszeit eine
neunköpfige Band und spielte für die Mädchen, während die ersten Kunden
eintrudelten. Die Jungs spielten Swing. Boyd hatte sie im Oktober engagiert
und mit Essen, Getränken und Fleisch entlohnt. Die Band war ein Riesenerfolg.
Söldmann ließ keinen Tanz aus. Er kam kurz nach neun, zwei Gorillas im
Schlepptau, und nahm Sonja von Beginn an in Beschlag. Gegen elf oder zwölf
machten sie sich in ihre Wohnung auf, um sich den Genüssen ihres Körpers zu
widmen. Aber vorher tanzten sie.
    Oh, wie
sie tanzten! Stellen Sie sich das nur vor: Sonja im Zentrum der Tanzfläche,
die Hüften zu den synkopischen Rhythmen wiegend, ein Bein aus ihrem
hochgeschlitzten Kleid gestreckt und über die Schulter des Zwergs gelegt. Der
Zwerg, Auge in Auge mit ihrem Zwickel, schmiegt die rasierte Wange sanft an
ihren Oberschenkel. Er trägt einen Smoking aus kastanienbrauner Seide, eine
gepunktete Fliege und dazu eine helle Plastikrose im Knopfloch. Eine Hand
theatralisch um sie gelegt und tief in die Spalte zwischen ihren Hinterbacken
geschoben, die andere ihr Handgelenk an seine Lippen drückend. Mit den Zehen
den Rhythmus aufnehmend und darauf wartend, dass die Musik ihn mitreißt. Dann
eine Explosion: Er wirbelt Sonja mit ausgestrecktem Arm im Kreis herum und
legt einen Jitterbug auf der Tanzfläche hin, seine Füße ein Wirbel aus
zweifarbigem Leder. Ich schwöre, er bewegte sich wie Fred Astaire. Der Band
gefiel der tanzende Zwerg ungeheuer, bis der Kornettspieler darauf verfiel, ihn
einen »Knirps« zu nennen, worauf Söldmann einen seiner Männer ein gehöriges
Stück aus der Unterlippe des vorlauten Musikers schneiden ließ. Boyd ersetzte
ihn nie, obwohl er den Klang seines Dämpfers vermisste, wenn die Band
Ellington-Stücke aus den Zwanzigern anstimmte. Sonja und der Zwerg tanzten
voller Anmut miteinander. Im Bett möchte ich mir die beiden allerdings nicht
vorstellen.
    So einfach
es auch gewesen sein mag, Söldmanns krummes, kleines Herz zu erobern,
Informationen über seine Geschäfte aus ihm herauszulocken, war eine weit
schwierigere Unternehmung. Es gab reichlich Bettgeflüster, aber der Zwerg ließ
sich dabei lieber über die Vergangenheit aus, als Sonja in

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