Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman
bin.«
»Das tut mir auch leid.« Mit hocherhobenem Kopf rauschte sie auf den Flur hinaus.
Lachlan schloss die Tür leise hinter ihr und lehnte sich dagegen. Seine Beine waren wie gelähmt, und die Haut juckte unangenehm, als würde sie ihm nicht passen. Kein Wunder. Der rauhbeinige schottische Ritter in ihm hätte die Gelegenheit beim Schopf ergriffen, einer derart schönen Frau in Not zu helfen.
Doch offensichtlich war seine Ritterlichkeit zusammen mit seinem Körper gestorben.
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3
E in Schatten huschte aus dem weiß getünchten Gebäude unter das ausladende Blätterdach eines Palisanderbaums. Lachlan konnte die dunkle Gestalt von seinem Balkon im zweiten Stock aus mühelos beobachten. Viktorianische Gaslampen sprenkelten den Plattenweg mit weichen Lichtkreisen, aber Emily mied sie und hielt sich dicht am schwarzen Rand des Gartens. Sie war ein sehr zielstrebiges junges Mädchen. Nur Augenblicke, nachdem im Schlafzimmer ihrer Mutter das Licht ausgegangen war, unternahm sie einen gewagten Ausbruch. Um zwei Uhr morgens. Dieser Bursche, mit dem sie sich traf, musste wirklich etwas Besonderes sein.
In dem üblichen schwarzen Leinenminirock, schwarzen Strümpfen und einem langärmeligen schwarzen T-Shirt war Emily nur ein dunkler Umriss, während sie sich einen Weg um die Blumenbeete suchte, an einem Baum vorbei, um sich dann hinter einem anderen Stamm zu verstecken. Sie wandte Lachlan ihr schmales Gesicht zu, und er erstarrte. Als Emilys Blick auf dem Balkon direkt unter ihm ruhte, fragte er sich, was ihr gerade durch den Kopf ging. Überlegte sie es sich noch einmal? Hatte sie vielleicht ein schlechtes Gewissen? Was immer es war, es hielt nicht lange vor. Einen Wimpernschlag später schien sie leise zu seufzen, und dann schlich sie leise die Ostseite des Gebäudes entlang und war schnell um die Ecke verschwunden.
Lachlan streckte die Hand nach dem schmiedeeisernen Balkongeländer aus, um ihr zu folgen, doch eine Bewegung in seinem Augenwinkel ließ ihn innehalten: ein zweiter Schatten, größer und nicht annähernd so geübt im Davonstehlen. Rachel. Lachlan seufzte seinerseits, während er beobachtete, wie ihre anmutige Silhouette, getarnt durch eine schwarze Jeans und einen Pullover, der Tochter folgend durch den Garten huschte.
Großartig! Jetzt musste er auf zwei Menschen aufpassen, nicht nur auf einen. Nachdem sich der Seelenwächter noch einmal vergewissert hatte, dass die Luft rein war, sprang er über das Geländer und landete mühelos auf dem gepflegten Rasen zehn Meter tief unter ihm. Lachlan musste rennen, um die beiden Frauen im Blick zu behalten, während er ihnen auf den Parkplatz folgte. Dort stieg Emily gerade, wie Lachlan vermutet hatte, hinter einer Gestalt in Lederdress und Helm auf den Sitz eines Motorrades.
Lachlan öffnete seinen schwarzen Audi S6 per Funk und glitt auf den dunkelgrauen Ledersitz. Beim ersten Drehen des Zündschlüssels erwachte der starke Motor schnurrend zum Leben. Das Herz des Seelenwächters schlug heftiger – sein jahrhundertealter Körper schien einfach nicht in der Lage zu sein, der instinktiven Begeisterung für diese technische Errungenschaft Herr zu werden. Er warf einen Blick in den Rückspiegel und sah das Motorrad rechts in die Coleman Road abbiegen, rasch gefolgt von einem roten Kompaktwagen. So viel zu der Hoffnung, dass Rachel die Autoschlüssel vergessen hatte.
Die Straßen der Stadt waren um diese Uhrzeit fast leer. Obwohl das rote Auto eine überraschende Zurückhaltung an den Tag legte, blieb es dem Motorrad dicht auf den Fersen. Lachlan seinerseits behielt Rachels Rücklichter im Auge. Die drei Fahrzeuge bogen bei Santa Teresa links ab, fuhren an der Oakridge Mall vorbei und fädelten sich auf den Guadalupe Parkway ein. Auf dem Freeway erlaubten es Lachlan der stärkere Verkehr und Rachels Konzentration auf Emily, die Lücke zwischen den Autos zu schließen und sich direkt hinter sie zu setzen. Nun hatte er freien Blick auf ihren Wagen. Wenn man ihn denn so nennen wollte. Das Logo auf dem Heck wies ihn als Datsun 210 aus. Doch die Jahre unter der heißen Sonne hatten die rote Farbe zu einem fleckigen Rosa verblassen lassen. Rost hatte den Kofferraumdeckel mit Pockennarben überzogen, sodass die Verriegelung nicht mehr richtig schloss, außerdem eierte das linke Hinterrad. Dem fortwährenden Grollen und gelegentlichen Husten des Motors nach zu urteilen hätte das gebrechliche Vehikel dringend einer Generalüberholung bedurft. Wenn man zudem den
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