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Wächter des Mythos (German Edition)

Wächter des Mythos (German Edition)

Titel: Wächter des Mythos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Saurer
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diese acht Tugend-Regeln hier sehr flexibel gehandhabt wurden. Bis auf die Tugend, keine Leid verursachenden Aktivitäten auszuüben, stand es hier wohl mehr oder weniger jedem frei, wie sehr er sich an die Regeln hielt.
    »Hallo, du bist wohl neu hier!« rief ihm ein junger Europäer zu, der ohne etwas Bestimmtes zu tun zu haben gelangweilt vor dem Häuschen auf der Treppe saß. »Komm, setz dich.«
    Gabriel wollte weitergehen, blieb dann aber doch stehen und setzte sich etwas erschöpft neben ihn auf die Treppe.
    »Ich bin eben erst angekommen.«
    »Ach! Heute ist bereits mein zweiter Tag im Tempel, ich darf nix lesen, schreiben, geschweige denn Musik hören. Und ich hab sooo viele Bücher mitgebracht! Man , wie peinlich, die Nonne an der Anmeldung hat mich schon ganz blöd angeschaut, hab ja nicht gewusst, was hier so abgeht! Ich kann meinen Geist nicht dauernd festhalten und an nix anderes denken als an das, was ich im Moment tue, so wie die das von mir hier verlangen. Man , es ist sooo schwer! Die meisten Leute hier sind alle ein wenig komisch drauf. Sie meditieren und laufen rum wie auf Drogen. Hoffe nur, dass ich nicht auch so werde …«
    Gabriel wurde sich bewusst, dass der Eindruck, den er vorhin vom Tempel gewonnen hatte, trügerisch war. Doch er wollte nicht länger dem Geschwätz dieses jungen Mannes zuhören. Er war todmüde von der weiten Reise.
    »… stark sein und durchhalten«, plapperte dieser ungestört weiter. »Am Nachmittag hab ich etwas meditiert und viel geschlafen. Zwischendurch meine Kleider gewaschen und das Haus gekehrt. Viel zum Aufräumen hab ich hier ja nicht. Außer der dünnen Matte steht da drinnen nur noch ein Stuhl, ein Ventilator, ein Wäscheständer…«
    Gabriel war aufgestanden, er hatte genug gehört und wollte nur noch eins, und das war möglichst viel schlafen.
    »Ich bin eben erst aus Europa angekommen. Jetlag und so weiter, du weist schon was ich meine … Gute Nacht.«

Kapitel 3 
     
    Der Kardinal stand missmutig an einem der hohen Fenster, blickte lange auf den kleinen Ziergarten hinunter und stieß dann einen unzufriedenen Seufzer aus. Trotz all seiner Bemühungen kam er mit den Recherchen über den Morisken nicht weiter. Zudem hatte man ihm jetzt auch noch seine Privilegien beschnitten, indem man ihm einen Mann vor die Nase gesetzt hatte.
    Als wäre es nicht die Aufgabe seiner Abteilung, die Kirche vor Häretikern und anderem zu schützen. Er liebte es, sich ungezwungen in den Korridoren der Macht zu bewegen. Daher hatte es in seiner Abteilung bis vor Kurzem ja auch zwei Arten von Exorzisten gegeben. Die eine Art war wie aus dem Lehrbuch: besonders gottesfürchtige Männer, die versuchten, in Kontakt mit dem lästigen Geist oder Dämon zu treten, um durch dessen Beseitigung die Reintegration des Gläubigen herbeizuführen.
    Die zweite Art lag vermutlich weit jenseits von dem, was sich die meisten Glaubensbrüder unter einem Exorzisten, der im Auftrag ihres gemeinsamen Herrn unterwegs war, überhaupt vorzustellen vermochten. Auch wusste kaum jemand von ihrer Existenz, nicht einmal in den innersten Kreisen der Macht des Vatikans, denn die Methoden dieser Art von Exorzisten waren zu weit entfernt von Gottesfurcht, als dass jemand einen Zusammenhang herzustellen gewagt hätte. Doch die Geheimnisse der Kirche waren schon immer mit Blut befleckt, denn nur das verlieh ihnen die Autorität, die Mission der Kirche ordnungsgemäß zu erfüllen.
    Nun war der Mann, der diese zweite Art des Exorzierens zu ungeahnter Perfektion getrieben hatte, tot und zudem auch noch in den Schlagzeilen. Einen Nachfolger gab es nicht und durfte es innerhalb der Kirche auch nicht mehr geben, so die Weisung von ganz oben. Nur wegen dieses unseligen Versagers, wegen Roberto hatte man dem Kardinal einen von ihm verhassten Mann direkt vor die Nase gesetzt. Mit anderen Worten: Er selbst und somit die Kirche durfte ab jetzt nur noch indirekt agieren.
    Das schrille Läuten des Telefons riss ihn aus seinen düsteren Gedanken. Sein Erster Sekretär, Vikar Dario, war am Apparat.
    »Haben Sie neue Informationen über diesen … Höllenhund?«, fragte der Kardinal gereizt.
    »Nein, leider nicht. Aber ich habe neue Informationen über diese junge Frau, die für Dr. Bernard überall ihre Nase hineingesteckt hat. Sie ist keine Journalistin, heißt Alina Chanloy, graduierte an der Universität Basel und arbeitete eine Zeit lang als Archäologin. Sie steht zu Bernard in sehr enger Beziehung.«
    Ein

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