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Waffenschmuggel

Waffenschmuggel

Titel: Waffenschmuggel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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tausend Dollar fehlten. Es könnte ernstliche Folgen für den unbescholtenen Namen der Familie Tan haben, wenn die Fehlbeträge vor der jährlichen Überprüfung der Kasse nicht ersetzt würden. Es hatte eilige Beratungen zwischen Kuala Pangkalan und Manila gegeben. Am Ende hatten die Brüder alles bezahlt; aber erst nachdem beide nach Singapur gekommen waren und die Bücher der Gewerkschaft persönlich überprüft hatten. Die Zeiten, in denen Yam Heng ihr Vertrauen besessen hatte, waren vorbei. Von jetzt an war er für sie so etwas wie ein verarmter Verwandter; eine Verpflichtung, der man sich auf möglichst billige Weise entledigte.
    Diese Verpflichtung hatte Mr. Tan im Sinn gehabt, als er seinen Brief schrieb. Vor ein paar Wochen war wiederum eine von Yam Hengs regelmäßigen Geldforderungen gekommen, und Mr. Tan glaubte zwischen den Zeilen eine gewisse Aggressivität herausgelesen zu haben. Das hatte ihn daran erinnert, daß die Überprüfung der Gewerkschaftsbücher bevorstand und Yam Heng sehr bald seinen alljährlichen Versuch machen würde, durch Andeutungen über Unstimmigkeiten in der Gewerkschaftskasse Geld zu erpressen. Mr. Tan besaß starke Nerven und hatte in den vergangenen drei Jahren mit Erfolg abgelehnt, sich einschüchtern zu lassen. Aber er kannte sich mit Spielern aus und wußte, es bestand immer die Gefahr, daß Yam Heng eines Tages zum Desperado werden könnte.
    Tatsächlich war Yam Heng zu jenem Zeitpunkt nur deprimiert. Er hatte in den letzten Wochen zwei kleinere Gewinne zu verzeichnen gehabt und einen größeren Verlust, der diese wieder zunichte machte. Der Brief seines Bruders ärgerte ihn.
    Er enthielt eine höfliche Frage nach seiner Gesundheit, einen ausführlichen Bericht über die allerneueste Krankheit ihrer Mutter sowie den Vorschlag, möglichst bald nach Kuala Pangkalan zu kommen. Der Brief erwähnte, daß die Dschunke ›Schöne Morgendämmerung‹ in der folgenden Woche in Singapur entladen würde und der Kapitän Order hätte, ihm eine freie Passage anzubieten. Über den Anlaß des Besuches gab der Brief keine Aufklärung.
    Yam Heng kannte seinen Bruder zu gut, um anzunehmen, daß er den Besuch aus gesellschaftlichen oder familiären Gründen vorgeschlagen habe. Ihre Mutter war sehr alt. Ihr augenblicklicher Gesundheitszustand war wohl nur erwähnt worden, um die Einladung für Außenstehende plausibler erscheinen zu lassen.
    Yam Heng schätzte es nicht, wenn man seine Neugier erregte, es sei denn, er hatte die Möglichkeit, sie auf der Stelle zu befriedigen. Die angebotene Passage auf der Dschunke ärgerte ihn ebenfalls. Dies war die Art seines Bruders, ihm zu sagen, daß er die Reise selber bezahlen könne, falls er es bequemer fände, mit dem Flugzeug oder mit der Eisenbahn zu kommen. Er erwog, den Brief würdevoll zu beantworten und zu bedauern, daß er wegen Arbeitsüberlastung gezwungen sei, die Einladung abzulehnen. Aber seine Neugier und die schwache Hoffnung auf weiteren Kredit brachten ihn schließlich doch dazu, die Einladung anzunehmen. Er hatte gerade genug Geld für die Eisenbahn.
    Sein Bruder holte ihn vom Bahnhof ab, begrüßte ihn herzlich und fuhr mit ihm zu seiner prächtigen Stuck- und Backsteinvilla in der Willoughby Road. Am ersten Abend wurde die Wiedervereinigung der Familie gefeiert. Die alte Mrs. Tan kam aus ihrem Zimmer, ein reichhaltiges Abendessen wurde verzehrt, die kleineren Kinder ließen sich von ihrem Onkel Yam über Singapur berichten, und der älteste Sohn zeigte seine Voigtländer-Kamera und einige Farbdiapositive von Vögeln, die er mit ihr aufgenommen hatte. Yam Heng fand das alles sehr nett. Sein Bruder blieb freundlich und höflich. Es gab keinerlei Anspielungen auf die langwährende Entfremdung zwischen ihnen und auch nicht auf die Gründe, die dazu geführt hatten. Er erlaubte sich gelegentlich ein verhaltenes Lächeln, ein paar artige Komplimente für seine Schwägerin und den einen oder anderen Scherz mit den Kindern.
    Erst am nächsten Tag klärte ihn sein Bruder über die Gründe der Einladung auf. Am Vormittag besichtigten sie die Speicher, gingen zum Lastwagen-Reparaturschuppen und schauten zu, wie eine der Dschunken entladen wurde, die Treiböl in Fünfzig-Gallonen-Fässern gebracht hatte. Dann gingen sie ins Kontor und ließen sich Tee servieren.
    »Und wie ist die Situation am ›Pickle Market‹?« erkundigte sich Siow Mong schließlich. Yam Heng starrte ihn ausdruckslos an.
    »Ich frage nicht, um zu kritisieren«, fuhr Siow

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