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Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Titel: Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette McCleave
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Hölle – ein Dämon aufgetaucht.
    Bei den Fahrstühlen tobte das Chaos. Teile des Marmorbodens hatten sich wie tektonische Platten ineinandergeschoben. Überall waren Staub und Splitter. Benommene oder weinende Menschen pressten sich an die Wände; einige von ihnen beteten. Brian blieb stehen. Die Kreatur, die die Stockwerke unter ihnen verwüstete, musste gestoppt werden – das stand unzweifelhaft fest. Doch einer der Aufzüge war von der Explosion ein paar Meter nach unten gerissen worden, die Türen standen noch offen. Drei Frauen und ein Kleinkind schrien um Hilfe, völlig panisch, dass die Kabine jeden Augenblick abstürzen könnte.
    Und niemand wusste, ob nicht genau das passieren würde.
    Ein sehr großer Mann in einem gelben Poloshirt lag auf dem Boden und streckte seinen fülligen Arm in die Lücke zwischen dem Fußboden und dem Aufzugdach. Brian entschied sich, dort zu helfen, wo es am nötigsten war, bevor er sich den Dämon vornahm, und warf sich neben dem Mann auf den unebenen Boden.
    »Kommen Sie, Ladys«, drängte er die Verunglückten mit erzwungen ruhiger Stimme. »Wir holen Sie hier raus.«
    Noch während er sprach, erschütterte eine weitere Explosion das Gebäude, hob den Boden unter ihnen an und ließ Fliesen von der Decke auf ihre Köpfe regnen. Der Aufzug gab einen tiefen, metallischen Seufzer von sich und schrammte funkensprühend ein paar Zentimeter tiefer. Die Frauen schrien auf, und der Mann neben ihm zuckte zusammen. Allerdings – das musste Brian ihm hoch anrechnen – ergriff er nicht die Flucht.
    Zwei der gefangenen Frauen packten endlich die Arme der Männer, angetrieben von Todesangst. Brian zog ein Opfer, eine ältere Frau, mühelos aus dem Lift; dann half er seinem Mitstreiter, die andere Frau zu befreien. Nun befand sich nur noch die Frau mit dem Kind in der Aufzugkabine. Als er einen Blick in ihre schreckverzerrten, tränenüberströmten Gesichter warf, kamen ihm Zweifel, ob sie ihn überhaupt sahen.
    »Geben Sie ihm das Kind«, befahl Brian der panischen Frau und sah ihr fest in die Augen. »Und
Sie
nehmen
meine
Hand.«
    Sie reagierte zögernd auf seinen Befehlston. Mit unsicheren Schritten kam sie durch die Kabine auf ihn zu und hob ihren Sohn hoch zu dem großen Mann. Doch sobald der Junge in Sicherheit war, schien der Schock sie zu übermannen. Ihre Arme und Beine zitterten heftig, ihr Atem ging nur noch stoßweise. Sie griff mehrmals nach Brians Hand, stolperte aber jedes Mal zurück in den Aufzug.
    Der bei jedem Fehlversuch erzitterte.
    Brian hakte seinen Fuß um eine Palme, die in einem schweren Blumentopf stand. Dann beugte er sich noch weiter hinunter und schlang einen Arm um die Taille der Frau. Ihr T-Shirt war feucht von kaltem Schweiß, und das fortwährende Zucken ihres Körpers übertrug sich auf seinen eigenen. Als ein metallenes Schleifen ertönte, dem nur der unmittelbare Absturz der Kabine folgen konnte, spannte er seine Bauchmuskeln an und zog sich und die Frau mit einem Ruck nach oben. Ihre tränenreichen Worte des Dankes erwiderte er mit einer raschen Umarmung, dann führte er die Frau zu ihrem Sohn, der das Hemd seines Retters mit geballten Fäusten gepackt hielt.
    »Gehen Sie auf die andere Seite des Gebäudes«, sagte er zu dem großen Mann. »Schaffen Sie alle hier raus, und zwar so schnell wie möglich.«
    In Vorbereitung auf das, was ihn nun erwartete, holte er tief Luft und rannte dorthin, wo das rote »Exit«-Licht leuchtete.
    Im halbdunklen Treppenhaus zog er sein Schwert unter seiner Anzugjacke hervor. Aus ihrer magischen Scheide befreit, wurde nun das Replikat eines Schwertes aus dem 15. Jahrhundert sichtbar, doch Zeugen waren seine kleinste Sorge. Eine einzelne Explosion hätte bedeutet, dass er es mit einem Chaosdämon zu tun hatte. Doch ein Chaosdämon brach normalerweise nur auf diese Ebene durch, um Unglücksfälle herbeizuführen; außerdem hatte er nur ein paar Augenblicke Zeit, um sein gemeines Werk zu vollenden, bevor er wie ein Funken Höllenfeuer verlosch. Er hatte nicht die Kraft, zweimal zuzuschlagen.
    Das hier war etwas anderes.
    Brian murmelte schnell die Formel eines Schildzaubers und stieg dann langsam bis zum Treppenabsatz zwischen dem dritten und vierten Stock hinab. Unter seinen Füßen knirschte der Schutt, der auf der Treppe lag – Betonstücke, Brocken von Mörtel, ein heruntergefallenes Hinweisschild und eine dicke graue Schicht Staub. Jeder Schritt hallte gespenstisch von den Wänden wider und machte alle Hoffnung

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