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Wände leben - Samhain - Ferner Donner

Wände leben - Samhain - Ferner Donner

Titel: Wände leben - Samhain - Ferner Donner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Gewächs vorsichtig mit der Schuhspitze antippte, brachen viele der Wurzeln ab.
    Die Pflanze war tot.
    In diesem Moment war er sicher, dass es sich nicht um einen Spezialeffekt handeln konnte. So etwas konnte man in einem Film mit Computeranimation bewerkstelligen, aber in der Realität war das nicht zu machen. Irgendetwas Unerklärliches hatte sich vor seinen Augen ereignet. Jetzt war es vorüber, und er wusste nicht, ob er froh oder enttäuscht darüber sein sollte. Es hatte kaum eine Minute gewährt.
    Thorsten hatte sich vor einer halben Stunde ein Bier genehmigt, das zweite an diesem Tag, aber er war keineswegs betrunken. Unsicher trat er durch die geöffnete Tür in den Flur hinaus. Zum ersten Mal in seinem Berufsleben bereitete es ihm Unbehagen, alleine zu sein. Er mochte es nicht, wie seine Schritte in dem riesigen Steingebäude widerhallten. Überall hingen noch seine Klebezettel an den Wänden, und sie kamen ihm auf einmal lächerlich vor. Er war versucht, einen neuen an die Tür dieses Klassenzimmers zu heften, mit der Aufschrift: „Hier spukt es. Unbedingt vor Unterrichtsbeginn beheben!“
    Ein dumpfes Brummen erfüllte mit einem Mal das Treppenhaus, ganz leise und tief. Es war das Geräusch, das immer dann erklang, wenn ein Wagen in die Tiefgarage einfuhr. Man konnte es nur hören, wenn man an dieser Stelle stand – irgendeine Laune der Akustik.
    Der Ferrari! Nach der Richtung zu urteilen, in die er den Parkplatz verlassen hatte, war es möglich, dass er in die Tiefgarage fuhr. Was suchte er da? Er konnte sich nicht erinnern, dieses Auto jemals in der Nähe der Schule gesehen zu haben. Ein Französischlehrer fuhr einen Peugeot 206 CC Quiksilver, und das war der einzige Wagen, der dem Ferrari auch nur im Entferntesten nahe kam. Möglich, dass der Lehrer umgesattelt hatte. Aber was suchte er mitten in den Ferien in der Schule?
    Thorsten Schindler beschloss, dass es seine Pflicht war nachzusehen. Er lief die breite Treppe in das Untergeschoss hinab, von wo aus eine Tür zur Tiefgarage führte. Dort würde abgeschlossen sein, aber er hatte einen Schlüssel.
    Kurz bevor er um die Ecke in den Gang bog, wo sich die Tür befand, spürte er, wie sich die Härchen in seinem Nacken aufstellten. Schwer zu sagen, woher diese Empfindung kam. Hier unten gab es neben einigen Kellerräumen auch zwei Klassenzimmer, die allerdings nur in Ausnahmefällen belegt wurden, da es hier unten kein natürliches Licht gab. Die Räume waren, soweit er das sehen konnte, alle geschlossen, und der geräumige, übersichtliche Flur zeigte ihm, dass sich hier niemand aufhielt.
    Trotzdem gab es Geräusche. Keine Schritte, keine Stimmen. Es war eher, als würde in den Wänden etwas … knacken, als würde das ganze Haus sich insgeheim recken . Thorsten dachte an ein Erdbeben. Hatte sich der Boden unter dem Gebäude abgesenkt? Das wäre sogar eine logische Erklärung dafür gewesen, dass der Blumentopf vom Fensterbrett gefallen war. Natürlich musste man all das ignorieren, was er gesehen hatte, um diese Erklärung zu akzeptieren.
    Oder war etwas mit den elektrischen Leitungen nicht in Ordnung? Hatte er bei seinen Reparaturen irgendwo etwas ausgelöst? Ihm fiel nichts ein, was zu knackenden Geräuschen in den Wänden führen konnte, und erst recht nichts, was eine vertrocknete Pflanze zum Leben zu erwecken vermochte. Aber er war kein Biologe. Hatte es nicht schon Experimente mit Pflanzen und Strom gegeben?
    Er erreichte die Tür. Den Schlüsselbund hatte er in der Hand. Doch er zögerte.
    Ein leichtes Knistern war zu hören. Stand die eiserne Tür zur Tiefgarage womöglich unter Strom?
    „Angsthase“, flüsterte er und steckte den Schlüssel ins Schloss. Er trug festes Schuhwerk und würde es überleben, wenn er eine gewischt bekam.
    Einen Schlag bekam er nicht. Dafür geschah etwas anderes.
    Die Oberfläche der Tür beschlug , wurde stumpf. Beim Herumdrehen des Schlüssels hatte er das Gefühl, in einer weichen Masse herumzurühren. Mit einem Schlüsselloch hatte das nichts mehr zu tun. Er zog die Hand zurück, stolperte einen Schritt nach hinten. Die Stelle rund um das Schloss bewegte sich ein winziges bisschen, schwoll an, das Loch weitete sich, und der Schlüssel fiel heraus.
    Ein dünner Flaum wuchs auf der Tür. Es war schwer zu sagen, ob es sich um eine Behaarung handelte, oder ob man es mit einer Flechte oder einem Pilz zu tun hatte. Die winzigen Härchen schimmerten metallisch.
    Der Hausmeister hatte genug gesehen. Er wirbelte

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