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Waffenschmuggel

Waffenschmuggel

Titel: Waffenschmuggel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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Sache zu überdenken, schrieb er an seinen Bruder in Singapur.
2
    Tan Yam Heng war das schwarze Schaf der Familie. Zumindest in den Augen seiner beiden Brüder in Kuala Pangkalan und Manila war er das.
    Er gehörte zu den Gründern der Demokratischen Aktionspartei in Singapur und war der Organisator der Hafenarbeiter-Gewerkschaft, die zwar klein an Mitgliederzahl, doch schlagkräftig genug war, um zwei der größeren Stauereien Gebühren aufzuerlegen. Da die Früchte dieser Verhandlungen ihm stets persönlich, privat und in bar überreicht wurden, hielt er es weder für nötig, die Rechnungsprüfer der Gewerkschaft vom Empfang in Kenntnis zu setzen, noch ihn der Einkommenssteuerbehörde anzugeben. An so armselige Gepflogenheiten wie Buchführung und andere dem gesellschaftlichen Aufstieg hinderliche Gewohnheiten verschwendete er keine Zeit. Er hielt sich für einen Machtmenschen, für einen Drahtzieher, der es vorzog, hinter den Kulissen zu wirken und die Marionetten tanzen zu lassen, bis der richtige Augenblick für ihn gekommen war, ans Licht zu treten und seine Partei zum Sieg zu führen.
    Wäre das alles gewesen, was es über ihn zu sagen gab, dann hätten seine Brüder zufrieden sein können. Seine politischen Gelüste konnten sie ignorieren, und gegen die Methoden, mit denen er sein Einkommen vermehrte, hatten sie nichts Ernsthaftes einzuwenden, gingen sie doch selbst ähnliche Wege. Was er damit machte, das war es, wogegen sie Bedenken hatten, starke sogar.
    Die meisten Chinesen spielen gern, und bei manchen wird diese Neigung zur Sucht, die genauso unwiderstehlich ist wie die nach Alkohol oder Rauschgift. Yam Heng war ein solcher Spieler. Schlimmer noch, er war ein törichter Spieler. Glücksspiele sind zumindest dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit unterworfen, Rennpferde laufen zuweilen ihrem Bau entsprechend, und Pech beim Pokern kann oft durch Geschicklichkeit gemildert werden; aber Yam Hengs Eigendünkel und die größenwahnsinnigen Vorstellungen, die er von sich und seinen Fähigkeiten hegte, hatten zuletzt nach Höherem verlangt. Er hatte auf dem ›Pickle Market‹ zu spielen begonnen.
    Dieser inoffizielle Rohgummimarkt wird von Freibeutern beherrscht, die außerhalb der angesehenen Maklerfirmen Singapurs operieren und kurzfristig mit kleinen Preisschwankungen spekulieren. Auf dem ›Pickle Market‹ kann eine Transitladung Gummi im Laufe eines Tages mehrmals den Besitzer wechseln. Große Summen werden bei fieberhaften Transaktionen zwischen Preistreibern und -drückern gewonnen und verloren. Die erfolgreichen Spekulanten sind Chinesen, die über große Erfahrung, einen kühlen Kopf und zuverlässige Informationsquellen verfügen. Vielfach wird der Zeitunterschied zwischen dem Londoner Markt und dem in Singapur ausgenutzt. Dem Empfänger einer telegraphischen Information kann ein Vorsprung von wenigen Minuten Tausende von Dollars einbringen. Meistens gewinnen die Tüchtigen, und die Spieler verlieren.
    Für Yam Heng war der ›Pickle Market‹ nicht das richtige. Der Bekannte, der ihn dort eingeführt hatte, gehörte zu einer Gruppe unbedeutenderer Leute. Sie hatten durchaus nichts dagegen, daß ein Outsider sich einkaufte; je stärker das Syndikat war, um so besser. Aber sehr bald mißfiel ihnen die arrogante Ungeduld, mit der er ihrer Wachsamkeit und Vorsicht begegnete. Er hatte sein Geld wieder aus dem Syndikat herausgezogen, um sein Glück auf eigene Faust zu versuchen. Hätte Yam Heng sofort schwere Verluste erlitten, dann würde dieser Rückschlag ihn zur Vernunft gebracht haben. Unglücklicherweise hatte er gewonnen. Und dann war es zu spät gewesen.
    Seinen ersten Bitten um Kredit entsprachen seine Brüder in geschwisterlicher Nachsicht und im guten Glauben, daß er das geliehene Geld zurückzahlen würde. Natürlich hatten sie von seiner Neigung zum Glücksspiel gewußt, aber sie hatten geglaubt, daß sie sich auf Pferderennen und Fan-tan beschränkte. Als sie dahinterkamen, welcherart die ›Investitionen ‹ , die sie so ahnungslos unterstützt hatten, in Wirklichkeit waren, und außerdem die Entdeckung machten, daß Yam Heng seine Bitten um Geld jedesmal gleichzeitig und in gleicher Weise an sie beide gerichtet hatte, verspürten sie einen unangenehmen Schock.
    Aber es sollte noch schlimmer kommen. Angesichts ihrer einstimmigen Ablehnung, ihm auch nur einen weiteren Cent zu leihen, hatte Yam Heng ihnen rundweg erklärt, daß in den verschiedenen Gewerkschaftskassen, die er verwaltete, mehrere

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