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Wächter des Mythos (German Edition)

Wächter des Mythos (German Edition)

Titel: Wächter des Mythos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Saurer
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wahr!« rief Alina energisch. Ihre abwehrende Haltung bestärkte allerdings Gabriels Eindruck.
    »Ich sehe Ihren Kummer genauso klar, wie ich Sie hier vor mir sitzen sehe. Reden Sie mit mir, Alina. Fühlen Sie sich in irgendeiner Weise für das Unglück mitverantwortlich?«
    Sie brach plötzlich in ein heftiges Schluchzen aus. Gabriel reichte ihr einige Papierservietten und wartete, bis sie zu erzählen begann.
    »Es ist alles meine Schuld«, sagte sie schließlich leise. »Ich habe die Redaktion der Zeitung auf die Idee gebracht, meinen Vater ab und zu für sie schreiben zu lassen, denn er war ja auch immer so überzeugt von diesen Hypothesen.«
    »Was für Hypothesen?«
    »Zum Beispiel: Was wäre, wenn der Papst und die gesamte Kirche einer falschen Lehre folgten?«
    »Dann wäre alles Tun der Kirche Ketzerei«, entgegnete Gabriel mit einem Lächeln, um Alina etwas aufzuheitern.
    »Abgesehen von Ihrer haarscharfen Schlussfolgerung stellte sich für meinen Vater auch die Frage, wie sich eine Institution, die ja heutzutage als extrem rückwärtsgewandt wahrgenommen wird, modernisieren lässt. Angefangen mit der Jungfrauengeburt bis hin zur Auferstehung Jesu. Autoren wie Brown haben mit ihren Religions-Thrillern immerhin einen Versuch riskiert, indem sie Jesus eine Frau und Kinder an die Seite gestellt haben. Das stellt so einiges zumindest auf einen realistischen Boden.«
    Gabriel stutzte, denn mit einer derartigen Skepsis gegenüber der Kirche war er bisher selten konfrontiert worden. Er zog seine Brauen hoch und strich sich mit der Hand hilflos über den kahlen Kopf.
    »Die Inquisition hat die Gläubigen Jahrhunderte lang vor ihren Irrtümern bewahrt, indem sie ihnen mehr oder weniger verboten hat, das Wort Gottes zu lesen. Denn Fehldeutungen der Heiligen Schrift gelten ja bekanntlich als Wurzel aller Ketzerei. Doch bei Ihrem Vater dürfte ein solches Verbot, um eine alte Tradition zu wahren, nicht einfach gewesen sein. Abgesehen von seinem letzten Zeitungsartikel und seiner Kritik an der fehlenden Modernisierung der Kirche, was hat er denn sonst noch geschrieben?«
    »Von großer Bedeutung ist vor allem sein Artikel über den Jakobsweg als Grenzpfad zwischen der christlichen Kirche und dem Islam. Mein Vater war der Meinung, dass es sich beim Jakobsweg anfänglich um ein macht- und kirchenpolitisches Konstrukt gehandelt hat, der das Ziel verfolgte, die Islamisierung Europas zu beenden und die Verbreitung des christlichen Glaubens und somit die Macht der Kirche zu sichern. Denn der Weg, den die ersten Pilger nach Santiago zurücklegen mussten, bildete im nördlichen Spanien die Grenze zwischen dem christlichen Norden und dem islamischen Süden.
    In einem anderen Artikel schrieb er, wie die Pilgerbewegung in den folgenden Jahrhunderten zu Kreuzzügen mutierte, in denen man in Gottes Namen Ungläubige abschlachtete, um sich ihren Besitz einzuheimsen – den kirchlichen Segen und einen Platz in der ersten Himmelsreihe inklusive.«
    »Also ist es kein Wunder, dass die Kirche auf ihn aufmerksam geworden ist und ihn beobachten ließ«, sagte Gabriel nachdenklich.
    »Aber würde die Kirche heutzutage zu solchen Mitteln greifen, wenn jemand kritische Artikel über sie schreibt?«, fragte Alina bitter.
    »Sie haben doch selbst gesagt, wie rückwärtsgewandt die Kirche nach wie vor ist! Vielleicht war Ihr Vater ja auf einer schwarzen Liste.«
    »Schwarze Liste?«
    »Nun ja, auf der Leute stehen, die die Kirche als Sündenböcke missbraucht. Sie sollten sich nicht die Schuld an dem Tod Ihres Vaters geben. Es waren seine Artikel und seine Worte, die er veröffentlicht hat, nicht die Ihren.«
    »Ich denke, Sie haben Recht, es ist sinnlos, sich dafür verantwortlich zu fühlen«, antwortete sie nach längerem Schweigen so leise, dass Gabriel es kaum hören konnte. Dann fügte sie mit fester Stimme hinzu: »Viel wichtiger ist es für mich zu wissen, warum mein Vater gestorben ist. Was wusste er und warum wurde mein Vater ermordet? Helfen Sie mir, das herauszufinden?«
    »Ich weiß nicht, was für ein Geheimnis Ihr Vater aufgedeckt hat. Aber eines ist sicher, ich werde alles tun, um es herauszufinden. Der Mord an meinem Bruder und an Ihrem Vater stehen in einem mysteriösen Zusammenhang. Wir werden es herausfinden, indem Sie mir helfen, den Kelch zu finden. Und ich glaube, Ihr Vater wollte sein Geheimnis nicht mit sich in den Tod nehmen, er wollte es an Sie weitergeben, Alina.«
    »Gut, Sie helfen mir, die Wahrheit zu ergründen,

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