Wächter der Macht 02 - Blutlinien
Bislang waren die Dinge immer so klar gewesen. Er hatte immer gewusst, wer die Feinde waren, und man konnte sich darauf verlassen, dass sie es verdient hatten, dass man auf sie feuerte: das Imperium, die Yuuzhan Vong und jede Menge Fremdweltler, deren Ziele und Absichten nur allzu offensichtlich waren - sie hatten ihn bedroht und alle, die ihm lieb und teuer waren.
Nun klaffte ein Graben zwischen ihm und genau jenen Menschen, um die zu beschützen er gekämpft hatte - seinem ältesten Freund und seinem eigenen Sohn -, und er wurde von seinem eigenen Volk als Handlanger der Galaktischen Allianz betrachtet. Es war nicht so einfach, in diesen Zeiten ein Held zu sein, selbst wenn er sich sicher war, dass er das Richtige tat. Er hatte bislang nicht gewusst, was für ein Gefühl es war, der Bösewicht zu sein.
Hey, ich bin nicht derjenige, der hier falsch liegt. Das ist die Allianz.
»Tut mir leid, Liebling.« Er hasste sich selbst, wenn er seinen Unmut an ihr ausließ. »Es macht mich einfach nur verrückt, dass er nicht einsehen will, dass sich die Geschichte hier wiederholt. Du weißt schon, ein großes Imperium trifft Entscheidungen für die Galaxis, ob es ihr nun gefällt oder nicht.«
»Und geht's dir dabei um Luke oder Jacen?«
»Um beide.«
Wie konnte Luke das nicht erkennen? Sah er die Warnsignale nicht? Sah er nicht, wie sehr die Allianz zunehmend dem alten Imperium ähnelte?
Du hast ein schlechtes Gedächtnis, Jungchen.
»Ich werde mit Luke reden«, kündigte Leia an. »Aber du sprichst mit Jacen, in Ordnung? Ich mache mir Sorgen um ihn.«
»Mach ich.«
»Versprochen?«
»Würde ich mit Euch streiten, Prinzessin?«
»Ja. Das tust du immer.«
»Also dann versprich du mir, dass das hier niemals zwischen uns stehen wird.«
Leia legte die Hand auf die seine, als er den Steuerknüppel packte, und drückte fester zu, als er gedacht hatte, dass sie es jemals könnte. Es tat beinahe weh. »Wir haben schon wesentlich Schlimmeres durchgemacht als das hier.«
»Das stimmt.«
»Es sind bloß ein paar graue Haare mehr.« Sie grinste. »Und um ehrlich zu sein, mag ich dich mit grauem Haar noch lieber.«
Das war alles, was er brauchte. Sie rückte die Galaxis für ihn immer wieder zurecht. Sie war zuverlässig und stand mit beiden Füßen fest auf dem Boden, und für gewöhnlich hatte sie recht. Manchmal fragte er sich, wie sein Leben heute aussehen würde, wenn er sie nicht kennengelernt hätte - und wenn er Luke nicht kennengelernt hätte. Ein Weltraumpenner, und ein alter, müder noch dazu. Leia hatte ihm eine Zielstrebigkeit verliehen, die er vorher nicht gekannt hatte, und die Energie, die damit einherging.
Außerdem hatte sie ihm drei Kinder geschenkt, die sein Ein und Alles gewesen waren, und er hatte nicht die Absicht, mit anzusehen, wie sein einziger noch lebender Sohn immer tiefer in den Strudel der Allianz und ihrem Streben nach galaktischer Kontrolle hineingesogen wurde.
Han steuerte den Falken auf einem hohen Anflugskurs auf Coronet zu, und blickte auf das grüne Flickenwerk aus Parks, öffentlichen Gartenanlagen und Farmland hinunter, die es so sehr von der Landschaft auf Coruscant unterschieden. Er setzte das Schiff auf dem kommunalen Landestreifen auf, um mit einer Vielzahl von Schiffen aller Größen und Reparaturzustände zu verschmelzen, und schaltete die Triebwerke ab.
»Okay. Zeit, unauffällig zu sein«, sagte er.
Getrennt machten sie sich auf den Weg zu dem Apartment, das sie einige Tage zuvor heimlich gemietet hatten, bloß zwei Personen mittleren Alters, die allein ihrer Wege gingen, bloß Gesichter in der Menge der Stadt. Geheimgänge oder Tarnungen waren nicht vonnöten. Es ging allein darum, unauffällig zu wirken: gewöhnliche Kleidung, gewöhnliches Apartment, gewöhnliche Leute, die einfach ihren Angelegenheiten nachgingen, nicht die Solos inmitten eines Krieges. Sie gingen die baumgesäumte Straße entlang, betrachteten müßig die Schaufenster der Geschäfte wie jeder andere auch. Han blieb zwanzig Meter hinter Leia. Sie konnte spüren, wo er war, doch er musste sie im Auge behalten, selbst wenn sie sehr gut in der Lage war, auf sich selbst aufzupassen, falls die falschen Leute auf sie aufmerksam wurden.
Aber wer sind die falschen Leute? Abgesehen von meinem eigenen Cousin, ist das größte Risiko, dass meine angeheirateten Verwandten in politische Verlegenheit gebracht werden. Hier lauert keine echte Gefahr.
Er behielt Leia im Auge, auch wenn ihr kastanienbrauner Schopf
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