Wächter des Mythos (German Edition)
für eine Heilige Hochzeit, bei der sich das Göttliche mit dem Menschlichen vereinte. Dadurch erneuerte sich in einem übertragenen Sinne die alles durchdringende kosmische Lebenskraft und ermöglichte damit Leben und Fruchtbarkeit von Mensch und Natur.
Es ist also nicht nur die Reichsidee, die in der Adaption der Gralslegende durch den Templerorden zum Durchbruch kommt, sondern damit auch die Wiederbelebung der Leben spendenden weiblichen Urkraft, die der Gralskelch symbolisiert.‹ «
»Und?«, sagte Gabriel, nachdem beide einen Moment geschwiegen hatten, da das Schreiben von Alinas Vater zu Ende war. »Kannst du aus dem Faktenreichtum des Artikels irgendetwas herauslesen, das uns zu der entscheidenden Frage führt: Wo steckt dieser verflixte Kelch?«
»Nein. Auf eine so direkte Frage werden wir wohl keine Antwort bekommen. Doch wir sollten uns jetzt mal die mit Stichwörtern verknüpften Links ansehen, zum Beispiel › matriarchales Element ‹ .«
Alina klickte auf das Stichwort matriarchales Element und die betreffende Seite öffnete sich von selbst. Erstaunt las sie Gabriel den Text vor.
» ›Dieser Teil meiner Grals-Trilogie behandelt den ›matriarchalen Gral‹, der eine runenartige Inschrift trägt. Er steht für die Weisheit und symbolisiert die alles umfassende kosmische Lebenskraft. Sie repräsentiert das weibliche Prinzip der schöpferischen Urkraft. Diese alles durchdringende Kraft ist stetig und überall, sie ist unabhängig und unbeeinflussbar durch Magie, Opfer oder Gebet. Als Menschen müssen wir das respektieren und in Harmonie mit diesem Prinzip leben.‹ «
»Das hört sich für mich ja fast feministisch an«, meinte Gabriel seufzend.
»Ist das der Kelch, den du suchst?«, überging Alina seinen Einwand.
»Wie meinst du das?«
»Hatte dein Gralserbstück nun eine runenartige Inschrift oder nicht?«
»Das müsstest du doch eigentlich besser wissen, ich habe nicht einmal eine Ahnung, was das ist.«
Alina schwieg, klickte auf das Stichwort Inschrift und las ihm den Text vor:
» ›Ein sehr interessantes und rätselhaftes Kapitel ist die Kryptografie der Templer, der sich der Orden zur Verschlüsselung von wichtigen Dokumenten und Botschaften bediente. Hypothesen, die sich auf die Entschlüsselung angeblicher Geheimtexte der Templer stützen, hat es in jüngerer Zeit zahlreiche gegeben. Neue Ergebnisse zeigen, dass ihr Wesen und Geheimnis in Diagrammen zur Konstruktion von gotischen Kirchen liegen soll. Nützliches dazu im Sektor S, Nr. 270, 53, 3.‹ «
»Was soll denn das nun wieder bedeuten?«, fragte Gabriel ungeduldig, »vor allem dieser letzte Satz.«
»Dass jemand von uns im Sektor S das Buch Nr. 270 aus dem Regal nehmen und die Seite 53 aufschlagen und Passus drei lesen soll.«
»Ach! Du meinst, das Buch ist hier irgendwo zu finden?«
»Ja, natürlich! Komm mit, ich zeig dir, wie unsere Bibliothek gegliedert ist.«
Alina und Gabriel bahnten sich einen Weg durch das Labyrinth der Bücher, vorbei an übervollen Regalen und einzelnen Tischen mit wackeligen Bücherstapeln, die allen Gesetzen der Schwerkraft zu trotzten schienen. Verblüfft stellte Gabriel fest, dass es in dem allgemeinen Chaos offenbar ein System der Ordnung gab. Alina hatte im Nu Sektor S mit dem Buch Nr. 270 gefunden. Sie blätterte auf Seite 53 und las ihm den Passus 3 laut vor.
» ›Die ältesten Steinmetzzeichen sind in Ägypten zu finden. Sie wurden von der Abusir-Expedition der Deutschen Orient-Gesellschaft an einem Grabmal aus dem Jahr 2450 v. Chr. entdeckt. Sie ergeben in der richtigen Reihenfolge gelesen einen Satz.‹ «
»Ach? Aber was hat das mit der Kryptografie der Templer zu tun?«
»Das weiß ich auch nicht«, sagte Alina, schlug das Buch zu und stellte es an seinen Platz zurück. Dann ging sie nachdenklich zum Computer.
»Das nächste Stichwort ist › gotische Kirchen ‹. Mal sehen, vielleicht haben wir diesmal mehr Glück«, sagte Gabriel aufmunternd.
»Vielleicht ist das Ganze ja wie eine Art Puzzle aufgebaut. Wir erhalten die Informationen nur teilweise. Manche ergeben erst in einem gewissen Kontext einen Sinn.«
Gabriel seufze und rutschte nervös auf dem Stuhl herum. »Das kann ja noch heiter werden«, jammerte er vor sich hin. »Vor allem: Wenn wir so weitermachen, werden wir nur sehr langsam vorankommen. Also, worauf wartest du, klick schon auf das nächste Stichwort.«
»Pyramiden haben eindeutig nichts mit gotischen Kirchen zutun«, sagte Alina, die in Gedanken den letzten
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