Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman
hoben sich. »Sind Sie sicher?«
»Ich habe ihn erneut gesehen. Erst gestern.«
»Und da ein Dämon daran beteiligt war, scheint Ihnen der Angriff kein Zufall mehr zu sein. Sie glauben, dass Ihr Bruder die ganze Zeit das Ziel war.«
»Ja«, antwortete Lachlan.
»Ihr Bruder ist an jenem Tag gestorben.« Der Monsignore nestelte an dem Rosenkranz aus weißem Achat, der um seinen Hals hing. »Wenn der Dämon es auf das Linnen abgesehen hatte, befindet es sich nun wohl in seinem Besitz, oder nicht?«
»William wurde bei dem Überfall tödlich verwundet«, gab Lachlan zu. »Doch in der Nacht zuvor hatte er einen Traum. Darin sah er, wie er selbst niedergestreckt und das Linnen entwendet wurde. Er war sicher, dass er in die Zukunft gesehen hatte – und so kam er in den frühen Morgenstunden zu mir und flehte mich an, das Linnen zu nehmen und zu verstecken, ohne ihm zu sagen, wo.«
Campbell nickte. »Man bringt uns bei, solche Träume sehr ernst zu nehmen.«
»Später, als mein Bruder seine letzten Atemzüge tat, ließ er mich schwören, das Linnen mit meinem Leben zu schützen. Er wies mich an, nach einem Mann von reinem Glauben zu suchen und ihm das Linnen zu übergeben. Und das machte ich.«
Das Gesicht des älteren Priesters nahm einen ironischen Ausdruck an. »Nicht ohne anschließend stets ein aufmerksames und waches Auge darauf zu haben, wie ich sehe. Sonst wären Sie kaum gerade hier bei mir.«
Lachlan tat das Kompliment mit einem Schulterzucken ab. Die Begründung war einfach, für Lachlan fast selbstverständlich. »Ich gab ihm mein Wort.«
»Welches Sie heute wieder hierherführt. Sie glauben, dass dieser Verlockungsdämon dem Linnen nach San Francisco gefolgt ist. Vermutlich zu mir.«
»Genau. Die Zeit ist gekommen, dieses elende Ding endlich zu zerstören.«
Campbell sprang auf, wobei sein Stuhl umfiel. »Auf gar keinen Fall! Haben Sie nicht eben gesagt, dass Sie schworen, es zu schützen?«
»Ich gab mein Wort, als ich noch daran glaubte, dass das Linnen eine heilige Reliquie ist, gesegnet mit großer, göttlicher Kraft. Doch wenn ein Dämon danach verlangt, kann es für seine Bemühungen nur einen Grund geben: Es ist eine schwarze Reliquie, die großes Unheil bringt.«
»Schwarz oder heilig, das Linnen ist eine ebenso wertvolle Reliquie wie das Turiner Grabtuch. Es zu zerstören wäre Gotteslästerung.«
Lachlan stand ebenfalls auf. »Wir sprechen über das Stück Stoff, mit dem sich Pontius Pilatus die Hände abtrocknete, nachdem er Jesu Hinrichtung befahl. Seine Existenz allein ist eine Gotteslästerung.«
»Nein. Pilatus mag ein schwacher Mann gewesen sein, aber er war nicht herzlos. Gott hat ihm vergeben. Das Linnen steht für eine wichtige Station auf der Reise, die Jesus unternommen hat, um uns zu retten.« Der ältere Priester legte Lachlan die Hand auf die Schulter. »Ihr eigener Bruder hat sein Leben hingegeben, um das Linnen zu schützen, MacGregor. Würde die Zerstörung der Reliquie nicht bedeuten, dass sein Opfer umsonst war?«
Lachlan sah fort. Er konnte die freundliche Zuneigung nicht annehmen, die er in Campbells Augen erkannte. Er verdiente sie nicht. »Wäre das Linnen ganz zu Anfang vernichtet worden, dann wäre mein Bruder – und mit ihm manch anderer – am Leben geblieben.«
»Ich werde niemals meine Zustimmung zu der Zerstörung der Reliquie geben!«
»Dann fürchte ich um Ihr Leben, Monsignore. Es ist kein einfacher Kampfdämon, der darauf Jagd macht. Wenn ich recht habe, ist es ein alter Dämon, einer der ersten, die Satan herangezüchtet hat. Drusus hat mir einmal erzählt, dass er bereits im alten Rom sein Unwesen trieb.«
»Wollen Sie etwa andeuten, dass dieser Dämon und das Linnen aus derselben Zeit stammen? Dass er derselbe Dämon sein könnte, der das Protektorat dazu zwang, das Linnen zu verstecken?«
»Möglich ist es.«
»Nun, das ist beunruhigend.« Der Priester ging zum Fenster und sah hinaus. Eine neue Vorsicht straffte seine Schultern. »Und doch kann ich Ihnen die Erlaubnis zur Zerstörung des Linnens nicht geben. Ich habe einen heiligen Eid geschworen, es zu schützen, und das werde ich auch tun. Bis zum letzten Atemzug, wenn es nötig ist. Selbst vor Ihnen.«
Lachlan starrte auf den Rücken des Mannes. »Nicht ich bin es, vor dem Sie sich in Acht nehmen müssen. Ich habe ein Gewissen. Drusus nicht.«
»Dann lassen Sie uns über diesen Dämon sprechen. Was wissen Sie über ihn?«
»Nicht viel, außer dem, was er mir selbst erzählt hat, und
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