Waffenschmuggel
Manila, und ganze Horden von Filipino-Stauern in purpurnen Hemden strömten an Bord. Sie schienen bis in den letzten Winkel des Schiffs zu dringen. Einige von ihnen fanden sogar den Weg ins Schreibzimmer, wo sie sich in den Stühlen lümmelten, die Füße auf den Tisch legten, bis sie von indignierten Stewards verscheucht wurden.
Die Passagiere waren darauf aufmerksam gemacht worden, daß Manila, was Taschendiebstähle betrifft, zu den berüchtigtsten Häfen des Fernen Ostens zählte. Greg war gerade dabei, ein Päckchen, das Dorothys Schmuck enthielt, im Safe des Zahlmeisters zu deponieren, als ihm ein Steward meldete, daß ein Mr. Tan Tack Chee ihn zu sprechen wünsche. Der Herr sei in der Bar.
Dorothy wartete beim schwarzen Brett auf Greg. Beide, oder vielmehr Arlene und sie beide, hatten beschlossen, nicht sogleich an Land zu gehen, sondern bis nach dem Lunch zu warten. Als der Assistent des Zahlmeisters ihm die Quittung ausgeschrieben hatte, ging Greg zu ihr hinüber.
»Liebling, ich hatte es dir schon eher sagen wollen, hier ist ein Mann, der mich geschäftlich sprechen will. Es wird nur ein paar Minuten dauern. Ich treffe dich auf dem Oberdeck.«
Dorothy zog ein Gesicht. »Geschäft? Ich dachte, das hätten wir für die Dauer der Reise hinter uns gelassen.«
»Es ist nichts von Bedeutung.«
»Ich wußte nicht, daß du mit hiesigen Leuten Geschäfte machst.«
»Es ist nur ein Mann, dem ich eine Unterredung zugesagt habe, nichts weiter.« An dieser Erklärung war nichts Unwahres; dennoch fühlte er sich nicht ganz wohl dabei. »Ich erzähle dir die Geschichte später«, fügte er hinzu. »Hör mal, Liebling, macht es dir etwas aus, die Kamera so lange an dich zu nehmen?«
Er ging in die Bar hinauf. Sie war voll von Hafenpolizisten, Zollbeamten und der üblichen Versammlung von ›Geschäftsfreunden‹, die es auf kostenlose Drinks abgesehen hatten. Der Steward, der ihn benachrichtigt hatte, deutete auf einen Tisch in der Ecke der Bar. Greg ging hinüber.
An dem Tisch saß ein Chinese mittleren Alters, der eine offene Brieftasche vor sich liegen hatte. Er trug einen gut gebügelten hellgrauen Anzug und eine dicke Schildpattbrille und war damit beschäftigt, Eintragungen in einen Abreißblock zu machen. Als Greg näher kam, blickte er auf.
»Mr. Tan?«
»Mr. Nilsen?« Er erhob sich, und sie schüttelten sich die Hand.
Mr. Tans Stimme war leise, sein Gebaren milde und seine Hand fühlte sich an wie eine aufgeweichte Tüte voller Hühnerknochen. Jemanden, der weniger piratenhaft aussah, konnte man sich schwerlich vorstellen. Greg, dessen Phantasie sich seit drei Tagen mit dieser Begegnung beschäftigt hatte, war verwirrt.
»Mein Schwiegersohn in Hongkong hat mir gekabelt, daß Sie über Manila reisen«, sagte Mr. Tan gewandt. »Er hofft, daß ich Ihnen und Mrs. Nilsen in der einen oder anderen Weise behilflich sein könnte.«
»Nun, das ist zwar sehr freundlich von Ihnen, Mr. Tan, aber ich hatte eigentlich den Eindruck, daß es sich um eine. geschäftliche Angelegenheit handelt, die Sie …«
» Kennen Sie oder Mrs. Nilsen Manila?« Die Unterbrechung war so sanft im Tonfall, daß Greg die feste Entschlossenheit dahinter kaum bemerkte.
»Nein, wir kennen es nicht.«
»Darf ich Ihnen dann einen Vorschlag machen? Ich habe meinen Wagen am Pier. Sie würden mir eine Gunst erweisen, wenn Sie über ihn verfügten.«
»Mr. Tan, ich glaube nicht …«
Mr. Tan hob eine schmale Hand. » Und eine weitere Gunst, wenn Sie mir gestatten, zum Lunch Ihr Gastgeber zu sein. Sie werden es verstehen, daß ich nicht über die professionelle Erfahrung meines Schwiegersohnes verfüge, aber mein Chauffeur weiß gut Bescheid in Manila und wird Ihnen zeigen, was es hier zu sehen gibt.«
»Ehrlich gesagt, Mr. Tan, wir haben uns sozusagen verpflichtet, einen Passagier mitzunehmen. Eine Dame …«
» Sie ist selbstverständlich ebenfalls eingeladen«, sagte Mr. Tan ohne Zögern.
»Ich glaube …«
» Ich verstehe vollkommen, Mr. Nilsen. Bitte fühlen Sie sich in keiner Weise gehindert, sich mit Ihrer Frau zu beraten, bevor Sie die Einladung annehmen.«
Greg zögerte. »Mr. Tan, ich halte es für besser, Ihnen zu sagen, daß ich von dem Geschäft, das wir vielleicht miteinander zu besprechen haben, meiner Frau gegenüber nichts erwähnt habe.«
»Natürlich nicht, Mr. Nilsen. Man belästigt Damen nicht mit geschäftlichen Dingen.« Er lächelte: »Ich bin in der sogenannten Import-Export-Branche. Das ist eine sehr
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