Wächter des Elfenhains (German Edition)
nicht auch noch ab! Du bist hier nicht im Auenland, McKay! Wann begreifst du das endlich?“
Andion presste stumm die Lippen aufeinander. Nein, er war nicht im Auenland. Er war ein Wanderer im Schatten, irrte umher in der Dunkelheit Mordors, ohne Hoffnung, jemals das rettende Licht zu erreichen; ein Verdammter, gebunden von Ketten, die ein unbarmherziges Schicksal ihm aufgezwungen hatte, und verfolgt von den Gespenstern, die in den düsteren Abgründen seiner Erinnerung auf ihn lauerten. Aber das konnte und wollte er Mr. Colegrave ganz sicher nicht erklären. Dazu hätte er zu viel preisgeben müssen, was weder sein Lehrer noch seine Mitschüler jemals erfahren durften.
Der Pausengong erlöste Andion schließlich von seiner Qual. Er stürzte aus dem Raum, bevor seine Klassenkameraden auch nur realisiert hatten, dass Mr. Colegrave seinen Unterricht mit einem letzten mürrischen Knurren für beendet erklärt hatte und sich, eingehüllt in eine Wolke düsterer Erleichterung über die Aussicht, der Stätte seines täglichen fruchtlosen Bemühens endlich wieder den Rücken zukehren zu können, zum Gehen wandte.
So schnell es seine zitternden Knie erlaubten, wankte Andion durch die endlosen grauen Korridore, kämpfte verbissen gegen das würgende Schwindelgefühl, das den Boden unter seinen Füßen wie das Deck eines Fischkutters auf stürmischer See hin und her schlingern ließ, während ihm das Blut wie ein Gebirgsbach in den Ohren rauschte und sein Herz mit der ungestümen Gewalt eines Presslufthammers gegen seine Rippen wummerte. Nur mit der eisernen Kraft seines Willens und dem harten Training vieler bitterer Jahre gelang es ihm, die gierigen Tentakel der Ohnmacht so lange zurückzudrängen, bis er sich aus dem zweiten Stock des Gebäudes ins Erdgeschoss vorgearbeitet hatte und durch die großen, weit geöffneten Flügeltüren ins Freie torkelte.
Mit dem ersten Schritt hinaus ins helle Sonnenlicht verschwand der stählerne Reif, der seine Brust während der letzten Stunde so unbarmherzig zusammengepresst hatte, löste sich auf wie die Erinnerung an einen bösen Traum im ersten fahlen Schein des Morgens. Andion blieb zitternd stehen, schloss die Augen und genoss die Wärme des Sommers auf seiner Haut und das Spiel des Windes in seinen Haaren, während er gierig wie ein Ertrinkender die herrliche frische Luft in seine schmerzenden Lungen sog und die Welt um ihn herum langsam wieder ihre gewohnte Stabilität zurückgewann.
Ein Arzt hatte sein Problem mit engen Räumen einmal diagnostiziert, hatte ihm den Stempel der Klaustrophobie aufgedrückt, doch er lag falsch. Er hatte kein Problem mit Enge. Vor nicht allzu langer Zeit war er stundenlang durch eine schmale Felsspalte gekrochen, um ein Kätzchen zu retten, das sich darin verfangen hatte, und er hatte dabei nicht ein einziges Mal nach Luft ringen müssen. Wie alle Dämonen, die an seiner Seele fraßen, so schien sich auch dieser einer einfachen und rationalen Erklärung zu entziehen; er war ein Narr gewesen, etwas anderes zu glauben.
Sein Magen krampfte sich vor Scham und dumpfer Resignation zusammen, und ungeweinte Tränen brannten heiß hinter seinen geschlossenen Lidern, als er an jenes denkwürdige Gespräch mit dem Arzt zurückdachte – ein Gespräch, dessen höhnische Echos trotz der Jahre, die inzwischen vergangen waren, noch immer so laut und schmerzhaft in ihm widerhallten wie damals, als er, zermürbt vom täglichen verzweifelten Kampf gegen die düstere Fremdartigkeit seines Wesens und trotzig gegen Ians eindringliche Warnungen aufbegehrend, auf eigene Faust nach Hilfe gesucht hatte.
Er hätte es besser wissen müssen. Erlösung gab es nur für andere, nicht für ihn. Aber wie konnte er auch auf Trost und Verständnis hoffen, wenn er sich selbst so wenig verstand? Wie sollte er irgendjemandem erklären, dass nicht das Eingeschlossen-Sein in Räumen und Gebäuden die glühenden Dolche in seine Seele trieb, dass es nicht ihre Enge war oder die Dicke ihrer Wände und Decken, die ihn Tag für Tag aufs Neue in einen Abgrund aus Finsternis und Entsetzen stieß, sondern die Räume selbst – ihre kalte Geometrie, die niemals etwas anderes als eine rohe, abscheuliche Vergewaltigung natürlicher Anmut und Schönheit sein konnte, und ihre grauenhaften, beinahe körperlich schmerzenden Ecken und Kanten, die ihm bereits beim bloßen Anblick den Magen umdrehten und den Atem abschnürten?
Und das war noch nicht einmal das Schlimmste. Die zweifellos bizarrste und
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