Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition)
Gegnerin. Sonst hätte ich dem Kind ja auch gar nichts beibringen können. Es soll nicht denken, alles sei immer ganz einfach, nur weil das bei mir so aussieht. Ich wähle nun eine Miene der professionellen Verständnislosigkeit. «Entschuldigung, aber dreißig Euro, bei aller Liebe – wollen Sie mich veräppeln?»
«Ich würde nie jemanden veräppeln, der Suppe aus einem Aschenbecher essen will. Sie haben es ja offensichtlich sonst schon schwer genug.»
Okay, genug des Vorgeplänkels. Ich erhöhe das Tempo. «Also gut, sagen wir zwanzig, und dafür verzichte ich auf den Aschenbecher.»
«Ich geb Ihnen Aschenbecher und Bauernhof zusammen für fünfzig.»
«Wie, fünfzig? Das ist dann ja gar kein Rabatt.»
«Dafür berechne ich Ihnen nichts für das Zusammenzählen der Preise.»
«Nur der Bauernhof für zweiundzwanzig, mein letztes Wort.»
Sie schaut mich durchdringend an. Ich bleibe freundlich, aber entschlossen im Blick. Das war’s. Sie weiß es noch nicht, aber sie hat verloren. Sie zappelt schon im Netz. Jetzt muss ich es nur noch langsam einholen. Ihren Widerstand brechen mit einem jede Diskussion beendenden: «Na gut, fünfundzwanzig und fertig, dann haben alle gewonnen.»
Sie schaut mich an, öffnet quasi willenlos den Mund und sagt den magischen Satz: «Na denn eben nicht! Schönen Tag noch!»
Während sie auf die andere Seite des Standes schlurft, realisiere ich, dass das eigentlich gar nicht so richtig der Satz war, den ich erwartet hatte. Rufe reflexartig: «Sechsundzwanzig!»
Sie schaut nicht mal herüber.
«Siebenundzwanzig!»
Keine Reaktion.
«Achtundzwanzig fünfzig!»
Sie gähnt.
Die Tochter fragt: «Bist du jetzt gerade dabei, sie weichzukochen?»
Die Frau kommt langsam zurück, flüstert: «Dreißig, ohne Figuren. Und weil ich Sie so anziehend finde, darf ich Ihnen mal an den Hintern fassen.»
«Was?»
«Gut, den Hintern erlasse ich Ihnen und mir, aber das ist jetzt wirklich mein letztes Angebot.»
«Sie wollten mir doch gerade den Bauernhof schon
mit
Tieren für dreißig verkaufen.»
«Ja, aber der Preis ist gestiegen. Ist halt Angebot und Nachfrage.»
«Wie, Nachfrage? Da ist doch gar kein anderer Interessent.»
«Das kam telefonisch rein. Ein mysteriöser Bieter aus Übersee.»
«So ein Quatsch. Sie haben ja nicht mal telefoniert.»
«Das macht mein Assistent.» Sie zeigt nach hinten auf den geöffneten Kofferraum ihres Kombis, wo ein riesiger Bernhardiner liegt und schläft.
Nicht schlecht. Man muss auch anerkennen können, wenn man geschlagen wurde. Das gehört zum Spiel. Gebe ihr die dreißig Euro für den Bauernhof. Zufrieden steckt die Verkäuferin das Geld ein. Dann beugt sie sich zu meiner Tochter. «Komm, hier, die Figuren und Tiere schenk ich dir. Und weißte was, den Marmoraschenbecher geb ich dir auch dazu. Kannste deinem Vater verkaufen. Wenn du das geschickt anstellst, gibt der dir locker zwanzig oder fünfundzwanzig Euro dafür.»
Auf dem Heimweg bedankt sich meine Tochter, weil ich ihr beigebracht habe, wie man richtig auf dem Flohmarkt handelt. Ich gebe ihr zu verstehen, dass ich nicht darüber reden möchte.
Sie insistiert: «Nein, nein, ich habe das schon verstanden, dieses Spiel: guter Käufer, blöder Käufer. Du hast dich absichtlich doof und idiotisch angestellt, damit die Verkäuferin Mitleid mit dem Kind bekommt und mir am Ende die Sachen schenkt. Das war bestimmt nicht einfach für dich. Den Blöden zu spielen. Aber die ist dir voll auf den Leim gegangen.»
Denke: Guck mal an, was für ein außergewöhnlich kluges Kind. Hat sie wahrscheinlich von mir.
Die schönsten Weihnachtsmärkte der Welt (Folge 26 ): Der Christkindlesmarkt in Nürnberg
Auf dem Christkindlesmarkt in Nürnberg, dem wohl größten Weihnachtsmarkt der Welt, beobachte ich eine Gruppe norddeutscher Senioren, die sich vor einem der vielen Glühweinstände aufgebaut haben und spontan ein Konzert geben. Sie singen Weihnachtslieder und haben schon richtig viel Publikum angelockt. Das liegt zum einen an ihrer Lautstärke. Eigentlich brüllen sie die Weihnachtslieder mehr, als dass sie sie singen. Außerdem weichen ihre Versionen auch textmäßig ein wenig von den Originalen ab. Gerade singen sie: «Alle Jahre wieder / kommt der Bauersmann / auf die Bäurin nieder, / strengt sich tüchtig an.»
Wuchtig und fröhlich intonieren sie diese Zeilen. Besonders Kinder bleiben stehen und hören begeistert zu. Die Eltern hingegen versuchen, sie irgendwie weiterzuziehen, oder halten ihnen
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