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Waffenschmuggel

Waffenschmuggel

Titel: Waffenschmuggel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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geirrt. Es handelt sich nicht um ein paar hundert Dollars, sondern um viele tausend.«
    Um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen, tat Mr. Tan, als lese er die Liste ein zweites Mal. Er war fast sicher, daß der ›Freund‹, für den der Plantagenaufseher zu handeln vorgab, nicht existierte. Der Inder mußte in verzweifelter Geldnot sein, wenn er das Risiko auf sich nahm, sich an jemanden zu wenden, den er so wenig kannte, oder er mußte seiner Menschenkenntnis sehr sicher sein. Mr. Tan hatte das unangenehme Gefühl, daß die zweite Erklärung die wahrscheinlichere war. Selbstbewußt genug sah der Bursche aus, und keineswegs verzweifelt. Natürlich war es möglich, daß er log; und die ganze Geschichte konnte ein bloßer Trick sein, um zu Geld zu kommen. Aber eigentlich glaubte Mr. Tan das nicht. Auf jeden Fall würde es leicht nachzuprüfen sein. Er blickte wieder auf und begegnete dem Blick des Sekretärs.
    »Mein Freund ist bereit«, sagte Girija, »jedem, der einen Käufer auftreibt und die Ablieferung der Waren übernimmt, eine Kommission von fünfzig Prozent zu zahlen.«
    Mr. Tan schüttelte den Kopf. »Aber das wäre eine kriminelle Handlung. Begreift Ihr Freund das denn nicht?«
    »Das war auch mein erster Gedanke«, sagte Girija zustimmend, »aber mein Freund war anderer Meinung. Dies ist kein gestohlenes Gut, sagt er. Es gibt keinen Eigentümer. Wenn die Ware ins Ausland ginge, würde sich die Polizei sowieso nicht mehr dafür interessieren. Der Ausnahmezustand ist vorbei. «
    »Aber die Gesetze bleiben bestehen.«
    »Das ist wahr.« Girija nickte nachdenklich. »Sie meinen also, Sir, ich sollte meinem Freund sagen, Sie rieten ihm, zur Polizei zu gehen?«
    »Ich denke, Sie sollten ihm sagen, er müsse sich die ganze Sache aus dem Kopf schlagen.« Mr. Tan unterbrach sich und fügte dann hinzu: »Vielleicht werden die Gesetze eines Tages weniger streng sein.«
    »Ja, das ist wahr.«
    »Derartige Waren wird man immer verkaufen können«, Mr. Tan sah wieder auf die Liste hinunter. »Haben Sie selbst irgend etwas von diesen Dingen zu sehen bekommen?«
    »Mein Freund ist natürlich vorsichtig.«
    »Aber glauben Sie ihm? Sie sagen, er wünsche einen Käufer zu finden. Eine Liste ist kein Beweis dafür, daß es wirklich etwas zu verkaufen gibt. Könnte er Muster vorzeigen?«
    »Er wäre nur allzu gern bereit dazu, Sir.«
    Mr. Tan faltete das Verzeichnis wieder zusammen. »Ich kenne mich in diesen Dingen wenig aus«, sagte er, »aber ich habe mir sagen lassen, daß man auf diesem Marktgebiet nicht leicht an Käufer herankommt. Es müssen Kontakte aufgenommen werden. Das kostet Zeit. Man darf nichts überstürzen.«
    »Mein Freund hat Geduld.«
    »Dann tun Sie, was ich Ihnen vorgeschlagen habe. Sagen Sie ihm, er soll die Sache einstweilen vergessen.« Er blickte zu Girija auf. »Einverstanden?«
    »Selbstverständlich, Sir.«
    Mr. Tan hielt die Liste hoch. »Und ich darf dieses Papier behalten?«
    Es war eine Testfrage.
    Girija lächelte. »Mein Freund wird sich glücklich schätzen, wenn es in so erfahrenen Händen verbleibt, Sir.«
    Er erhob sich. Die Unterredung war beendet. Nachdem die üblichen Höflichkeiten ausgetauscht worden waren, ging er.
    Mr. Tan sah ihn über den Hof davonschreiten und ließ sich dann die Akten des Chiang-Thye-Phu-Gummiplantagen-Syndikats kommen. Als erstes wollte er herausfinden, ob der starke Eindruck, den er von der Verschwiegenheit und Umsicht des Sekretärs bekommen hatte, den Tatsachen entsprach. Mr. Tan wollte mit der Sache nichts mehr zu tun haben und die Liste sofort verbrennen, falls sich herausstellte, daß Girija leichtsinnig genug gewesen war, sie auf der Maschine in Mr. Wrights Plantagenkontor zu schreiben, um diese Liste dann jemandem zu überlassen, der, wenn ihm das angebracht zu sein schien, damit zur Polizei gehen und sich mit der Meldung des Vorfalls moralischen Kredit verschaffen konnte. Wenn, wie er annahm, der junge Mann darauf geachtet hatte, daß er immer in der Lage blieb, jede Kenntnis von der Liste und der Unterredung zwischen ihnen glaubhaft zu verleugnen, dann mochte aus der Situation etwas zu machen sein.
    Er sah Mr. Wrights Warenbegleitschreiben durch und verglich die Maschinenschrift mit derjenigen auf der Liste. Es war offensichtlich, daß die Liste nicht auf derselben Maschine geschrieben worden war. Schön und gut soweit. Er las die Liste noch einmal durch und schloß sie dann in seinen Privatsafe.
    Noch am selben Tage, nachdem er Zeit gehabt hatte, die

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