Wächter des Mythos (German Edition)
sind nicht der Erste aus Rom, der hier herumschnüffelt, vor Ihnen waren schon andere da und haben mich mit ihren Fragen belästigt. Außerdem brauche ich eine andere Art von Hilfe, Monsignore Sandino. Eine Hilfe, die Sie mir in Ihrem feinen Kostüm nicht bieten können. Gehen Sie jetzt, ich habe zu tun.«
Hilflos ließ Sandino den Blick in der Kirche umherschweifen. Plötzlich entdeckte er Alina in der drittletzten Bank. Sie hatte sich unbemerkt hereingeschlichen. Bisher hatte sie nur dagesessen, zu bestürzt, um reagieren zu können. Jetzt war sie aufgestanden und fixierte den Pfarrer erbost.
»Für wen halten Sie sich, Sie Scheißkerl. Mein Vater wurde von genau so einem beschissenen Priester, wie Sie es sind, ermordet! Meinen Sie, wir werden einfach so von hier verschwinden?«
Abrupt hatte sich der Pfarrer nach ihr umgedreht und starrte sie sichtlich überrascht an. Mit hohler Stimme fragte er: »Wie war der Name Ihres Vaters?«
»Dr. Andreas Bernard aus Basel«, schleuderte sie ihm entgegen.
Der Priester schloss die Augen und suchte mit seiner welken Hand Halt am Altar. »Sie sollten das alles vergessen, junge Frau.«
»Was vergessen? Was wollen Sie damit sagen?«
»Ihr Vater hatte so allerlei Hirngespinste. Er fing an, sich merkwürdige Dinge einzubilden.«
»Aber was erzählen Sie da? Haben Sie meinen Vater gekannt?«
»Vergessen Sie es! Kehren Sie nach Hause zurück, machen Sie nicht denselben Fehler wie Ihr Vater!«
Alina war verwirrt, die Worte des Priesters hatten ihren abweisenden Ton verloren und klangen auf einmal äußerst verworren. Er starrte ins Leere, plötzlich hob er seinen Blick und erklärte mit strenger Miene: »Es tut mir leid, aber ich muss jetzt einiges vorbereiten. Darf ich Sie beide hinausbegleiten?«
Er sah auf einmal sehr verstört und ängstlich aus. Alina hätte darauf bestanden, dass er ihr mehr erzählte, aber sie wagte es nicht. Das seltsame Verhalten des Pfarrers hatte sie so sehr überrascht, dass ihr nicht einfiel, was sie hätte antworten könnte. Er brachte sie zur Tür und noch bevor sie sich verabschieden konnten, schlug er sie hinter ihnen zu.
Einige Augenblicke blieben sie reglos stehen und verspürten das unbändige Verlangen, wie wild gegen die Tür zu hämmern. Doch damit hätten sie den Priester sicher nicht dazu bringen können, ihnen all das zu erzählen, was er wusste und ihnen verschwieg. Sandino schüttelte ungläubig den Kopf und sah Alina einen Moment lang nachdenklich an.
»Ich rechne ja mittlerweile mit vielem, aber darauf war ich nicht vorbereitet …«
»Ich frage mich, was dieser Priester zu verbergen hat. Ich glaube, er hat wirklich Angst«, sagte Alina
»Das ist seltsam. Was machen wir jetzt?«
»Ich weiß nicht, aber ich denke, wir sollten ihn nochmals aufsuchen. Wir müssen ihn dazu bringen, uns alles zu erzählen, was er weiß. Sicher gibt es da eine Verbindung zu meinem Vater.«
Sie traten aus dem Vorhof der Kirche und kamen auf die mit Steinen gepflasterte Straße. Ein Pilger schleppte sich schwer bepackt den Weg entlang, vorbei an den aus Bruchstein gebauten Häusern. Als sie an der Gaststube ihrer Herberge vorbeikamen, blieb Sandino stehen.
»Ich brauche jetzt erst einmal einen Kaffee, haben Sie vielleicht Lust auf ein Stück Kuchen?«
Ohne zu antworten betrat Alina die Gaststube des rustikalen Hospizes und setzte sich ans Fenster. Maria, die Wirtin, trat kurz darauf zu ihnen an den Tisch. Alina blickte auf und sah sie mit fragenden Augen an.
»Maria, hat mein Vater den hiesigen Dorfpfarrer gekannt?«
»Don Ferrari?«, sie wich ihrem Blick aus, als hätte auch sie etwas zu verbergen. »Ja«, gab sie Alina dann schlicht zur Antwort.
»Was hatte mein Vater mit diesem Priester zu tun?«
»Das musst du ihn schon selber fragen«, wich ihr Maria aus.
Nachdem sie ihre Bestellung aufgegeben und vor sich stehen hatten, schauten sie eine Weile schweigend den gelegentlich vorbeiziehenden Pilgern und Touristen nach.
»Hier scheint jeder etwas von meinem Vater zu wissen und verbergen zu wollen«, stellte Alina nachdenklich fest.
»Was oder wonach suchen wir überhaupt?«, wollte Sandino wissen, während er genüsslich seinen Kaffee schlürfte und sich von der verstörenden Begegnung mit seinem Glaubensbruder erholte.
»Also in groben Zügen Folgendes«, seufzte Alina. »Wenn wir von der Idee meines Vaters ausgehen, gibt es eine verschlüsselte Botschaft der Templer. Verschlüsselt bedeutet: in etwas wie einer Codeschrift verfasst.
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