Wächter des Mythos (German Edition)
kryptisch aus«, sagte Gabriel und lachte, als er die Zeichenkette von Bernard sah. »Und du meinst, das ist die Lösung? ›Habe etwas für Dich im Haus 2 versteckt. Ich hoffe, Du nimmst Dir die Zeit und findest die Lösung!‹ «
»Das ist sie, so sicher wie das Amen in der Kirche.«
»Wenn du meinst ...«, schmunzelte Gabriel, »für wann hast du den Flug gebucht?«
»Wir fliegen morgen Abend von Chiang Mai nach Bangkok. Der Flug von Bangkok nach Paris ist um Mitternacht.«
»Und der Inlandsflug? Wo liegt das Haus deines Vaters?«
»Der Name des Ortes ist vorläufig noch mein Geheimnis. Doch soviel kann ich dir verraten, das kleine Nest, in dem sich das Haus befindet, wird dir gefallen.«
»Und warum?«
»Dort ist nicht nur am Sonntag Gottesdienst, sondern auch an jedem anderen Tag, den unser gnädiger Herr im Himmel werden lässt.«
Gabriel sagte nichts. Ihm war klar, dass Alina seit dem Mord an ihrem Vater wohl nicht mehr allzu viel Respekt gegenüber der Kirche aufbringen konnte. Sie fand nun Vergnügen daran, ihm das demonstrativ mitzuteilen. Außerdem hatte er den Eindruck, sie wollte das Ruder jetzt selbst in die Hand nehmen. Vielleicht zweifelte sie daran, ob sie ihm auch wirklich ganz vertrauten konnte.
»Nun, du scheinst erst aufgestanden zu sein. Ich fahre schnell mit dem Motorrad auf den Markt und besorg uns etwas zum Frühstück. Ich schau’ vielleicht auch noch kurz bei Nong Ding vorbei. Du brauchst dich also nicht zu beeilen und kannst dir Zeit lassen beim Duschen.«
Bevor sie sich zum Gehen wandte, deutete sie auf einen alten Kasten aus Teak, dessen Türen aus traditionellen Fensterläden hergestellt waren. »Dort im Schrank gibt es alles, was du brauchst, um dir einen Kaffee zu machen. Alles andere gibt es, sobald ich wieder zurück bin.«
Kapitel 4
Am Fischmarkt stellte Alina ihr Motorrad neben einen Gemüsestand, um hier ein paar Kräuter und einen großen Fisch einzukaufen. Sie wollte sich gerade den Kräutern zuwenden, als ein frecher Bengel mit einem Hammer auf ihr Motorrad einzuschlagen begann und die Lampe zertrümmerte. Im ersten Moment sah sie dem Jungen nur fassungslos zu, denn so etwas hatte sie hier noch nie erlebt. Die Marktfrauen warfen ihm schon empörte Rufe zu, als Alina loshastete, um den Jungen daran zu hindern, noch mehr an ihrem Motorrad zu demolieren. Kurz bevor sie ihn erreicht hatte, warf er ihr den Hammer vor die Füße und rannte davon. Sie ließ das Werkzeug liegen und rannte ihm nach, um den Jungen einzuholen und eine Begründung für sein Tun zu fordern.
Beide jagten am Fischstand vorbei und auf der schmalen Straße am Ufer des Flusses entlang. Während des Laufens schien der Junge etwas zu verlieren, ein Stück Papier segelte durch die Luft und blieb am Boden liegen. Diesmal hielt Alina verdutzt inne, um es rasch aufzuheben. Es war ein Foto von ihr.
In Alinas verärgerter Überraschung mischte sich eine Spur Unbehagen, dann hetzte sie weiter. Etwa dreihundert Meter vom Markt entfernt blieb der Junge plötzlich vor einem alten Baum stehen, unter dem eines der großen Geisterhäuser stand, die hier an bestimmten Orten zu finden waren. Denn neben dem Buddhismus war der Animismus in Mae Chaem nach wie vor ein verbreiteter Volksgaube. Der Junge warf jetzt einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass Alina ihm immer noch folgte. Dann war er plötzlich hinter dem Geisterhaus verschwunden.
Alina blieb kurz stehen, rechts war der Fluss, links ein Wohnhaus, doch außer ihr war niemand zu sehen. Ahnungslos folgte sie dem Jungen hinters Haus, da sprang plötzlich ein dunkler Schatten auf sie zu. Für einen Moment stockte ihr der Atem, aber im selben Augenblick hatte sie sich wieder gefasst und machte einen Sprung zur Seite. Ein Mann fiel ihr der Länge nach vor die Füße.
Alina war zu schockiert, um reagieren zu können. Wütend sprang der Mann wieder auf die Beine und zog ein Messer, um sie erneut anzugreifen. Sein Blick, der direkt aus der Dunkelheit seines Herzens zu kommen schien, ließ Alina erstarren. Dieser Mann wollte ihr Böses, er wollte sie vielleicht sogar umbringen.
Langsam kam er auf sie zu, ohne sie nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Blitzschnell, ohne zu denken, ergriff Alina seinen Arm, während sie zur Seite wich, um die Kräfte des Zusammenstoßes an ihr vorbei zu lenken. Er stieß einen schrillen Schrei aus, als ihm das Messer aus der Hand fiel. Mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht wandte er sich am Boden, während
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