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Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition)

Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition)

Titel: Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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Berlinale-Team allerdings meint grinsend: «Ach, kommen Sie, lassen Sie ihn noch einmal. Es macht ihm doch so viel Spaß.»
    Ein Mann von Welt. Der versteht mich. Lächle ihn freundlich an, als ich wieder rausgehe. Bin gerade die üblichen zwanzig Meter weg, als er plötzlich das Tor für die normale Schlange öffnet und das gesamte wartende Publikum eilig reinströmt.
    Im Saal sind, als wir ihn erreichen, nun natürlich fast alle Plätze besetzt. Die Freundin schaut unzufrieden. Ich sehe es schon kommen: Wenn wir keine zwei freien Sessel mehr finden, werde ich wieder schuld sein. Irgendwie wird sie das so drehen.
    Ein asiatischer Mann steht in der siebten oder achten Reihe und winkt uns heran. Keine Frage, er will, dass wir zu ihm kommen. Warum auch immer. Und er hat zwei Plätze für uns neben sich freigehalten. Wir drängeln uns zu ihm durch. Alle müssen aufstehen und sind sichtbar genervt. Dennoch lächeln sie dann das berühmte freundlich-verträumte Berlinale-Lächeln.
    Als wir nur noch knapp zwei Meter von ihm entfernt sind, bemerkt er plötzlich die Verwechslung. Jetzt versucht er uns genauso hektisch, wie er uns hergewunken hat, wieder wegzuscheuchen. «No, no, not you, a misunderstanding, go away, go away, not you, go away again, please, please, go!»
    Wir verstehen natürlich sofort sein Dilemma, tun aber selbstverständlich so, als würden wir nichts begreifen, setzen das freundlich-verträumte Berlinale-Lächeln auf und nehmen auf den freigehaltenen Sitzen Platz.
    Er wird noch hektischer. «No, no, stand up, please, no, not you, go away, go away, please.» Er wirkt wirklich verzweifelt.
    Wir bekommen doch ein schlechtes Gewissen. Mit einem Blick verständigen wir uns darauf, die Plätze zu räumen.
    Der Mann winkt jetzt einem Pärchen am Rand zu. Beim Aufstehen schaue ich rüber und finde es fast schon eine Frechheit, mit denen verwechselt worden zu sein. Der Mann ist doch wohl viel kleiner und dicker als ich. Aber auch sonst, wirklich intelligent schaut der ja nun nicht gerade aus. Auch die Freundin ist sichtlich unzufrieden mit ihrem vermeintlichen Ebenbild. Unglaublich. Zur Strafe sinken wir sofort zurück in unsere Sessel.
    Stimmt es also tatsächlich, dass wir Europäer für die Asiaten praktisch alle gleich aussehen? Na, das hat er jetzt davon. Wegen seines asiatischen Ethnozentrismus müssen seine Freunde nun stehen. Kann er während des Films vielleicht mal drüber nachdenken.
    Dann geht das Licht aus, und der asiatische Mann gibt auf.
    Nach rund einer Stunde merke ich, dass der Zuschauer rechts von mir eingeschlafen ist. Im schwachen Projektorlicht erkenne ich seine Akkreditierungskarte. Vom italienischen Fernsehen. Denke: Na toll, der wird mir ja einen schönen Bericht über den Film machen. Sehe dann: Die Frau neben ihm schläft auch und der Mann dahinter ebenfalls. Die Leute vor und hinter mir genauso. Schaue mich um. Um Gottes willen. Das gesamte Kino schläft, selbst die Freundin und der asiatische Mann. Sogar die Jury. Alle schlafen. Ach du meine Güte. Die Weltöffentlichkeit schläft. Ich bin der Einzige, der diesen Wettbewerbsfilm noch sieht. Jetzt kommt’s auf mich an. Nur ich werde von diesem ungarisch-französischen Film kompetent berichten können. Was für eine Verantwortung. Ich muss jetzt voll konzentriert sein, mir darf nichts entgehen.
    Die Freundin stößt mich in die Seite. Sie zischt: «Sag mal, bist du eingeschlafen?»
    Schrecke auf. «Nein, nein, ich bin nur passiv wach.»

    Später, als wir nach dem Film in der Tür des völlig überfüllten Restaurants stehen und verzweifelt nach zwei freien Plätzen Ausschau halten, fragt sie mich noch mal: «Ich glaube, du bist vorhin während des Films doch eingeschlafen, oder?»
    «Ja, schon, aber du glaubst nicht, was ich geträumt habe. Ich habe geträumt, alle anderen wären eingeschlafen und ich hätte als einziger Mensch der Weltöffentlichkeit diesen Film gesehen.»
    «Ach.»
    «Ja, und ich habe mir überlegt, vielleicht ist das so, wenn man stirbt: dass man dann auch denkt, man würde als Einziger noch leben und alle anderen wären tot.»
    Die Freundin schaut mich an, lächelt ihr freundlich-verträumtes Berlinale-Lächeln und sagt: «Entschuldigung, was hast du gesagt? Ich war gerade passiv wach.»
    Ich weiß nicht genau, was sie damit meint. Überlege, ob ich nachfragen soll, als wir sehen, dass ganz hinten im Lokal der asiatische Mann vor zwei freigehaltenen Plätzen steht und uns zuwinkt. Wir machen uns auf den Weg. Wenn

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