Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman
mal mehr Durchhaltevermögen. Du solltest jede freie Minute trainieren.«
»Auf keinen Fall. Im Gegensatz zu dir, MacGregor, habe ich ein Privatleben.«
»Mach die Augen auf, Webster. Die Zeiten haben sich geändert.«
»Ja, ja, ich weiß. Vor einem Jahr standen die Chancen, in einen Hinterhalt zu geraten, noch eins zu fünfzig, jetzt sind sie eher bei fünfzig-fünfzig. Aber ich mache ja bereits, was ich kann. Ich übe dreimal pro Woche mit dir. Das ist mehr, als die meisten Wächter von sich behaupten können.«
»Drei Stunden pro Woche sind nicht genug.«
»Aber ich lerne doch vom Besten.« Brian lächelte. »Unter den Wächtern geht das Gerücht, dass du einmal im Alleingang zwei Kriegsdämonen niedergemetzelt hast.«
»Glaub nicht alles, was du hörst.«
»Ach, komm schon. Dir haben Elitesoldaten aus den inneren Höllenzirkeln aufgelauert, und du hast überlebt. Ich weiß, dass es stimmt – gib’s zu. Mit dir als Trainer ist es nur eine Frage der Zeit, bis ich irgendwann mal einen Dämon zur Strecke bringe.«
Lachlan schüttelte den Kopf über das Maulheldentum des jungen Mannes und ging in die Küche.
»Also«, sagte Brian, der ihm gefolgt war. »Hast du über meinen Vorschlag nachgedacht?«
»Nein.« Lachlan nahm zwei Wasserflaschen aus dem Kühlschrank und warf Brian eine zu.
»Warum nicht?« Der junge Mann schraubte die Flasche auf und trank sie in einem langen Zug halb aus. »Ich kenne mindestens ein Dutzend Wächter, die im Handumdrehen auf der Matte stehen würden, wenn du bereit wärst, sie zu unterrichten.«
»Ich gebe keinen Unterricht.«
»Mir schon.«
»Da muss mein gesunder Menschenverstand vorübergehend ausgesetzt haben. Ich hatte Mitleid mit dir.«
»Und mit den anderen Wächtern, die sich mit unserer miesen, vorsintflutlichen Ausrüstung herumschlagen müssen, nicht?«
»Nein.«
»Blödsinn, MacGregor. Ich habe dich an jeden Ratschläge verteilen sehen, der sie hören wollte – oder auch nicht. Du möchtest nicht, dass wir anderen eingeseift werden, das weiß ich. Was hält dich –« Brian brach ab, als es an der Apartmenttür klopfte. Er hob eine Augenbraue und fragte: »Erwartest du jemanden?«
»Nein.«
Es entstand eine Pause. Dann war wieder deutlich das Pochen zu hören. »Willst du nicht aufmachen?«, drängte der junge Mann.
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Weil ich niemanden erwarte.«
Mit der Geschicklichkeit eines Profi-Basketballspielers warf Brian die Wasserflasche ins Spülbecken. Anschließend ging er zur Tür. »Ja, aber man weiß nie. Es könnte doch ein süßes Schnuckelchen sein, das dich bespringen will.«
»Webster!«, warnte Lachlan.
Brian blieb gehorsam stehen, aber nur lange genug, um durch den Spion in der Tür zu spähen. Dann grinste er, drehte den Knauf und zog die massive Holztür auf.
Lachlan verschlug es den Atem. Es war Rachel. Sie wirkte erschöpft und müde von einem langen Arbeitstag, sah aber in dem weich fließenden violetten Top und der beigefarbenen Hose trotzdem so hübsch wie immer aus. Ihr Blick huschte zwischen ihm und Brian hin und her. »Äh, wenn es gerade unpassend ist, kann ich später wiederkommen.«
»Nein, ist schon gut«, sagte Brian großzügig und winkte sie herein. Über Rachels Kopf hinweg formte er stumm die Worte: Siehst du? Süßes Schnuckelchen. »Ich wollte sowieso gerade gehen.«
Rachels Blick blieb zögerlich. Er wanderte von Lachlans Gesicht zu seinem verschwitzten grauen T-Shirt und wieder nach oben. »Ganz sicher?«
Nein, Lachlan war nicht im mindesten sicher. Sie in seiner Wohnung zu sehen, ihren Blick auf seiner Brust zu spüren – das alles stellte unangenehme Dinge mit Lachlans Puls an. Aber sie abzuwimmeln war nun so gut wie unmöglich.
»Gewiss«, versicherte er ihr. »Mein Freund Brian war wirklich gerade auf dem Weg zur Tür.«
Der andere Mann erwiderte eindringlich Lachlans starren Blick. »Ich komme später noch mal wieder, wenn du über meinen Vorschlag nachgedacht hast.« Lachlan antwortete nicht. Die schroffe Erwiderung, die ihm auf der Zunge lag, war nicht für die Ohren einer Dame bestimmt.
Die Tür schlug zu, und Rachel trat näher. Sie sah sich um. »Ich bin zum ersten Mal in einer der Drei-Schlafzimmer-Suiten. Sehr hübsch.«
Es war absurd, aber allein das Wort
Schlafzimmer
aus ihrem Mund zu hören, jagte heiße Wellen durch Lachlans Körper. »Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Wasser, Saft, Tee?«
Rachels Augen hellten sich auf. »Tee wäre wunderbar.«
Lachlan
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