Wächter des Mythos (German Edition)
wir hinab zu den Wurzeln des Wissens und der Weisheit, um einer neuen Persönlichkeit willen?«
»Wenn ich hier im Keller all die Bücher sehe, so bin ich wohl nicht mehr allzu weit von Wissen und Weisheit entfernt.«
»Na gut, dann steige ich eben alleine hinab«, gab sie ihm trotzig zur Antwort.
»Das war nur ein Scherz! Also, lass uns jetzt mal diese Hebemechanik hier studieren, denn für einen normalen Wassereimer ist dieser Aufzug nicht gedacht.«
»Was da in der Mitte hängt, ist ja eigentlich auch eher eine Badewanne für ein Kleinkind als ein Wassereimer«, sagt Alina, sichtlich erleichtert über Gabriels Elan, mit dem er sich nun der Mechanik zuwandte.
»Dieses Ding ist links und rechts an Seilen befestigt, die jeweils über Winden zu den beiden Spulen dort oben führen, wo sich die Seile links und rechts auf- oder abrollen.«
»Genau! Mein Vater war so stolz, diesen Mechanismus wieder funktionsfähig gemacht zu haben. Dort oben in der Mitte ist noch eine dritte Winde. Damit kann ein zusätzliches Seil am Kessel befestigt werden, um ihn zu kippen oder über den Brunnenrand zu ziehen.«
»Um wirklich nur Wasser nach oben zu befördern, dafür ist der technische Aufwand für das Hebewerk wirklich enorm. Sieh dir mal die Kettenführung zwischen den beiden Spulen und den Kurbeln an. Und dort, die beiden Zahnräder, die verhindern, dass beim Heraufziehen durch das Gewicht alles wieder in die Tiefe saust. Also, für mich ist das hier fast eine Art mittelalterliches Hightech .«
»Du hast wohl eine technische Ader wie die meisten intelligenten Männer«, schmeichelte ihm Alina. »Na, was ist, wollen wir diese Wanne jetzt runterlassen, um zu gucken, wie der Mechanismus funktioniert?«
»Dem Vers nach sollten wir an der linken Kurbel drehen. Doch ich fürchte, die beiden Kurbeln links und rechts laufen synchron, da sich die Spulen um die gleiche Achse drehen.«
»Lass es uns doch einfach mal versuchen«, meinte Alina und machte sich sogleich an die Arbeit. »Vielleicht setzten wir so einen verborgenen Mechanismus in Gang.« Nachdem sie beide zusammen die Wanne einmal hinab und dann wieder sehr mühsam herauf gekurbelt hatten, blickten sie sich erschöpft und enttäuscht an. Die Wanne war bis an den Rand mit Wasser gefüllt, aber sonst hatte sich nichts getan.
»Ich glaube, du hattest recht.«
»Zwei synchron laufende Kurbeln machen ja auch Sinn«, sagte Gabriel und wischte sich die Schweißperlen vom kahlen Kopf.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Alina mutlos. »Besorgen wir uns eine Taucherausrüstung?«
»Bist du denn sicher, dass wir an der richtigen Stelle suchen?«
»Dieser Brunnen samt Hebewerk ist doch eigentlich der ideale Mienenschacht, oder etwa nicht?«
»Nun ja, so gesehen hast du recht, doch was ist mit dem Wasser?«
»Das ist Tarnung, zudem auch nützlich und lebenswichtig«, sagte Alina nüchtern.
»Aber du meinst doch nicht, dass die Grubenarbeiter nach dem Salz tauchen gingen?«
»Ach was« sagte Alina energisch. »Irgendwie muss es hier ein System geben, um das Wasser aus dem Schacht zu kriegen.«
» Ein System? Etwa so wie ’ne Art Klospülung? « Gabriel sah Alina verschlagen an.
»Klo hast du gesagt«, antwortete sie grinsend, »doch ich glaube, die Idee ist gar nicht mal so übel. Vermutlich kann man diesen Brunnen leeren und dann genau so auch wieder fluten.«
»Ich sagte ja schon«, erwiderte Gabriel, »mittelalterliches Hightech .«
»Ja, das hast du bereits gesagt. Damit wäre das hier wohl die Urvorlage aller Klospülungen.«
»Na, dann lass es uns noch mal anders versuchen«, sagte er mit neu erwachtem Ehrgeiz und begann, wie wild an der Kurbel herumzufummeln. »Also, wie könnte so ein Mechanismus denn funktionieren?«
Gabriel nahm das Rad genauer unter die Lupe, zog und drehte daran, doch es tat sich nichts Außergewöhnliches.
»Und, ist dir schon irgendetwas aufgefallen?« fragte Alina, die allmählich ungeduldig wurde.
»Nein … oder …?«, Gabriel stutze, denn das Rad schien irgendwie nicht starr mit der Achse verbunden zu sein, es hatte etwas Spiel und ließ sich ganz leicht bewegen. Dann entdeckte er einen kleinen Hebel, der sich aufklappen ließ. Er zog nochmals am Rad, das jetzt mit einem Klicken plötzlich auszurasten schien.
»Na, also«, sagte Alina hoffnungsvoll, »das ausgeklinkte Rad läuft jetzt nicht mehr synchron. Dann lass uns daran drehen und sehen, was jetzt passiert.«
Sie mussten sich abmühen, denn das Rad ließ sich nicht so
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