Wächter des Mythos (German Edition)
erschüttert. Die Zusammengehörigkeit der beiden Kelche, die Gleichberechtigung des männlichen und weiblichen Prinzips und der Beweis dafür in seiner Kirche. Er hat einen Brief an den Vatikan geschrieben, in dem er deinen Vater namentlich erwähnte. Der Brief selbst war harmlos, kurz gesagt stand in dem Schreiben Folgendes: Er könne es nicht verantworten, dass es einen identischen Kelch gäbe, der den des Heiligen Blutwunders von O’Cebreiro infrage stelle. Es sei für ihn nicht tragbar, dass es zwei Kelche gäbe, die nicht nur vom Alter her identisch seien, sondern auch von ihrer Form und Beschaffenheit. Der Vatikan solle sich doch bitte darum kümmern, da es ja im Speziellen um das eucharistische Blutwunder von O’Cebreiro gehe. Diesem Brief legte er je eine Abbildung des entsprechenden Kelches bei.«
»Das war alles?«, fragte Alina skeptisch.
»Die Reaktion der römisch-katholischen Kirche war auch für Don Ferrari verblüffend. Er hatte nicht mit dem Priester der Kongregation für Glaubenslehre gerechnet, der unangemeldet aufkreuzte, um der Sache auf den Grund zu gehen. Aber der Priester aus dem Vatikan interessierte sich vor allem für den Kelch deines Vaters.«
»Danach ließ der Vatikan meinen Vater sicherlich beobachten. Und als sein Artikel in der Zeitung erschienen war, hatte man wahrscheinlich Angst vor einer kompletten Enthüllung der Botschaft und ließ ihn beseitigen.«
»Nein, es ging nicht nur um die Botschaft selbst«, sagte Maria nüchtern.
»Aber um was ging es dann?«, fragte Alina kopfschüttelnd.
»Laut den Recherchen deines Vaters hängt alles mit der Art und Weise der Offenbarung der Botschaft zusammen. Das Gefährliche für die Kirche ist nicht nur die Botschaft selbst, sondern vor allem auch die Art der Offenbarung. Botschaften gibt es viele, und, wie du bereits festgestellt hast, der Vatikan hat Übung darin, eine verstümmelte Halbwahrheit daraus zu machen.«
»Das ist doch alles total irre!«, sagte Alina und fuhr sich verzweifelt mit den Händen durchs Haar.
»Nicht unbedingt, wenn man es recht bedenkt. Denn das ganz große Beichtsiegel, das unter keinen Umständen gebrochen werden darf, ist die Beschaffenheit der Offenbarung.«
»Was ist denn an dieser Offenbarung so geheimnisvoll?«
»Vielleicht hast du ja schon davon gehört. Es gibt Gerüchte, die besagen, dass der Jakobsweg für die Templer ein Initiationsweg war.«
»Und wenn es so war? Was war das Ziel?«
»Es ist nebenbei bemerkt auch das Ziel aller Jakobspilger«, sagte Maria schmunzelnd.
»Santiago de Compostela?«
»Das allein ist nicht das Ziel der Jakobspilger.«
»Das Apostelgrab von Jakobus!« rief Alina erregt. »Die Kathedrale Santiago de Compostela.«
» Richtig , die Kathedrale«, sagte Maria lächelnd. »Dort wirst du auch die Botschaft der Templer finden.«
»Und wo?«
»Das kann ich dir nicht mit Worten sagen, du musst es selbst erfahren, wenn du dort bist. Doch allein wegen der Botschaft brauchst du jetzt nicht mehr zur Kathedrale zu gehen, denn in groben Zügen kennst du sie ja schon.«
»Mein Vater wurde ermordet, und ich will wissen, warum ! Und wenn es nicht wegen des Inhalts der Botschaft war, so muss ich jetzt erst recht zur Kathedrale, denn nur dort kann ich den wahren Grund erfahren.«
»Das ist für dich im Moment aber sehr gefährlich, Alina, der Killer ist auf deiner Spur. Ich kann mir vorstellen, dass Rom alles tun wird, dich nicht in die Kathedrale vordringen zu lassen. Und zwar deshalb, weil du mit deinem Wissen, das du hast, dort etwas sehen kannst, was niemand sehen soll. Du kennst jetzt den Code und den Schlüssel, dir wird sich offenbaren, was eingeweihten Templern noch geläufig war. Und jetzt, wo du das alles kennst, wirst du sie genauso lesen können, wie es die Templer damals konnten. Das wird der Vatikan nicht zulassen.«
»Maria, begreifst du denn nicht, ich muss es sehen! Ich habe das Recht, zu erfahren, warum mein Vater ermordet wurde.«
»Du kannst da aber im Moment nicht wie eine gewöhnliche Pilgerin hereinspazieren. Die Wächter werden den Eingang im Auge haben und nach dir Ausschau halten.«
»Es wird doch eine Möglichkeit geben, unerkannt in die Kathedrale zu gelangen!«, antwortete Alina trotzig.
»Dazu musst du erst einmal unerkannt bis nach Santiago de Compostela kommen. Alina , sei jetzt nicht leichtsinnig, es könnte dich sonst dein Leben kosten.«
Alina schwieg, doch in ihren Augen spiegelte sich eine feste Entschlossenheit. Maria erkannte, dass
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